In den letzten Jahren machten regelmäßig bislang unbekannte oder verdrängt geglaubte Viren von sich Reden: Letztes Jahr hat die Weltgesundheitsorganisation WHO im Zusammenhang mit dem Zika-Virus eine „gesundheitliche Notlage von internationaler Tragweite“ erklärt. In den Jahren 2014 und 2015 starben nach Angaben des Robert-Koch-Institutes 11.000 Menschen in Westafrika an Ebola. Im Jahr 2012 wurde erstmals das MERS-Virus nachgewiesen – nach der SARS Epidemie im Jahr 2003 ein weiteres Coronavirus, das ein respiratorisches Syndrom auslöst.
Händedesinfektion essentiell
Um das Ansteckungsrisiko für Helfer, medizinisches Personal und die Menschen, die in den Krisengebieten leben, so gering wie möglich zu halten, werden große Mengen Desinfektionsmittel benötigt. Die Händedesinfektion ist eine der wichtigsten Maßnahmen, um die Verbreitung der Krankheitserreger einzudämmen. Die WHO stellt seit vielen Jahren zwei Rezepte zur Verfügung, nach denen Desinfektionsmittel mit einfachen Mitteln direkt in Krisengebieten angemischt werden können. Sie kosten nur etwa ein Zehntel vorgemischter Markenprodukte und basieren im Wesentlichen auf den Alkoholen Ethanol und Isopropanol. Wissenschaftler des TWINCORE haben nun nachgewiesen, dass diese WHO Desinfektionsmittel – die gegen altbekannte Infektionserreger sehr gut wirken – ebenso gut vor den so genannten „emerging viruses“, den aufstrebenden und neuentstehenden Viren, schützen.
Bisher keine Empfehlung bei Ebola-, Zika- oder Coronaviren
„Die beiden Desinfektionsmittel wurden für den Einsatz gegen Ebola-, Zika- und die Coronaviren nie getestet und die WHO spricht auch bewusst keine Empfehlungen für ihren Einsatz in diesen Fällen aus“, sagt Prof. Eike Steinmann, Leiter der Arbeitsgruppe Virustransmission am Institut für Experimentelle Virologie. „Sie werden dennoch in großen Mengen eingesetzt und wir wollten nun wissen, ob sie tatsächlich schützen, oder ob sie die Menschen in den Krisengebieten in falsche Sicherheit wiegen.“ „Wir“ ist ein international zusammen gesetztes Konsortium, das Eike Steinmann koordiniert hat, denn die untersuchten Viren wurden in ausgewählten Laboren der höchsten Sicherheitsstufe untersucht, die sich in Deutschland, der Schweiz und Südkorea befinden.
Rezepturen schützen auch vor neuen Viren
Diese vergleichende internationale Studie hat nun gezeigt: Die von der WHO entwickelten Rezepturen schützen ebenfalls vor den neuen Viren. Die über Tröpfchen übertragenen Viren SARS und MERS sowie das vektorübertragene Zikavirus sind gegenüber den WHO-Desinfektionsmitteln am labilsten. Das Ebolavirus liegt im Mittelfeld. „Wir haben in unsere Vergleichsstudie auch das Impfvirus gegen Pocken, das Vacciniavirus, einbezogen, da es als Prüfvirus zur Bestimmung der Desinfektionsmittelwirksamkeit gegenüber behüllten Viren eingesetzt wird“, sagt Eike Steinmann. Das Vacciniavirus ist besonders stabil – wenn ein Händedesinfektionsmittel gegen das Vacciniavirus wirkt, wirkt es ebenfalls gegen alle anderen altbekannten umhüllten Viren. Die Studie bestätigt es nun auch als Referenzvirus, wenn die neuen Virusinfektionen in die Betrachtungen mit einbezogen werden. „Auch wenn die Ergebnisse fast zu erwarten waren – zu wissen, dass sich beispielsweise Ebolavirus im Ernstfall tatsächlich mit den beiden Rezepturen der WHO abtöten lässt, ist wichtig für den Einsatz in Krisengebieten und sehr beruhigend“, schließt Eike Steinmann. (HZI, red)
Siddharta et al.: Virucidal activity of WHO-recommended formulations against enveloped viruses including Zika, Ebola and emerging Coronaviruses. J Infect Dis. 2017, DOI: 10.1093/infdis/jix046 [Epub ahead of print].
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