Fehltage wegen psychischer Erkrankungen: Stetiger Anstieg

Gesundheits- und Sozialwesen besonders betroffen
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Die beruflichen Fehltage aufgrund psychischer Erkrankungen haben von 2012 bis 2022 um 48 Prozent zugenommen, während bei allen anderen Erkrankungsgruppen ein Anstieg von 35 Prozent zu verzeichnen war. Das geht aus dem Fehlzeiten-Report 2023 des Wissenschaftliche Instituts der AOK (WIdO) hervor. 

Von diesen 35 Prozent war der größte Teil auf die pandemiebedingten Höchststände der Atemwegserkrankungen im Jahr 2022 zurückzuführen. „Im Vergleich zu anderen Krankheiten gehen psychische Erkrankungen häufig mit besonders langen Fehlzeiten einher“, erläutert Johanna Baumgardt, Forschungsbereichsleiterin für Betriebliche Gesundheitsförderung im WIdO und Mitherausgeberin des Fehlzeiten-Reports. „Während psychische Erkrankungen 2022im Schnitt zu AU-Zeiten von 29,6 Tagen je Fall führten, waren es beispielsweise bei Atemwegserkrankungen nur 7,1 Tage pro Fall.“ Der Durchschnitt über alle Erkrankungsgruppen lag 2022 bei 11,3 Tagen je Fall.

Gesundheits- und Sozialwesen besonders betroffen

Von den Ausfallzeiten aufgrund psychischer Erkrankungen waren im vergangenen Jahr vor allem Berufe im Gesundheits- und Sozialwesen betroffen, bei denen 14 Prozent aller beruflichen Fehltage auf psychische Erkrankungen entfielen. An zweiter Stelle standen die Branchen „Öffentliche Verwaltung/Sozialversicherung“ und „Banken/Versicherungen“ mit jeweils 13 Prozent. Der bundesweite Durchschnitt über alle Berufsgruppen lag bei zehn Prozent.

Fehlzeiten-Höchststand 2022

Laut Fehlzeiten-Report gab es 2022 einen historischen Höchststand bei den beruflichen Fehlzeiten: Während in den Jahren 2012 bis 2021 durchschnittlich 159,7 AU-Fälle je erwerbstätiger 100 AOK-Mitglieder verzeichnet wurden, waren es im Jahr 2022 im Durchschnitt 216,6 AU-Fälle. Das ist ein Anstieg um mehr als 30 Prozent, der vor allem durch Atemwegserkrankungen verursacht worden ist. Sie schlugen 2022 mit 86,5 AU-Fällen je 100 Mitglieder zu Buche – im Jahr davor waren es 36,3 Fälle. Somit hat sich die Zahl mehr als verdoppelt.

Fehlzeitenentwicklung 2023 noch unklar

Von durchschnittlich 5,4 Prozent in den Jahren 2020 und 2021 stieg die AU-Quote im Jahr 2022 auf 6,7 Prozent. In der ersten Jahreshälfte 2023 gab es ähnlich hohe Werte, die ab April allerdings wieder sanken. „Wie sich die Fehlzeiten im weiteren Jahresverlauf vor dem Hintergrund zunehmender Covid-19-Infektionen und der üblichen, saisonal-bedingten Hochphase von Atemwegserkrankungen entwickeln, bleibt abzuwarten“, erklärt Baumgardt . 

Auswirkungen von Homeoffice

Die Covid-19-Pandemie habe eine „Zeitenwende“ in der Arbeitswelt bewirkt, die sich am deutlichsten in der nahezu flächendeckenden Einführung von Homeoffice und mobiler Arbeit auswirke, sagt Prof. Bernhard Badura, Mitherausgeber des Fehlzeiten-Reports. Homeoffice und mobiles Arbeiten könnten positive Effekte wie mehr Flexibilität und Arbeitszufriedenheit haben, aber auch negative Auswirkungen, etwa soziale Isolation und eine mögliche Distanzierung vom Unternehmen. Hier sieht er die Führungskräfte besonders gefordert. Traditionelle Rollenmuster seien unter den neuen Rahmenbedingungen nicht mehr zeitgemäß und sollten durch moderne Konzepte wie eine „bindungsorientierte Führung“ ersetzt werden. Vor allem müssten Führungskräfte lernen, auf Distanz zu arbeiten. 

Auswirkungen der Krisen

Für den Fehlzeiten-Report 2023 mit dem Titel  „Zeitenwende – Arbeit gesund gestalten“ waren die Beschäftigten auch zu den  Auswirkungen der jüngsten Krisen befragt worden. 47 Prozent gaben in einer repräsentativen Befragung im Februar 2023 an, in ihrem Betrieb oder ihrer Organisation eher starke bis sehr starke Veränderungen wahrzunehmen. Als hauptsächlicher Treiber für die Veränderungen wurde die Covid-19-Pandemie genannt, gefolgt von den technologischen Entwicklungen und den Möglichkeiten, die sie mit sich bringen. „Trotz der großen Veränderungen und Umbrüche, die wir aktuell nicht zuletzt infolge der jüngsten kriegerischen Konflikte erleben, sehen die Beschäftigten die Situation ihres eigenen Unternehmens und dessen Zukunftsfähigkeit durchaus positiv“, berichtet Baumgardt .Beschäftigte, die die Zukunftsfähigkeit ihrer Organisation oder ihres Betriebes positiv bewerten, fehlten nach eigenen Angaben in den letzten zwölf Monaten vor der Befragung im Schnitt 11,6 Tage erkrankungsbedingt an ihrem Arbeitsplatz. Bei den Beschäftigten, die die Zukunftsfähigkeit schlechter beurteilen, waren es dagegen durchschnittlich 16,2 Tage. „Beschäftigte, die ihren Arbeitgeber als weniger gut gewappnet für zukünftige Entwicklungen bewerten, berichten über mehr gesundheitliche Beschwerden, häufigere krankheitsbedingten Fehlzeiten und gehen häufiger krank zur Arbeit“, so Baumgardt.

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