„Nicht alles, was zuckt, ist Tourette“

Neue Erkenntnisse
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Schrift mit Tourette-Syndrom
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Nicht alles, was ein Tic ist, ist Tourette. Im Zuge der Coronapandemie haben „funktionelle Tic-ähnliche Beschwerden“ scheinbar drastisch zugenommen. Wurden viele Patienten falsch diagnostiziert?

Das Tourette-Syndrom ist nach dem französischen Nervenarzt Dr. Georges Gilles de la Tourette benannt. In Deutschland sind von der überwiegend genetisch bedingten neuropsychiatrischen Krankheit ca. 40.000 Menschen betroffen. Die Symptome sind individuell sehr unterschiedlich. Hauptmerkmale sind einfache motorische Tics wie Augenblinzeln, Zwinkern, Kopfbewegungen, Schulterbewegungen und einfache vokale Tics wie Räuspern, Fiepen oder einzelne Laute.

Tic-ähnliche Störungen haben drastisch zugenommen

Ein Forscherteam der Uniklinik Dresden, Universität Lübeck/UKSH sowie der Universität Trier hat neue Erkenntnisse zu Tics und den ebenfalls häufigen funktionellen Tic-ähnlichen Störungen vorgelegt: „Nach der Pandemie haben nicht nur in Deutschland, sondern weltweit die Zahl der Tic-ähnlichen Störungen drastisch zugenommen“, stellt Prof. Dr. rer. nat Christian Beste vom Uniklinikum Dresden fest. „Da die Diagnosestellung häufig nicht einfach ist, haben wir in den letzten Jahren dazu intensiv geforscht, um den Menschen zu helfen“, erklärt Frau PD. Dr. Anne Weißbach von der Universität zu Lübeck/UKSH.

Unterschiede zu funktionellen Tic-ähnlichen Störungen

Doch nicht alle Extrabewegungen und plötzlichen Laute wie Schimpfwörter oder Armzucken sind Tics/Tourette. Dies hat in den letzten Jahren zu Verwirrungen geführt. „Klinische Untersuchungen haben gezeigt, dass funktionelle Tic-ähnliche Störungen vom Tourette-Syndrom unterschieden werden können. Hierzu gibt es mittlerweile auch international einen Konsens“, erklärt Prof. Dr. Alexander Münchau von der Universität zu Lübeck/UKSH und Mitbegründer der „Agentur für Überschüsse“. „Tourette beginnt im Kindesalter, die Tics sind zu einem gegebenen Zeitpunkt gleich, sind kurz und abrupt und treten verstärkt auf, wenn Betroffene allein sind.“ Demgegenüber beginnen funktionelle Tic-ähnliche Störungen „meist erst ab der Pubertät, treten üblicherweise in der Öffentlichkeit auf, sind variabel und komplexer“. „Die Handlungsprozesse, die Tics zugrunde liegen, sind gar nicht so anders, als diejenigen, die wir beim Greifen nach einer Tasse Kaffee verwenden,“ erklärt Prof. Dr. Christian Frings von der Universität Trier.

„Nicht alles, was zuckt, ist Tourette“

Beispiele für „funktionelle Tic-ähnliche Störungen“ sind „auf den Tisch hauen“, „anderen ins Essen greifen“ oder „sich selbst auf den Oberkörper schlagen“. Die Symptome des Tourette-Syndroms sind individuell sehr unterschiedlich. Hauptmerkmale sind einfache motorische Tics wie Augenblinzeln, Zwinkern, Kopfbewegungen, Schulterbewegungen und einfache vokale Tics wie Räuspern, Fiepen oder einzelne Laute. Um ein Bewusstsein für die Unterscheidung zu schaffen und verständlich eine Orientierung zu bieten, gibt es von der 2011 gegründeten „Agentur für Überschüsse“ - ein Neurologie-Performance-Netzwerk bestehend aus Ärzten und Kreativen - ein neues Aufklärungsvideo: „Nicht alles, was zuckt, ist Tourette“, das den Unterschied zwischen Tourette und funktionellen Tic-ähnlichen Störungen darstellt. Tom aus Ticcing, Protagonist des Videos und selbst eine von Tourette betroffene Person, ist im Auftrag der „Agentur für Überschüsse“ unterwegs. Er kümmert sich um Tics, aber auch um Bewegungsstörungen, die aussehen wir Tourette, aber nicht Tourette sind.

Christina Bolte, Psychologin von der Universität zu Lübeck/UKSH erklärt, „dass Tic-ähnliche Störungen gut durch Physiotherapie und manche Formen der Verhaltenstherapie behandelbar sind. Dies trifft vor allem für aufmerksamkeitsbasierte Verfahren zu. Hierzu zählen Behandlungsansätze, bei denen die bewusste Verlagerung der Aufmerksamkeit von Patientinnen/Patienten im Zentrum steht (z. B. metakognitive Therapie).“

Hier finden Sie das Video „Nicht alles, was zuckt, ist Tourette“.


Quelle: idw/Universität Trier

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