Beim 7. Nationalen Biobanken-Symposium kamen rund 300 Experten in Berlin zusammen, um sich auf die Anforderungen der Zukunft vorzubereiten. Biobanken tragen dazu bei, innovative diagnostische Methoden und Therapien für die Behandlung von Patienten zu entwickeln. Für die biomedizinische Forschung sind sie unverzichtbar. Die Mitarbeiter, die sich um die Proben in diesen Einrichtungen kümmern, sind zum großen Teil MTLA. Sie müssen sich auf neue Herausforderungen einstellen und weiterbilden, denn in der Ausbildung haben die meisten nichts zu diesem Thema gelernt. Priv.-Doz. Dr. Sara Y. Nußbeck, Leiterin der Biobank in der Universitätsmedizin Göttingen (UMG), hielt auf dem Symposium einen Vortrag über Möglichkeiten des E-Learnings für diese Berufsgruppe. Im Interview mit MTA Dialog gibt die Molekularbiologin Antworten auf spannende Fragen in diesem noch jungen Forschungsbereich.
Wie sind Sie zum Biobanking gekommen?
Nach dem Studium in Rheinbach und Aberdeen promovierte ich in der Zellulären und Molekularen Immunologie in Göttingen. Danach habe ich im Institut für Medizinische Informatik in Göttingen im Bereich Datenmanagement für die biomedizinische Forschung geforscht und diesen Bereich später auch geleitet. Nach einer dreiwöchigen Biobanken-Weiterbildung 2011 an der Universität Luxemburg und einem dreimonatigen Forschungsaufenthalt 2013 an der University of British Columbia in Vancouver zum Thema „Qualitätsverbesserung bei Biobanken durch Ausbildung“, wurde ich 2015 Leiterin der UMG Biobank. Ferner bin ich Mitglied im ISBER Education and Training Committee. Seit Mai 2017 habe ich die Leitung der Arbeitsgruppe „Education and Training“ für Biobank-TA (Anmerkung der Redaktion: Technische Assistenten im Biobanking) im Rahmen des Drittmittelprojektes German Biobank Alliance (GBA) übernommen.
Welche Arbeiten üben Sie heute genau aus, was macht Ihnen besonders Freude?
In meiner Position als Leiterin der UMG Biobank bin ich für den Aufbau und Betrieb dieser Serviceeinrichtung verantwortlich. Dazu gehört es, die Strategie und Ziele festzulegen, das Budget zu verantworten und die zehn Mitarbeiter zu führen. Es macht mir Freude, in einem motivierten Team zu arbeiten, gemeinsam die Forschung zu unterstützen und damit langfristig die Prävention, Diagnostik und Therapie von Krankheiten zu verbessern.
Wie hat sich der Themenkomplex Biobanken in den letzten Jahren entwickelt?
In Deutschland wurden in den letzten Jahren viele zentralisierte Biobanken aufgebaut. Dabei ist das Umdenken bei den Forschern in Richtung der Vorteile zentraler Biobanken noch nicht komplett abgeschlossen. Mittlerweile sieht man Biobanken als ein Netzwerk, in dem Aspekte wie Einwilligungserklärungen, Dokumentation und Prozesse standardisiert gehandhabt werden sollten, um vergleichbare Proben und Daten zu erhalten. Mit der im August 2018 veröffentlichten DIN ISO 20387 wird es ab Sommer 2019 auch eine Möglichkeit geben, sich für diesen Bereich akkreditieren zu lassen.
Wie sind MTLA oder Biobank-TA mit Aufgaben hier eingebunden?
MTLA sind diejenigen, die mit den Proben arbeiten: Prozessieren, Einlagern, Auslagern, Qualitätssicherung der Proben durchführen. Da sie direkt mit den Biomaterialien zu tun haben, nehmen sie entscheidend Einfluss auf die Qualität dieser Proben. Mit Weiterbildungsangeboten in diesen Themengebieten können wir also einen grundlegenden Baustein zur Verbesserung der Qualität dieser wichtigen Biomaterialien legen.
Wie schätzen Sie allgemein den Wissensstand bei MTLA bezüglich Biobanken ein?
Wir haben in einer Umfrage herausgefunden, dass selbst die MTLA, die in Biobanken arbeiten, vieles nicht genau wissen. Bei Führungen verschiedener Institute und Kliniken durch unsere zentrale Biobank stellte sich heraus, dass viele Mitarbeiter der Universitätsmedizin, auch MTLA, ebenfalls nicht darüber informiert waren, was eine Biobank ist und welche Aufgaben ihr obliegen. Nach einer Erklärung fanden es alle einleuchtend, dass es solche Einrichtungen gibt.
Wo besteht konkret der wichtigste Handlungsbedarf?
Aus meiner Sicht ist es für jedes Team essenziell, dass alle Mitglieder das große Ganze verstehen. Jeder trägt Detailwissen oder praktische Teile dazu bei. Oft werden MTLA nur als ausführendes Personal gesehen, das genau das tut, was man ihm vorgibt. Im Rahmen des GBA-Fortbildungsprogrammes für Biobank-TA erstellen wir ein Weiterbildungsprogramm entlang verschiedener Ausbildungsthemen. Wir wünschen uns eine Biobank-TA-Community, die sich austauscht – so wie das auf der Wissenschaftsebene völlig normal ist. Die TA sollen Hintergrundwissen erhalten, damit sie verstehen und nachvollziehen können, weshalb beispielsweise möglichst wenig Zeit zwischen Entnahme von Biomaterial aus dem Menschen bis hin zum Einfrieren vergehen sollte.
Wie und bei welchen Organisationen können TA sich weiterbilden, um den neuen Anforderungen gerecht zu werden und gegebenenfalls neue Karrieremöglichkeiten zu erhalten?
Es gibt aktuell keine Weiterbildungsprogramme für Biobank-TA in Deutschland. Wir haben durch unser Drittmittelprojekt bereits Kontakt mit dem DVTA, dem Bamberger Morphologieverband und DIW-MTA gesucht, um das Interesse abzufragen.
Welches Angebot haben Sie an die MTLA?
Aktuell entwickeln wir Online-Lernmodule, die TA in Eigenregie durcharbeiten können, um sich damit weiterzubilden. Diese Module werden vorerst den TA der GBA-Community zugänglich gemacht. Später ist geplant, diese Lernmodule auch TA von anderen Biobanken zur Verfügung zu stellen. Parallel dazu erstellen wir eintägige On-Site-Trainings zu praktischen Themen. Im Januar wurde eine Schulung zum Thema „DNA-Isolation aus Blut“ durchgeführt. Eine andere Veranstaltung fokussierte das Thema „Gewebeschnitte herstellen“. All diese Treffen sind im Moment den GBA-TA vorbehalten, sie könnten nach Ende des Projektes jedoch auch anderen TA angeboten werden.
Entnommen aus MTA Dialog 6/2019
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