Seit 2017 setzen die Experten der Klinik für Nuklearmedizin in Zusammenarbeit mit den Kollegen des Instituts für Radiologie die mit Holmium-166 radioaktiv beladenen Kügelchen ein – der weltweit erste Patient damals wurde ebenfalls am Universitätsklinikum behandelt. Vor dem Eingriff müssen die Mediziner genau überprüfen, an welchen Stellen der Leber der Wirkstoff eingesetzt werden kann. Er soll nur an den vom Krebs befallenen Stellen wirken – im restlichen, gesunden Teil der Leber würde Holmium-166 großen Schaden anrichten. Bisher haben die Mediziner für diesen Test eine Substanz eingesetzt, die zwar ähnlich, aber nicht identisch dem Holmium-166 ist. „Die neue Testsubstanz ist genau wie das Therapeutikum und gibt uns sowie den Patienten mehr Sicherheit“, sagt Prof. Ralf-Thorsten Hoffmann, Direktor des Instituts für diagnostische und interventionelle Radiologie am Uniklinikum. Erst im Januar 2019 wurde der Wirkstoff auf dem Markt zugelassen. „So können wir den Tumor bestmöglich schädigen, ohne dabei die gesunde Leber anzugreifen.“
Selektive Interne Radio-Therapie (SIRT)
Das lebensbedrohliche Wachstum von Tumoren beziehungsweise Metastasen lässt sich mit der „Selektiven Internen Radio-Therapie“ – kurz SIRT – in vielen Fällen wirksam bremsen. Mit dem Verfahren lässt sich das Krebsgewebe gleichzeitig aushungern und bestrahlen. Bei dieser minimalinvasiven Therapie nutzen die Nuklearmediziner und Radiologen sogenannte Mikrosphären. Das sind feinste Kügelchen mit einem Durchmesser von 20 bis 30 Mikrometern – was etwa der drei- bis vierfachen Größe von Blutplättchen entspricht. Die winzigen Sphären werden über einen Katheter direkt in die Arterien des betroffenen Organs eingeschleust – das Verfahren wird aktuell zumeist bei Tumorerkrankungen der Leber angewandt. Aufgrund ihrer Größe passieren die Kügelchen das gesunde Gewebe, verstopfen jedoch kleinere Blutgefäße der Tumore oder Metastasen und verringern so deren Durchblutung. Dieses Prinzip nennen die Mediziner Embolisation. Gleichzeitig geben die in den Gefäßen steckenbleibenden Mikrosphären radioaktive Strahlung ab, die das kranke Gewebe so stark schädigt, dass es abstirbt.
Bis 2017 Beta-Strahler Yttrium-90 genutzt
Bis 2017 nutzten die Ärzte weltweit den Beta-Strahler Yttrium-90 mit aus Glas oder Kunstharz bestehenden Kügelchen als Trägersubstanz. Die nun eingesetzten Mikrosphären bestehen aus dem Kunststoff Polylactid und sind mit Holmium-166 markiert. Das weist besondere paramagnetische Eigenschaften auf, die denen des Eisens weit überlegen sind. Am Uniklinikum Dresden wurden im April 2017 erstmals weltweit diese Sphären in der klinischen Routine eingesetzt. Seitdem wurden 15 Patienten damit behandelt. Die Methode wird ausschließlich bei Patienten eingesetzt, bei denen der Tumor in der Leber bereits Metastasen gebildet hat und eine Operation nicht infrage kommt. Die Entscheidung, Krebspatienten mit der Selektiven Internen Radio-Therapie zu behandeln, fällt im interdisziplinären Tumorboard des Nationalen Centrums für Tumorerkrankungen (NCT/UCC). In diesem Gremium diskutieren die Experten aller mit der Behandlung von Krebsleiden befassten Fachgebiete mehrmals wöchentlich die Befunde aller Krebspatienten und entscheiden einvernehmlich über die weiteren Schritte von Diagnostik und Therapie.
Testsubstanz notwendig
Um passgenau nur die vom Krebs befallenen Stellen mit den Holmium-166-Kügelchen zu therapieren, müssen die Mediziner vorher eine Testsubstanz verabreichen. Damit können Sie die genaue Verteilung der Blutgefäße in der Leber und im Tumor erkennen. Bisher stand dafür eine Testsubstanz zur Verfügung, die zwar dem Holmium-166 ähnelte, jedoch nicht identisch war. Diese Unsicherheit für die Mediziner ist jetzt behoben. Der neue Teststoff entspricht dem Therapeutikum in Größe und Dichte; er wurde erst im Januar 2019 zugelassen. „Nun können wir noch genauer bestimmen, wie sich das Holmium-166 in der Leber verteilt und ob es genau an die Stelle in der Leber gelangt, wo wir den Tumor und die Metastasen bekämpfen wollen“, sagt Prof. Ralf-Thorsten Hoffmann. Die Testsubstanz erlebte ihre Weltpremiere Anfang Februar 2019 am Uniklinikum Dresden, als sie einem 65-jährigen Patienten appliziert wurde.
Interdisziplinäre Zusammenarbeit bewährt
Ein wesentlicher Grund dafür, dass auch diese Premiere in Dresden stattfand, ist die enge Zusammenarbeit der Experten der Klinik für Nuklearmedizin mit ihren auf interventionelle Verfahren spezialisierten Kollegen des Instituts für Radiologie. „Die erneute medizinische Premiere am Uniklinikum Dresden beweist, dass sich die intensive interdisziplinäre Zusammenarbeit von Medizinern und Wissenschaftlern der Hochschulmedizin Dresden auszahlt“, sagt Prof. Michael Albrecht, Medizinischer Vorstand des Dresdner Uniklinikums.
Quelle: idw/Universitätsklinikum Carl Gustav Carus Dresden
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