Krankenkassen mit leichtem Minus im ersten Quartal 2023
DenEinnahmender gesetzlichen Krankenkassen in Höhe von 75,5 Milliarden Euro standen Ausgaben in Höhe von 75,7 Milliarden Euro gegenüber, teilte das Bundesgesundheitsministerium (BMG) mit. Die Ausgaben für Leistungen und Verwaltungskosten verzeichneten bei einem Anstieg der Versichertenzahlen von 1,1 Prozent einen Zuwachs von 4,6 Prozent. Der vergleichsweise hohe Anstieg bei den GKV-Versicherten dürfte insbesondere auf den Zuzug ukrainischer Bürgerinnen und Bürger zurückzuführen sein, so das BMG. Der durchschnittlich von den Krankenkassen erhobene Zusatzbeitragssatz lag Ende März mit 1,5 Prozent geringfügig unterhalb des Ende Oktober 2022 für das Jahr 2023 bekannt gegebenen durchschnittlichen Zusatzbeitragssatzes von 1,6 Prozent.
Innungskrankenkassen mit Überschuss
Die Betriebskrankenkassen erzielten ein Defizit von 74 Millionen Euro, die Knappschaft von 71 Millionen Euro, die Ortskrankenkassen von 57 Millionen Euro und die Ersatzkassen von 38 Millionen Euro. Die Innungskrankenkassen erzielten hingegen einen Überschuss in Höhe von 66 Millionen Euro. Die nicht am Risikostrukturausgleich teilnehmende Landwirtschaftliche Krankenkasse verbuchte ebenfalls einen Überschuss von 12 Millionen Euro. Zu berücksichtigen sei, dass die einzelnen Krankenkassen im Jahr 2023 gemäß § 272b SGB V Teile ihrer Finanzreserven an den Gesundheitsfonds abführen müssten, so das BMG. Im 1. Quartal 2023 wurden dem Gesundheitsfonds so insgesamt mehr als 600 Millionen Euro zugeführt und stehen damit zur Versorgung der Versicherten und zur Stabilisierung der Beitragssätze zur Verfügung.
Ergebnis des Gesundheitsfonds
Der Gesundheitsfonds, der zum Stichtag 16. Januar 2023 über eine Liquiditätsreserve von rund 12 Milliarden Euro verfügte, verzeichnete im 1. Quartal 2023 ein Defizit von 3,7 Milliarden Euro. Der größere Teil dieses Defizits ist saisonüblich, da die Ausgaben des Gesundheitsfonds als monatliche Zuweisungen in konstanter Höhe an die Krankenkassen fließen, während die Einnahmen unterjährig erheblich schwanken und insbesondere im letzten Quartal aufgrund der Verbeitragung von Jahressonderzahlungen wie beispielsweise Weihnachtsgeld höher ausfallen. Ein Teil des Defizits resultiert allerdings aus einer Maßnahme des GKV-Finanzstabilisierungsgesetzes: Durch die Absenkung der Obergrenze der Liquiditätsreserve werden zusätzliche Mittel an die Krankenkassen ausgeschüttet, um die Zusatzbeiträge der Krankenkassen zu stabilisieren.
Finanzreserven von 10,1 Milliarden Euro
Die Finanzreserven der Krankenkassen betrugen zum Quartalsende rund 10,1 Milliarden Euro. Dies entspricht 0,4 Monatsausgaben und somit dem Zweifachen der gesetzlich vorgesehenen Mindestreserve in Höhe von 0,2 Monatsausgaben. Bundesgesundheitsminister Prof. Karl Lauterbach: „Mit dem Finanzstabilisierungsgesetz ist es uns erfolgreich gelungen, den gesetzlichen Krankenkassen in einer prekären Finanzlage zu Beginn der Legislaturperiode zu helfen. Die Krankenkassen weisen nun für das erste Quartal 2023 ein fast ausgeglichenes Ergebnis aus.“ Ziel bleibe es, ein hohes Defizit der Kassen zu verhindern, gleichzeitig aber auch die Versicherten nicht über Gebühr zu belasten.
Beitragseinnahmen um 6,2 Prozent gestiegen
Die Beitragseinnahmen (ohne Zusatzbeiträge) stiegen im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um 6,2 Prozent. Verantwortlich für die außerordentlich gute Einnahmenentwicklung im 1. Quartal sind insbesondere die zuletzt inflationsbedingt kräftigen Tariflohnsteigerungen. Auch die Anhebung des gesetzlichen Mindestlohns auf 12 Euro pro Stunde zum 1. Oktober 2022 sowie der Abbau der Kurzarbeit gegenüber dem 1. Quartal 2022 wirken sich positiv auf die Lohnentwicklung aus. Vor diesem Hintergrund ist im weiteren Jahresverlauf mit einer abflachenden Rate bei den Beitragseinnahmen zu rechnen.
Krankenhausbehandlungen plus 7,7 Prozent
Diee Ausgaben für Krankenhausbehandlungen haben deutlich angezogen und sind um 7,7 Prozent gestiegen. Neben einer sehr dynamischen Preiskomponente (die sich aus dem Orientierungswert für die Kosten der Krankenhäuser und der Grundlohnrate ergebenden Veränderungswerte für Fallpauschalen – DRG und das Pauschalierende Entgeltsystem für psychiatrische und psychosomatische Einrichtungen – PEPP betragen mehr als 4,3 Prozent) und steigenden Fallzahlen sind insbesondere die Pflegepersonalkosten mit rund 14 Prozent erneut äußerst dynamisch gestiegen. Hintergrund ist, dass mit zunehmenden Abschlüssen für Pflegebudgets der vergangenen Jahre zwischen Krankenkassen und Krankenhäusern in vermehrtem Umfang die Kosten für Pflegepersonal aus den letzten Jahren von den Krankenkassen ausbezahlt werden.
Arzneimittelausgaben plus 2,7 Prozent
Die Aufwendungen für die Versorgung mit Arzneimitteln stiegen unterdurchschnittlich um 2,7 Prozent. Hierbei dämpft insbesondere die mit dem GKV-Finanzstabilisierungsgesetz vorgesehene Erhöhung der gesetzlichen Rabatte pharmazeutischer Unternehmer die zuletzt hohe Ausgabendynamik im Arzneimittelbereich.
Ambulant-ärztliche Behandlungen plus 1,6 Prozent
Die Ausgaben für ambulant-ärztliche Behandlungen sind im 1. Quartal um 1,6 Prozent gestiegen. Bei der Interpretation der Veränderungsrate ist zu berücksichtigen, dass die Buchungen im ärztlichen Bereich von Schätzungen geprägt sind, da Abrechnungsdaten für den betrachteten Zeitraum noch nicht oder nur teilweise vorliegen. In die Schätzungen dürfte eine Reihe von Faktoren eingeflossen sein, wie beispielsweise ein deutlicher Rückgang von coronaspezifischen Abrechnungsziffern (z.B. Testungen).
Zahnärztliche Behandlungen plus 2,4 Prozent
Die Aufwendungen für zahnärztliche Behandlungen (ohne Zahnersatz) stiegen um 2,4 Prozent. Während die Ausgaben für den Teilbereich der Parodontalbehandlungen aufgrund von Leistungsverbesserungen um rund 44 Prozent gestiegen sind, wirkt sich im zahnärztlichen Bereich insgesamt insbesondere die mit dem GKV-FinStG geregelte Begrenzung des Anstiegs der Gesamtvergütung aus.
Stärkster Anstieg in den Bereichen Reha, Vorsorge und Schutzimpfungen
Stark gestiegen sind die Ausgaben im Bereich der Schutzimpfungen (15,2 Prozent) sowie bei Vorsorge- und Rehabilitationsleistungen (11,5 Prozent). Letztere wiesen nach den pandemiebedingten Einbrüchen der vergangenen Jahre schon 2022 eine überdurchschnittliche Dynamik auf. Dynamisch entwickelten sich im Bereich Rehabilitation und Vorsorge neben den stationären Rehabilitationsleistungen insbesondere auch die medizinische Vorsorge für Mütter und Väter. Im Bereich der Schutzimpfungen ist die starke Wachstumsrate insbesondere auf die Ausgaben für Impfstoffe – insbesondere auf die vermehrte Abgabe von Impfstoffen gegen Gürtelrose, aber auch gegen FSME und Pneumokokken zurückzuführen.
Verwaltungskosten gesunken
Die Krankenkassen verzeichneten im 1. Quartal 2023 einen Zuwachs für Leistungsausgaben und Verwaltungskosten von 4,6 Prozent. Die Leistungsausgaben stiegen dabei um 5,3 Prozent, die Verwaltungskosten verminderten sich um 9,7 Prozent. Dabei schlägt sich der Inflationsdruck im Gesundheitswesen zunehmend auch in den regelhaften Vergütungsanpassungen in den verschiedenen Leistungsbereichen nieder. Der sehr deutliche Rückgang der Verwaltungskosten ist maßgeblich auf die im Vorjahresquartal gebildeten hohen Altersrückstellungen einer einzelnen Krankenkasse zurückzuführen und dürfte sich im weiteren Jahresverlauf wieder normalisieren.
Überschuss von 385 Millionen Euro für 2022
Nach den endgültigen Jahresrechnungsergebnissen für 2022 erzielten die gesetzlichen Krankenkassen im vergangenen Jahr einen Überschuss von rund 385 Millionen Euro. Damit fällt der Überschuss etwas geringer aus als noch in den vorläufigen Rechnungsergebnissen für 2022 ausgewiesen. Ursächlich hierfür sind insbesondere die von den Krankenkassen gebuchten zusätzlichen Aufwendungen zur Finanzierung der Kosten des Pflegebudgets im Krankenhausbereich.
Weitere Entwicklung
Aus den vorliegenden Finanzdaten für das erste Quartal können noch keine validen Rückschlüsse auf die Einnahmen- und Ausgabenentwicklung im Jahr 2023 gezogen werden. So ist bei der Interpretation der Daten des 1. Quartals grundsätzlich zu berücksichtigen, dass die Ausgaben in vielen Leistungsbereichen, insbesondere bei Ärzten und Zahnärzten, von Schätzungen geprägt sind, da Abrechnungsdaten häufig noch nicht oder nur teilweise vorliegen. Zudem konnten in Folge des Cyberangriffes auf einen großen IT-Dienstleister im GKV-System für einzelne Kassen und einzelne Leistungsbereiche die Abrechnungen am aktuellen Rand nicht in gleichem Umfang wie in den vergangenen Jahren in der Erstellung der vorläufigen Rechnungsergebnisse berücksichtigt werden. Die Finanzergebnisse für das 1. Halbjahr 2023 werden Ende August vorliegen.
Quelle: BMG
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