Krankenstand belastet deutsche Wirtschaft erheblich
Nachdem es schon Schätzungen für Länder wie die USA zu den Auswirkungen des erhöhten Krankenstandes u.a. durch COVID-19 gab, liegen nun auch Schätzungen für Deutschland vor. Demnach dürfte laut Kieler Institut für Weltwirtschaft der ungewöhnlich hohe Krankenstand 2022 die deutsche Volkswirtschaft 0,7 bis 1,1 Prozent an Wertschöpfung gekostet haben, umgerechnet wären dies rund 27 bis 42 Milliarden Euro. Noch deutlicher wird der negative Einfluss bei der Zuwachsrate des BIP. Das Bruttoinlandsprodukt (BIP) hätte 2022 statt um 1,8 Prozent um 2,5 bis 2,9 Prozent zugelegt. Dies geht aus einem Kiel Insight hervor, das Teil der Kieler Konjunkturberichte ist (Kiel Insight: Zu den gesamtwirtschaftlichen Folgen des hohen Krankenstands (Groll, 2023)).
91 Stunden Krankenstand je Arbeitnehmer
Demnach stieg der Krankenstand von gut 68 Stunden je Arbeitnehmer im Jahr 2021 sprunghaft auf gut 91 Stunden 2022 an. Ursache waren in erster Linie COVID-19, Atemwegsinfekte und Erkältungskrankheiten. Seit der Wiedervereinigung sei dies der mit Abstand stärkste Anstieg des Krankenstands binnen eines Jahres und auch das höchste Krankheitsniveau. Ein erhöhter Krankenstand schlage jedoch nicht eins zu eins auf die Wertschöpfung durch. Ein Teil der Folgen werde durch Mehrarbeit von gesunden Beschäftigten aufgefangen, ein Teil des Arbeitsausfalls werde zudem nach Genesung durch die Erkrankten selbst nachgeholt. Zudem sei in beiden Fällen eine erhöhte Arbeitsproduktivität durch eine erhöhte Arbeitsverdichtung wahrscheinlich, sodass pro Stunde Arbeit mehr produziert und erwirtschaftet werde, so die Wissenschaftler.
Auswirkungen auf 2023
„Der außergewöhnlich hohe Krankenstand im vergangenen Jahr dürfte die deutsche Wirtschaft zusätzlich zur Energiekrise erheblich belastet haben“, sagt Dominik Groll, Arbeitsmarktexperte am IfW Kiel. „Die Wirtschaftsleistung 2023 steht dadurch allerdings in einem vermeintlich besseren Licht da, weil der Anstieg nun etwas höher ausfällt, vorausgesetzt der Krankenstand nimmt im laufenden Jahr wieder ab.“ Der Krankenstand war Anfang des Jahres 2023 allerdings immer noch erhöht, wenngleich nicht mehr so hoch wie gegen Ende des Jahres 2022; hierauf deuten zumindest die Daten der Betriebskrankenkassen und der gesetzlichen Krankenversicherungen hin, die zum Teil bis Februar vorliegen. Für die Prognose nimmt das Institut aber an, dass der Krankenstand weiter sinke und sich im Durchschnitt des Jahres 2024 normalisiert haben werde.
Laut Prognose des IfW Kiel wird das BIP 2023 etwas über dem durch einen hohen Krankenstand gedämpften BIP 2022 liegen, sodass die Zuwachsrate auf Jahressicht positiv ausfällt. Ohne den hohen Krankenstand und mit entsprechend höherer Wertschöpfung im letzten Jahr läge die Wirtschaftsleistung 2023 in etwa auf dem gleichen Niveau und hätte auf Jahressicht dann nur eine Stagnation zu verbuchen.
Groll betont: „Die Folgen der Energiekrise werden durch den zwischenzeitlich starken Anstieg des Krankenstands weniger stark sichtbar. Statt zu stagnieren, dürfte die Wirtschaft 2023 leicht zulegen, weil sie ein geringeres Niveau übertreffen muss, als es ohne den hohen Krankenstand der Fall gewesen wäre.“
Quelle: IfW Kiel
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