Prof. Dr. Lars Timmermann, Präsident der Deutschen Gesellschaft für Neurologie und Direktor der Klinik für Neurologie, Universitätsklinikum Marburg, gab einen kurzen Überblick über die Herausforderungen der Diagnostik aus neurologischer Sicht. Auch wenn Alzheimer im dritten oder vierten Lebensjahrzehnt beginne, merke der Patient zunächst noch nichts. Doch später falle es den Patienten immer schwerer, Alltagsaufgaben zu meistern. Es sei dann eine Diagnose nötig, die früh und zuverlässig erfolgen sollte. Auch um eventuell neue Therapien einsetzen zu können. Es sei wichtig zu entscheiden, welcher Patient für eine innovative Therapie infrage komme. Gleichzeitig verwies er auf die Versorgungsengpässe in einigen Regionen. Terminvergaben in 4-6 Monaten seien dann keine Seltenheit. Ein großer Vorteil seien Screeningmethoden bei ersten Defiziten. Künftig könnten eventuell mit Bluttests Eingangsscreenings gemacht werden, um die entsprechenden Patienten herauszufiltern. In diesem Zusammenhang gab Prof. Dr. Stefan Teipel, Leiter der klinischen Demenzforschung und stellv. Standortsprecher des Deutschen Zentrums für Neurodegenerative Erkrankungen (DZNE), Rostock/Greifswald zu bedenken: „Bislang werden Demenzerkrankungen in Deutschland in weniger als 50 % der Fälle diagnostiziert. Hierdurch erhalten Betroffene nur eingeschränkten Zugang zu Therapie und Versorgung.“ Für Prof. Dr. Bernd Joachim Krause, Direktor der Klinik und Poliklinik für Nuklearmedizin, Universitätsmedizin Rostock, ist die Differenzialdiagnose ebenfalls wichtig. Auch wenn er zugeben musste, dass es eben auch falsch-positive und falsch-negative Befunde gebe. Es sei eine interkollegiale Bewertung nötig mit einem behandlungsführenden Arzt. Die Hürden bis zu einer gesicherten Diagnose schilderte eindrucksvoll die Patientin S. Schneider, die zunächst auf Depression behandelt worden sei und erst auf eigenes Drängen weiter untersucht wurde, nachdem sich die Alltagsprobleme gehäuft hatten. Eine gesicherte Diagnose sei für sie wichtig gewesen, da sie immer an die Folgen eines Schlaganfalls gedacht hatte. Timmermann plädierte deshalb dafür, die Patienten „zu empowern“, sodass sie auch einfordern können.
Große Erwartungen an die G-BA-Studie ENABLE
Prof. Dr. Alexander Drzezga, Direktor der Klinik und Poliklinik für Nuklearmedizin, Universitätsklinikum Köln und Leiter des Instituts für Neurowissenschaften und Medizin, Molekulare Organisation des Gehirns (INM-2), Forschungszentrum Jülich, betonte: „Die PET-Bildgebung ist nicht-invasiv und kann sowohl die Ursachen der Alzheimer-Demenz als auch den entstehenden Schaden im Gehirn abbilden.“ Es sei möglich, sowohl Amyloid-Plaques, Tau Tangles sowie den neuronalen Schaden abzubilden. Es sei gut möglich zu beurteilen, wo die Funktionsbeeinträchtigung liege. Im Amyloidbereich sei die Technik abgeleitet von den früheren histologischen Färbemethoden bei Hirnschnitten. Wichtig sei es für ihn beim Einsatz der PET auch, wenn Alzheimer ausgeschlossen werden könne. Ebenfalls sei eine Therapiekontrolle möglich. Hier sei ein exzellentes Zusammenspiel von Neurologie und NUK möglich. Bisher werde das PET-Verfahren allerdings noch nicht refinanziert. Entsprechend baut die Branche auf die initiierte G-BA-Studie ENABLE (Patienten- und versorgungsbezogener Nutzen der Amyloid-PET-Bildgebung) zu den Auswirkungen einer PET auf die Patienten. Im Mai soll sie starten und in 22 Zentren untersucht werden, ob diese Bildgebungsmethode einen Zusatznutzen bringt. Eingeschlossen werden sollen 1.100 Patienten mit unklarer Demenzerkrankung. Nach 18 Monaten sollen dann die Unterschiede betrachtet werden zwischen der PET- und der Kontrollgruppe.
Theranostik wird wichtiger
Auf die neuen Möglichkeiten der Theranostik ging Priv-Doz. Dr. Konrad Mohnike, Vorsitzender des PET e.V., Ärztlicher Leiter des DTZ am Frankfurter Tor und Chefarzt der Klinik für Nuklearmedizin, DRK Kliniken Berlin Köpenick, ein. Nachdem es Tracer für die Alzheimerdiagnostik gebe, werde nun auch das Thema Plaques angegangen. Es gebe erste initiale Ansätze. Doch bis zu einem klinischen Einsatz werde es noch Jahre dauern. Bei der Frage nach den Kosten der aktuell in der G-BA-Studie getesteten Verfahren kalkulierte Krause etwa 750 Euro plus die Kosten für das Pharmakon. Man müsse diese Kosten aber auch im gesamten Setting betrachten. Es könne auch eine (teure) Therapie vermieden werden, wenn sich herausstelle, dass sie nicht benötigt werde. Auch die Gabe von falschen Medikamenten koste Geld.
Artikel teilen