Die Therapie mit genetisch veränderten, körpereigenen T-Zellen ist eine vielversprechende Therapie gegen unterschiedliche Erkrankungen, unter anderem Krebs. Manchmal zeigen die sogenannten CAR-T-Zellen jedoch einen schnellen Rückgang nach gestarteter Therapie. Forschende des Deutschen Krebsforschungszentrums (DKFZ) und der Universitätsmedizin Mannheim (UMM) fanden nun heraus, dass möglicherweise die sogenannten natürlichen Killerzellen (NK) der Grund dafür sein können.
Markerprotein
Denn tragen die aktivierten T-Zellen ein bestimmtes Markerprotein auf ihrer Oberfläche, werden sie von den NK in Schach gehalten. Somit halten die NK, so scheint es, die Hauptakteure des Immunsystems in Schach und versuchen eine zerstörerische, überschüssige Reaktion zu verhindern. Denn bei Autoimmunreaktionen greifen die T-Zellen gesundes Gewebe an, was auch tödlich enden kann. Neben den anderen Molekülen und Botenstoffen, welche die T-Zellen regulieren, entdeckten Forscher nun auch die natürlichen Killerzellen, die in dieses Geschehen eingreifen. Die NK gehören zur angeborenen Immunität, die infizierte oder bösartig veränderte Zellen schnell aufspüren und eliminieren.
„Studien haben gezeigt, dass NK-Zellen auch aktivierte T-Zellen abtöten und so deren Vermehrung begrenzen können“, sagt Michael Platten, Abteilungsleiter am DKFZ und Direktor der Neurologischen Universitätsklinik Mannheim. „Wir wussten allerdings bislang nicht, durch welches Merkmal sich T-Zellen als Ziel für die NK-Zelle zu erkennen geben.“ Diesen Fund machten die Forschenden nun, als sie aktivierte T-Zellen gesunder Spender untersuchten. Das Protein B7H6 dient als Erkennung für die NK. Aktivierte T-Zellen von Patienten mit Autoimmunkrankheiten, Krebs oder Virusinfekten tragen viele dieser Moleküle auf ihrer Oberfläche. Zerstörte die CRISPR-Cas-Genschere hingegen das Gen für B7H6, waren die T-Zellen vor dem Angriff der Killerzellen geschützt.
Immun-Checkpoint
„Die Eliminierung von T-Zellen durch NK-Zellen wird durch einen intrinsischen Mechanismus der T-Zellen ausgelöst. Die aktivierten T-Zellen geben sich zeitweise als Ziele für die NK-bedingte Zell-Lyse zu erkennen“, erklärt Michael Kilian, Erstautor der Publikation. Grund hierfür ist wahrscheinlich die Verhinderung einer überschüssigen Reaktion der T-Zellen. „Wir kennen inzwischen eine Reihe so genannter Checkpoint-Moleküle, die die Aktivierung von T-Zellen drosseln oder steigern und damit den Verlauf von Immunreaktionen modulieren. B7H6 können wir nun als einen weiteren hemmenden Immun-Checkpoint auf T-Zellen einordnen“, erläutert Studienleiter Platten.
Auswirkungen auf Immuntherapie
Anhand dieser Erkenntnisse untersuchten die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler weiter die Auswirkungen auf die Krebstherapie mit Medikamenten der Checkpoint-Inhibitoren (ICI). Hierbei aktivieren die Medikamente das Immunsystem gegen den Tumor, indem sie die Immun-Bremsen lösen. Doch bei Patienten, bei denen diese Therapie keine bis wenig Wirkung zeigte, stellten die Forschenden fest, dass eine erhöhte Anzahl der NK vorhanden war.
Auch auf die zelluläre Immuntherapie können die neuen Erkenntnisse Auswirkungen haben. Denn auch hier scheinen die NK die CAR-T-Zellen zu regulieren, da diese ebenfalls B7H6 auf ihrer Oberfläche tragen. Dies zeigt ein Mausmodell, bei dem zur CAR-T-Zelltherapie auch natürliche Killerzellen hinzugefügt wurden, wodurch die Zahl der therapeutischen Zellen sank und die Anzahl der Tumorezellen anstieg.
Lösung: Genschere?
„Die NK-Kontrolle der T-Zellen hat das Potenzial, verschiedene Formen der Krebs-Immuntherapie zu beeinträchtigen. Durch gezieltes Eingreifen in diesen Prozess könnte es in Zukunft möglicherweise gelingen, T-Zell-Immunantworten zu modulieren“, erläutert Platten. Ein Lösungsansatz soll die Genschere sein. In einer klinischen Studie soll nun getestet werden, ob CRISPR-Cas die CAR-T-Zellen vor den NK schützen kann, um die Wirksamkeit der Immuntherapie zu erhöhen.
Quelle: idw
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