Der STIKO-Vorsitzende Thomas Mertens wertete die Pandemie im Rückblick als enorme Herausforderung für die Mitglieder der Kommission und die Geschäftsstelle. Die STIKO habe trotz der zusätzlichen Belastung ihre Empfehlungen auf Grundlage bestmöglich verfügbarer Evidenz zeitnah abgegeben. Das sei teils aufreibend gewesen. Zusammen mit der Geschäftsstelle habe es in der Pandemie 64 mehrstündige Videokonferenzen zusätzlich zu den regulären STIKO-Sitzungen gegeben. Die STIKO habe sich bis zuzwei Mal wöchentlich zu Beratungen getroffen. Es habe sich dabei gezeigt, dass die Kommunikation teils ein größeres Problem sei als die Bearbeitung der Themen. Zudem seien Personalkapazitäten in der Geschäftsstelle zu knapp. Das habe dazu geführt, dass andere wichtige Impfempfehlungen liegen geblieben seien. Mertens betonte, Impfstoffe würden immer komplexer und erforderten komplexere Empfehlungen. Er sprach sich dafür aus, ausreichend Ressourcen zu schaffen.
Pandemie als Lehre
Der Mediziner Leif Erik Sander von der Berliner Charité sagte, die evidenzbasierten Empfehlungen der STIKO seien für die Bevölkerung und die impfenden Ärzte zentral. Die STIKO genieße wegen ihrer Unabhängigkeit großes Vertrauen in der Bevölkerung und der Ärzteschaft. In der Pandemie habe sich eine extrem dynamische Situation entwickelt. Seit Ende 2020 habe es neue Studien, Erkenntnisse und Zulassungen teils im Wochentakt gegeben. Sander warnte, die hohe Dringlichkeit in der Pandemie sollte eine Lehre sein für künftige Bedrohungen. Es sei in der Zukunft häufiger mit epidemischen und pandemischen Ausbrüchen zu rechnen. Daher sollte die STIKO personell und strukturell besser ausgestattet werden, damit sie auch dynamische Lagen bewältigen könne.
Transparenz verbessern
Benedikt Fabian vom Verband forschender Arzneimittelhersteller (VFA) sagte, die STIKO leiste hochqualitative Arbeit, die sehr geschätzt werde. Allerdings sei für Außenstehende vor einer Impfempfehlung nicht nachvollziehbar, wie der Stand des Verfahrens ist. Das erschwere den Impfstoffherstellern die Planbarkeit. Die Transparenz während der Entscheidungsfindung sollte verbessert werden, damit die Hersteller mehr Planungsvorlauf bekämen.
Mehr Vertrauen aufbauen
Auf Impfskeptiker in der Bevölkerung ging Cornelia Betsch, Expertin für Gesundheitskommunikation der Universität Erfurt, ein. In der Corona-Pandemie sei die Zahl der Befürworter von Impfungen deutlich geringer geworden, während sich die Zahl der Menschen, die in dem Punkt unsicher seien, vergrößert habe. Dies habe Auswirkungen auf die Arbeit der STIKO. Das Vertrauen müsse wieder aufgebaut werden. Betsch plädierte dafür, die STIKOGeschäftsstelle und die Kommission mit Experten aus den Sozial- und Verhaltenswissenschaften aufzustocken, um die Kommunikation zu stärken und auch über Akzeptanzfragen zu beraten.
Quelle: Deutscher Bundestag
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