Damit dürfen die Apotheken bei entsprechender Qualifikation ab sofort folgende fünf pharmazeutischen Dienstleistungen den infrage kommenden Patienten aktiv anbieten und die dokumentierte Durchführung über den Nacht- und Notdienstfonds mit den Krankenkassen abrechnen (jeweils Netto-Beträge):
- Erweiterte Medikationsberatung von Patienten mit Polymedikation – 90 Euro
- Pharmazeutische Betreuung von Patienten nach Organtransplantation – 90 Euro plus 17,55 Euro für ein Follow-up-Gespräch
- Pharmazeutische Betreuung von Patienten unter oraler Antitumortherapie – 90 Euro plus 17,55 Euro für ein Follow-up-Gespräch
- Standardisierte Risikoerfassung bei Bluthochdruck-Patienten, die mindestens ein antihypertensives Medikament einnehmen – 11,20 Euro
- Standardisierte Einweisung in die korrekte Arzneimittelanwendung und Üben der Inhalationstechnik für Patienten ab einem Alter von sechs Jahren – 20,00 Euro
Honorare viel zu hoch angesetzt
Während die Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände (ABDA) die Entscheidung als „Meilenstein in der Patientenversorgung“ feiert, laufen Ärzte Sturm gegen die pharmazeutischen Dienstleistungen. Aber auch vom AOK-Bundesverband kommen kritische Worte. So findet die Vorstandsvorsitzende Dr. Carola Reimann, dass die Honorare „viel zu hoch angesetzt sind“. „Wir sind offen für pharmazeutische Dienstleistungen, sofern sie regional, dezentral und freiwillig vereinbart werden. Dass sie nun per Gesetz als Pflichtprogramm durchgesetzt werden, ist ein spätes Geschenk des ehemaligen Bundesgesundheitsministers an die Apothekerinnen und Apotheker.“ Die Entscheidung der Schiedsstelle zum Umfang und zur Vergütung dieser Dienstleistungen werde nicht zu einer qualitativ besseren Versorgung der Versicherten führen. „Die Honorare, zum Beispiel für eine simple Leistung wie die Blutdruckmessung, sind zudem viel zu hoch angesetzt. Das steht in keinem Verhältnis zu den Vergütungen der niedergelassenen Ärztinnen und Ärzte für die entsprechenden Leistungen.“
Mehrwert für Patient/-innen fraglich
"Patienten sind keine Kunden und Apotheken keine Arztpraxen-to-go. Die Beratung in der Apotheke kann die ärztliche Diagnose und Therapieempfehlung nicht ersetzen, auch nicht ansatzweise." Mit diesen Worten kommentierte Bundesärztekammer-Präsident Dr. Klaus Reinhardt den Schiedsspruch. „Die vorgesehenen Dienstleistungen in den Apotheken werden ohne echten Mehrwert für die medizinische Versorgung der Patientinnen und Patienten bleiben und eher zu Reibungsverlusten und Abstimmungsstörungen führen", warnte er.
Falsche Signale
Auch der Virchowbund und Spitzenverband Fachärzte Deutschlands (SpiFa) kritisieren den Schiedsspruch aufs Schärfste. Die Regelung signalisiere, „dass man für eine persönliche, vollumfängiche Medikationsberatung weder Medizin studiert noch jahrelange Erfahrung gesammelt haben muss“, wie es Dr. Norbert Smetak, Mitglied des SpiFa-Vorstands, formuliert.
Quellen: Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände (ABDA), BÄK, AOK-Bundesverband, Virchowbund, Spitzenverband Fachärzte Deutschlands
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