Reaktionen auf die Krankenhausreform
Der Vorstandsvorsitzende der Deutschen Krankenhausgesellschaft (DKG), Dr. Gerald Gaß, übt scharfe Kritik an der beschlossenen Krankenhausreform: „Mit ihrem Beschluss haben die Bundesländer die letzte Chance auf eine gute parteiübergreifend konsentierte Krankenhausreform in dieser Legislaturperiode verpasst. Wir haben nun ein Krankenhausversorgungsverbesserungsgesetz, das das Gegenteil von dem bewirken wird, was sein sperriger Name verspricht. Versorgung wird sich in Deutschland nicht verbessern, sondern vielfach verschlechtern und in einigen Regionen sogar ganz wegbrechen. Der politische Streit um den richtigen Weg wird bis weit in das kommende Jahr weitergehen. Mit diesem Beschluss ist praktisch nichts gewonnen, die wirtschaftliche Notlage und die Unsicherheit für die Kliniken bleibt bestehen.“
Die formulierten politischen Ziele der Reform würden mit diesem Gesetz eklatant verfehlt. „Statt einer ,Entökonomisierung‘ erleben die Krankenhäuser durch die verfehlte Politik von Karl Lauterbach schon heute den härtesten ökonomischen Druck seit Jahrzehnten. Viele Krankenhäuser stehen am Rand der Insolvenz und werden durch das KHVVG keine spürbare Entlastung erfahren. Die Krankenhausschließungen, die nun unweigerlich sehr schnell auf uns zukommen werden, sind die Pleiten des Ministers und der gescheiterten Bundesregierung. Aber auch die Länder, die sich im Bundesrat letztlich nicht mehr für eine schnelle Stabilisierung der wirtschaftlichen Lage der Kliniken eingesetzt haben, tragen dafür die Verantwortung.“
„Kleinteilige Regulierung, Bevormundung und Kontrolle"
Komplett gescheitert sei das Ziel der Entbürokratisierung: „Tatsächlich stand es aber auch nie auf der Agenda von Karl Lauterbach, der sich in seiner gesamten Amtszeit beharrlich geweigert hat, eigene Beiträge zu den ressortübergreifenden Gesetzen des Justizministers zu leisten. Die Beschäftigten in den Krankenhäusern ächzen schon heute unter der Bürokratielast, mit dem KHVVG wird es jetzt noch viel schlimmer werden. Dieses Gesetz atmet den Geist kleinteiliger Regulierung, Bevormundung und Kontrolle anstelle einer dringend notwendigen Vertrauenskultur, die den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in den Kliniken mehr Zeit für die Patientinnen und Patienten ermöglicht.“
Der Präsident der Bundesärztekammer (BÄK) , Dr. med. Klaus Reinhardt, teilt diese Einschätzung. Der Abbau bürokratischer Hürden bleibe essenziell, um den Beschäftigten endlich wieder mehr Zeit für ihre eigentliche Arbeit mit den Patientinnen und Patienten zu verschaffen und die Arbeitsbedingungen in den Kliniken attraktiver zu gestalten.
Reinhardt weiter: „Diese Reform weist unter anderem im Hinblick auf die Krankenhausplanung, auf die Sicherung der flächendeckenden Grundversorgung und die nachhaltige Finanzierung unserer Kliniken noch zahlreiche Leerstellen auf, die in den nächsten Wochen und Monaten geschlossen werden müssen. Die Reform kann nur gelingen, wenn der Bund mit den Ländern zusammenarbeitet und stärker als bisher auf die Hinweise aus der Praxis hört.“
„Licht und Schatten"
Dr. Susanne Johna, Erste Vorsitzende des Marburger Bundes (MB), sieht „Licht und Schatten“ bei der Krankenhausreform: Viele der angekündigten Ziele werden gar nicht oder nur zum Teil erreicht. Das liegt auch daran, wie der Reformprozess in den vergangenen zwei Jahren abgelaufen ist. Mehr Kooperation zwischen Bund und Ländern hätte zweifellos die Chance eröffnet, praktikable Lösungen zu finden, die der notwendigen Versorgungssicherheit Rechnung tragen.
Auf der Habenseite sei dagegen zweifellos die in dem Gesetz verankerte Refinanzierung der Tariflohnsteigerungen zu verbuchen. „Die Kosten von Tarifsteigerungen von Ärztinnen und Ärzten und anderen Krankenhausbeschäftigten werden den Kliniken rückwirkend für 2024 und in den Folgejahren voll refinanziert. Das ist ein großer Fortschritt, der den Krankenhäusern mehr finanziellen Spielraum für wertschätzende Tarifabschlüsse eröffnet.“, so Johna.
Schwere Zeiten für die ambulante Versorgung befürchtet
Der Berufsverband niedergelassener Gastroenterologen Deutschlands (bng) befürchtet, dass auf die ambulante Versorgung schwere Zeiten zukommen. „Schon jetzt reichen die Kapazitäten in den Praxen der niedergelassenen Haus- und Fachärzte nicht, um den Versorgungsbedarf zu decken. Die völlig unzeitgemäße Bedarfsplanung beschränkt nach wie vor eine freie Niederlassung. Die sachlich schon lange nicht mehr zu rechtfertigende Budgetierung verhindert ein ausreichendes Leistungsangebot."
„Meilenstein für die gesamte Krankenhauslandschaft“
Der Verband der Universitätsklinika Deutschland bezeichnet die Krankenhausreform dagegen als einen „Meilenstein für die gesamte Krankenhauslandschaft“. „Die Universitätsklinika begrüßen die Entscheidung der Bundesländer für die Krankenhausreform: Strukturveränderungen, bessere Qualität und mehr Effizienz kommen zum Wohle der Patientinnen und Patienten auf den Weg. Die Länder haben gut daran getan, den Vermittlungssauschuss nicht anzurufen und die für die Krankenhauslandschaft und Patientinnen und Patienten so wichtige Reform auf den Weg zu bringen. Die Krankenhäuser wie auch die Universitätsklinika benötigen und warten auf diesen Wandel, um sich zukunftsfähig aufstellen zu können. Nur mit den durch die Krankenhausreform initiierten Strukturveränderungen kann es zu mehr Vernetzung und besserer Medizin kommen. Aufgrund des demografischen Wandels und Fachkräftemangels ist jetzt ein konzentriertes und effizientes System zu etablieren, das auch eine langfristige wirtschaftliche Stabilität ermöglicht“, so Prof. Jens Scholz, Erster Vorsitzender des Verbandes der Universitätsklinika Deutschlands.
Dr. Carola Reimann, Vorstandsvorsitzende des AOK-Bundesverbandes, begrüßt die Entscheidung des Bundesrates, das Krankenhausversorgungsverbesserungsgesetz (KHVVG) passieren zu lassen und nicht in den Vermittlungsausschuss zu verweisen: „Es ist eine gute Nachricht für die Patientinnen und Patienten und für die Beschäftigten in den Krankenhäusern, dass das Gesetz zur Krankenhausreform nun doch nicht im Vermittlungsausschuss landet. Trotz aller Mängel ist das KHVVG eine solide Basis für die dringend notwendigen Strukturreformen zur Verbesserung der Behandlungsqualität und zur finanziellen Absicherung der bedarfsnotwendigen Kliniken. Denn es schafft einen guten Rahmen für die Festlegung der Leistungsgruppen in Verbindung mit der Einführung einer sinnvollen Vorhaltefinanzierung.
Der größte Mangel des nun beschlossenen KHVVG bleibe allerdings die geplante hälftige Finanzierung des Krankenhaus-Transformationsfonds durch die gesetzliche Krankenversicherung, die nach geltendem Recht eigentlich aus Steuermitteln zu finanzieren ist. Angesichts der prekären Finanzlage der gesetzlichen Krankenkassen seien die geplanten zusätzlichen Belastungen für die Beitragszahlenden ab dem Jahr 2026 auch sozialpolitisch unverantwortlich.
„Zentraler Schritt in Zeiten politischen Stillstands"
Der Vorstandsvorsitzende der Techniker Krankenkasse (TK) , Dr. Jens Baas, begrüßt das Ländervotum als einen „zentralen Schritt in Zeiten politischen Stillstands - doch damit ist die Reform noch lange nicht geschafft. Auf Bund und Länder kommt in den kommenden Monaten und Jahren noch viel Arbeit zu: mit durchdachten Verordnungen auf Bundesebene und einer klugen Krankenhausplanung in den Ländern. Wir brauchen einheitliche Qualitätskriterien, damit sich die Menschen darauf verlassen können, dass sie im Krankenhaus bestmöglich behandelt werden, egal ob es im Norden, Süden, Osten oder Westen steht.“
Quellen: DKG, BÄK, MB, bng, VUD, AOK, TK
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