Die Alzheimer-Erkrankung ist eine neurodegenerative Krankheit, die unheilbar ist. Betroffene verlieren mit der Zeit ihr Gedächtnis und andere kognitive Funktionen. Dies geht soweit, dass sie irgendwann ganz auf die Hilfe anderer angewiesen sind. Die Anhäufung von Amyloid-beta ist eine der Ursachen der Erkrankung. Im gesunden Gehirn wird das Protein regelmäßig von Mikrogliazellen abgebaut. Mikrogliazellen schützen das Gehirn vor der Anhäufung von Amyloid-beta, aber auch vor Krankheitserregern und anderen schädigenden Einflüssen.
Fokus auf Ionenkanäle
Bei Alzheimer-Erkrankten scheint die Funktion der Mikrogliazellen jedoch gestört zu sein. Wieso das so ist, untersuchte ein Team der Charité Berlin um Prof. Dr. Christian Madry. Im Fokus der Studie standen Ionenkanäle, die eine wichtige Rolle für die Immunantwort der Mikroglia spielen. „Mikrogliazellen haben ein hohes therapeutisches Potenzial, das heißt, sie können bei der Entwicklung neuer Medikamente eine Schlüsselrolle spielen“, erklärt Madry 2021 zu Beginn des Projekts. Erste Ergebnisse bestätigen seine damalige Vermutung.
Das Forschungsteam erhielt wichtige Informationen zu einem bestimmten Kaliumkanal, „THIK-1“: „THIK-1 kann die Freisetzung eines stark entzündungsfördernden Stoffes namens Interleukin-1 beta durch die Mikrogliazellen im Gehirn kontrollieren. Die Blockade des THIK-1-Kanals durch Medikamente könnte ein vielversprechender Ansatz zur Behandlung von Entzündungen im Gehirn sein, die ein entscheidender Faktor bei vielen neuronalen Erkrankungen sind“, so Madry. Wenn der Kaliumkanal durch ein Medikament gehemmt werden kann, können auch die dadurch entstandenen Entzündungsprozesse gebremst werden. Eventuell könnte sich die Hirnfunktion sogar wieder normalisieren. Die Vermutung des Forschungsteams ist, dass die Mikroglia weniger aggressiv agieren und das schädliche Amyloid-beta wieder zurückdrängen können.
Forschung direkt an menschlichem Gehirngewebe
Das Forschungsteam erlangte die Erkenntnisse nicht nur aus Mausmodellen, sondern konnte direkt an menschlichem Gehirn arbeiten. Madry und sein Team testete die Funktion von THIK-1 direkt an Gehirngewebe aus Operationen von Patienten mit therapieresistenter Epilepsie. Erstautor Ali Rifat ist es sogar gelungen, die Experimente an noch „lebenden“ Mirkogliazellen in frisch entferntem Gehirngewebe zu testen.
Aufgrund der neuen Erkenntnisse startete ein Pharmaunternehmen in Großbritannien bereits eine Phase-1-Studie, bei der Wirkstoffe für Patientinnen und Patienten mit ALS (Amyotrophe Lateralsklerose) und Alzheimer getestet werden. Hier soll erst herausgefunden werden, welches Medikament geeignet ist und ob es sicher verträglich den Patientinnen und Patienten gegeben werden kann.
Quelle: idw
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