Müssen Privatversicherte und Selbstzahler bald mehr zahlen?
Hintergrund ist die Blockadehaltung des Bundesgesundheitsministers bei der Einführung einer neuen, betriebswirtschaftlich kalkulierten GOÄ, heißt es. „Wir sind gezwungen, die seit 1996 unveränderten Honorare der bestehenden Gebührenordnung für Ärzte der aktuellen von Inflation und Kostensteigerungen geprägten wirtschaftlichen Situation in den dermatologischen Praxen anzupassen. Aus diesem Grund werden wir als Fachgruppe den Paragraphenteil der GOÄ künftig in seiner Lesart genau nutzen und von den Möglichkeiten einer Faktorensteigerung mit Begründung vermehrt und einheitlich Gebrauch machen“, kündigte BVDD-Präsident Dr. Ralph von Kiedrowski bereits im März an. Eine Neufassung der ärztlichen Gebührenordnung sei seit Langem überfällig, so auch die Bundesärztekammer (BÄK), die sich ebenfalls für höherer Steigerungssätze stark macht. Das seit mehr als zwei Jahrzehnten gleiche Regelhonorar von 10,72 Euro für die Beratung eines Patienten zeige das "gravierende Missverhältnis von Aufwand und Honorar" ganz deutlich, heißt es in einer BÄK-Information für privatversicherte und selbstzahlende Patientinnen und Patienten.
Im Einzelfall höhere Steigerungsfaktoren
Angesichts der erheblichen Unterbewertung insbesondere von zuwendungsintensiven Gesprächsleistungen in der geltenden GOÄ würden Ärztinnen und Ärzte künftig von den rechtskonformen Möglichkeiten Gebrauch machen, im Einzelfall höhere Steigerungsfaktoren zur Anwendung zu bringen, wie die BÄK in einem Merkblatt ankündigt. Das Merkblatt soll Ärztinnen und Ärzte dabei unterstützen und listet die wichtigsten Gesichtspunkte auf.
Unter bestimmten Voraussetzungen zulässig
Steigerungen über den Regelhöchstsatz hinaus sind nach geltendem Recht nur unter bestimmten Voraussetzungen möglich, wie Jens Wegner vom Verband der Privaten Krankenversicherung erklärt. Sind diese nicht erfüllt, hat der abrechnende Arzt keinen Anspruch auf eine höhere Vergütung. Dasselbe gelte für Honorarvereinbarungen. In welcher Höhe Arztrechnungen von den Versicherungsunternehmen erstattet werden, ist laut PKV-Verband abhängig vom individuellen Tarif. Die große Mehrheit der Tarife richte sich bei Kostenerstattung nach den zulässigen Steigerungsfaktoren im Rahmen der GOÄ, so Wegner. Sofern die Steigerungsfaktoren sich an diese Vorgaben hielten, könnten die Versicherten von einer Kostenübernahme ausgehen.
25 Prozent der Honorarumsätze von Privatversicherten
Wegner räumte aber auch ein: „Bei aller berechtigten Empörung über die jahrelange Untätigkeit der Politik bei der GOÄ-Novelle sollte die Ärzteschaft nicht übersehen, dass die Privatabrechnungen insgesamt ein sehr gutes Auskommen bieten. Bei Jahr für Jahr steigendem Honorarvolumen tragen die rund 10 Prozent Privatversicherten in Deutschland weiterhin mehr als 25 Prozent zu den Honorarumsätzen der ambulanten Arztpraxen bei – also weit überproportional." Fazit: Am meisten dürften Selbstzahler unter einer Anhebung der Steigerungsfaktoren leiden.
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