Was entscheidet über die Metastasierung?

Epigenetischer Status scheint wichtig
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Metastasierende Krebszelle (pink) beim Verlassen eines Blutgefäßes (Lunge)
Metastasierende Krebszelle (pink) beim Verlassen eines Blutgefäßes (Lunge) © Augustin/DKFZ
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Es wurde bei Mäusen untersucht, wie sich streuende Tumorzellen am Ort der Metastasierung verhalten. Denn einige Krebszellen beginnen sogleich, zur Metastase auszuwachsen, während andere in eine Art Ruhephase verfallen.

Was macht Krebserkrankungen so gefährlich? In der Regel sind es die Metastasen. Experten schätzen, dass bei soliden Tumoren etwa 90 Prozent aller Krebstodesfälle auf das Konto der Metastasen gehen, also Krebszellen, die sich vom Primärtumor absondern und in entfernten Körperregionen zu Tochtergeschwülsten heranwachsen. Während sich viele Primärtumoren in frühen Stadien oft gut behandeln lassen, sind Metastasen die eigentliche Gefahr. Bereits seit Jahrzehnten arbeiten Forscher daran, die Streuung von Tumorzellen zu verstehen und zu unterbinden. Dennoch sind die Mechanismen, die es einer Krebszelle ermöglichen, im fremden Organ zu überleben und schließlich zu einer Metastase heranzuwachsen, bislang weitgehend unbekannt.

Beobachtungen im Tierversuch

Um sich im Körper zu verbreiten, nutzen Krebszellen die Blut- oder Lymphbahnen. Wissenschaftler im Deutschen Krebsforschungszentrum (DKFZ) und in der Universität Heidelberg haben nun ein Verfahren entwickelt, um bei Mäusen das Verhalten wandernder Krebszellen unmittelbar bei Ankunft im metastatischen Organ – in diesem Fall der Lunge – zu beobachten. Dabei entdeckte das Team um die beiden Erstautoren Moritz Jakab und Ki Hong Lee, dass manche Tumorzellen, sobald sie im Zielorgan angekommen sind, aus dem Blutgefäß austreten und in einen Ruhezustand fallen. Andere Krebszellen dagegen fangen direkt im Blutgefäß an, sich zu teilen und zur Metastase auszuwachsen.

Steuerung durch Endothelzellen

Diese Entscheidung wird von den Endothelzellen gesteuert, die alle Blutgefäße von innen auskleiden. Sie schütten Faktoren des Wnt-Signalwegs aus, die den Austritt der Tumorzellen aus dem Blutgefäß fördern und damit den Ruhezustand einleiten. Schalteten die Forscher die Wnt-Faktoren aus, kam es nicht mehr zur Latenz. „An diesem Punkt stellte sich uns die Frage: Warum bilden einige Krebszellen sofort eine Metastase, wohingegen andere in eine Art Schlaf verfallen?“, sagt Moritz Jakab. Genetisch unterschieden sich die ruhenden und die metastasenbildenden Krebszellen nicht, auch nicht in vielen anderen molekularen Aspekten.

Methylierung der DNA unterschied sich

Doch einen subtilen Unterschied konnten die Forscher nachweisen: Die Methylierung der DNA unterschied sich zwischen den beiden Zellarten. Tumorzellen, deren Erbgut weniger stark methyliert war, reagierten empfindlich auf die Wnt-Faktoren, was den Austritt aus dem Blutgefäß und Latenz zur Folge hat. Stärker methylierte Krebszellen dagegen reagierten nicht auf die Wnt-Faktoren, blieben im Blutgefäß und starteten sogleich das metastatische Wachstum. Die DNA-Methylierung ist Teil des epigenetischen Gedächtnisses, das bei der Zellteilung an die Tochterzellen weitervererbt wird. Der Methylierungsstatus einer Zelle ist daher weitgehend stabil. Das ließ die Forscher vermuten, dass das metastatische Verhalten der Krebszellen bereits bei ihrem Austritt aus dem Primärtumor festgelegt ist.

Methylierungsmuster als Biomarker nutzen?

Um diese These zu überprüfen, untersuchte das Team den DNA-Methylierungsstatus verschiedener Tumorzelllinien. Dabei fanden sie heraus, dass dieser direkt mit ihrem metastatischen Potenzial korrelierte. „Diese Resultate sind überraschend und könnten weitreichende Folgen für die Tumordiagnostik und Therapie haben. So könnten beispielsweise bestimmte Methylierungsmuster als Biomarker genutzt werden, um Vorhersagen zu treffen, wie hoch die Last an ruhenden Krebszellen und wie wahrscheinlich damit der Rückfall nach erfolgreicher Behandlung des Primärtumors ist“, sagt Studienleiter Hellmut Augustin. „Doch vorher müssen wir prüfen, ob sich natürliche Tumoren des Menschen genauso verhalten wie die verwendeten Zelllinien oder experimentellen Tumoren.“ Am Ende könnten die Ergebnisse wegweisend für neue diagnostische und therapeutische Ansätze sein.

Literatur:
Jakab M, Lee KH, Uvarovkii A, et al.: Lung endothelium exploits suscepible tumour cell states to instruct metastatic latency. Nature Cancer, 2024, DOI: doi.org/10.1038/s43018-023-00716-7.

Quelle: DKFZ

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