Um eine Ausbreitung zu verhindern und schwere Verläufe zu vermeiden, empfiehlt es sich, Verdachtsfälle labordiagnostisch zu bestätigen. Darauf weist das Kölner Labor Dr. Wisplinghoff hin, „Immer wieder geraten die Masern aufgrund lokaler Krankheitsausbrüche in den Fokus der Berichterstattung – so wie aktuell in Köln oder auch in Großbritannien. Neben Kleinkindern erkranken vor allem junge Erwachsene, die eine Impflücke bei Masern aufweisen“, so das Kölner Labor.
„Masern können zu ernsthaften gesundheitlichen Komplikationen führen. Bei einer Infektion stellt sich für etwa sechs Wochen eine vorübergehende Immunschwäche ein, die bakterielle Superinfektionen begünstigt: Am häufigsten kommt es zu Otitis media, Pneumonie, Bronchitis oder Diarrhö. Besonders gefürchtet ist die postinfektiöse Masernenzephalitis, die 1 von 1.000 Patientinnen beziehungsweise Patienten trifft“, erläuterte das Kölner Labor.
Eine seltene Spätfolge einer Maserninfektion sei die stets tödlich endende subakute sklerosierende Panenzephalitis (SSPE): Sie manifestiere sich meist 6 bis 8 Jahre nach der Infektion und gehe mit neurologischen Störungen und Ausfällen einher.
Labordiagnostik
Eine Infektion kann, so das Labor Dr. Wisplinghoff, durch einen kombinierten Masern-IgG und -IgM-Antikörpernachweis bestätigt werden: „Die Masern-IgM-Antikörper sind mit Auftreten des Exanthems in der Regel positiv. Bei einem Teil der Infizierten kann die Serokonversion zu Masern-IgM-Ak um wenige Tage verzögert auftreten, hier ist eine Verlaufskontrolle indiziert. Es kann die Ausnahmekennziffer 32006 eingesetzt werden. Zusätzlich ist eine Masern-RNA-PCR aus geeignetem Material wie zum Beispiel Blut, Konjunktival- oder Rachenabstrich möglich“. Der Immunschutz könne mittels Masern-IgG-Antikörperbestimmung geprüft werden.
Die aktuell hohe Zahl an Masernerkrankungen in Nordrhein ist unter anderem die Folge der mangelnden Impfbereitschaft gegen Erkrankungen wie Masern, Mumps und Röteln in den vergangenen Jahren. „Vor allem alle Erwachsenen, die nach 1970 geboren sind, sind jetzt aufgefordert, mit einem Blick in ihren Impfpass zu prüfen, ob sie über den vollständigen Impfschutz verfügen“ erklärt Dr. Oliver Funken, Vorsitzender des Hausärztinnen- und Hausärzteverbandes Nordrhein e.V. „Wer keine zweimalige Impfung nachweisen kann, sollte umgehend die Impflücke schließen."
Schutz durch die Impfung
Mit der Impfung schützt man nicht nur sich selbst, sondern auch Dritte. „Bei vielen Erwachsenen ist der Impfstatus ungeklärt, Impfdokumente liegen vielfach nicht mehr vor“, bedauert Funken. Mit einer Masern-Mumps-Röteln-Impfung (MMR-Impfung) sollten Patienten ihren Impfstatus zeitnah aktualisieren.
Von der STIKO wird eine einmalige Impfung gegen Masern für alle Erwachsenen empfohlen, die nach 1970 geboren wurden und bei denen keine oder nur eine einmalige Impfung in der Kindheit gegen Masern dokumentiert wurde oder deren Impfstatus unklar ist. Es sollte vorzugsweise MMR-Impfstoff verwendet werden. Allen nach 1970 geborenen Personen, die beruflich einem erhöhten Infektionsrisiko ausgesetzt sind, empfiehlt die STIKO eine zweimalige Impfung gegen Masern. Die zweite Impfung kann im Mindestabstand von vier Wochen nach der ersten MMR-Impfung gegeben werden.
Masernausbruch in Hildesheim
Eine jetzt veröffentlichte Studie (1) beschreibt einen Masernausbruch, der in Hildesheim auftrat. Der Ausbruch umfasste 43 Fälle und dauerte 14 Wochen. Überraschenderweise wurde eine hohe Zahl von Impfversäumnissen beobachtet, da 11 Fälle zwei Dosen des MMR-Impfstoffs erhalten hatten und 4 weitere Fälle einmal geimpft worden waren.
Eine 33-jährige Frau verstarb während des Ausbruchs. Sie war, so die Publikation, die Mutter von 5 Kindern im Alter von 4 bis 16 Jahren. „Zwei Schulkinder erkrankten an Masern und gaben die Krankheit an den Rest der Familie weiter. Aufgrund von Lieferengpässen wurde die Impfung der Mutter verzögert. Sie entwickelte 3 Tage nach der Impfung masernähnliche Symptome und wurde am Morgen des achten Tages nach der Impfung tot aufgefunden. Eine Obduktion wurde durchgeführt, um die Todesursache zu ermitteln. Darüber hinaus wurde eine molekulare Charakterisierung des Virus durchgeführt, um zu analysieren, ob sie mit dem Wildtyp-Virus infiziert war, das zu diesem Zeitpunkt in Hildesheim zirkulierte, oder ob der Impfstoff möglicherweise ein begleitendes und verschlimmerndes Merkmal für ihren Tod war,“ so Hüppe et al.
Das Ergebnis zeigte, dass die ihr zum Zeitpunkt des Todes und bei der Obduktion entnommenen Proben die Wildtyp-Masernvirusvariante enthielten, die dem MVs/Gir Somnath.IND/42.16 (WHO Seq-ID D8-4683) entspricht, das den Hildesheimer Ausbruch auslöste und von März 2018 bis März 2020 in Deutschland zirkulierte. Das Impfstoffvirus sei nicht nachgewiesen worden. „Darüber hinaus waren zwei Aspekte, die bei der Obduktion aufgedeckt wurden, bemerkenswert: Die Frau starb an einer Riesenzellpneumonie, einer Komplikation, die bei immunsupprimierten Personen auftritt, und sie konsumierte aktiv Cannabis. Es ist bekannt, dass THC das Immunsystem beeinflusst, aber in der Literatur gibt es nur wenige Berichte über die Auswirkungen“, heißt es in dem Originalbeitrag.
Quellen: Labor Dr. Wisplinghoff, Hausärztinnen- und Hausärzteverband Nordrhein
Artikel teilen