Diabetes: auch nicht-kodierende DNA hat Einfluss

ONECUT1-Gen
mg
Pankreasinseln
Pankreasinseln wurden im Labor aus Stammzellen generiert, die die Mutationen des Patienten tragen. Dabei wird deutlich, dass Insulin-produzierende Beta-Zellen (in grün) in den veränderten Inseln seltener vorkommen. © doi.org/10.1016/j.celrep.2
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Dass auch Veränderungen im Erbgut Diabetes auslösen können, ist bekannt. Doch dies betrifft nicht nur die kodierende DNA, wie Forschende nun herausfinden konnten.

Bereits 2021 konnten Forschende des Universitätsklinikums Ulm zeigen, dass Mutationen im Gen ONECUT1 eine Schlüsselrolle bei der Entwicklung bestimmter Diabetes-Formen spielen. Sowohl Diabetes Typ 1 als auch Varianten von Typ 2 gehören hier zu. ONECUT1 ist bedeutend für die Entwicklung von Beta-Zellen und damit für die Insulinproduktion in der Bauchspeicheldrüse. Ein Patientenfall hat Forschende aus Paris gemeinsam mit den Forschenden aus Ulm nun dazu gebracht, sich die Veränderungen von ONECUT1 genauer anzusehen. Dabei betrachteten sie sowohl die kodierende, als auch die nicht-kodierende Region der DNA. 

Patientenfall

Der betreffende Patient war bereits im Säuglingsalter an einer seltenen Form von Diabetes erkrankt. Ursache war eine Mutation im ONECUT1-Gen. Er war bei Geburt bereits deutlich kleiner, leichter und wies Fehlbildungen an den Füßen auf sowie keine Gallenblase und eine deutlich kleinere Bauchspeicheldrüse. Sein Zustand verschlechterte sich im Teenageralter und er litt an schweren Magen-Darm-Blutungen und fortschreitender Leberzirrhose. Er verstarb letzlich als junger Mann an einer Komplikation seiner Erkrankung. Sowohl die behandelnden Ärzte als auch die Forschenden konnten sich die schwere der Erkrankung nicht allein durch die Rolle von ONECUT1 erklären.

Wichtige nicht-kodierende Region für Diabetes

Daher wurden humane Stammzellen genetisch so verändert, dass die spezifischen Mutationen des Patienten widergespiegelt werden konnten. Die daraus entstandenen Vorläuferzellen der Bauchspeicheldrüse  wurden unter anderem mithilfe der Nanopore-Sequenzierung untersucht. Zudem wurde die räumliche Struktur des Chromatins untersucht und die Genschere, um gezielt eine nicht-kodierende Region zu entfernen und damit deren Einfluss zu ermitteln.

Die nicht-kodierende DNA gilt zwar als „Junk-DNA“, enthält aber Elemente zur Steuerung der Genaktivität. Und genau an dieser Stelle fehlte beim Patienten ein Stück des Erbguts. „Wir fanden heraus, dass dem Patienten an dieser Stelle ein Stück des Erbgutstrangs fehlte. Dabei handelte es sich um einen ‚Enhancer‘ – ein Element, das die Transkription der DNA in RNA fördert und somit die Genaktivität verstärkt“, erklärt Dr. Sandra Heller. Damit beeinflusst es dennoch die Aktivität von ONECUT1. Eine gleichzeitig stattfindende amerikanische Studie bestätigt die Daten dieser Studie. Hier wurde die Entdeckung durch ein CRISPR-Screening gemacht.

Personalisierte Behandlung

Die neue Entdeckung verbessert die Möglichkeit personalisierter Diabetesbehandlungen. Erste Tests an den Zellen, die die Mutationen des Patienten nachbilden, mit bei Typ-2-Diabetes eingesetzten Medikamenten zeigen bereits eine verbesserte Insulinsekretion. Dabei sind die Ergebnisse nicht nur bedeutend für einige wenige Patientinnen und Patienten seltener Formen von Typ-2-Diabetes, sondern auch für den weit verbreiteten Typ-2-Diabetes. Denn in der untersuchten Region zeigten sich auch Veränderungen, die mit einem erhöhten Risiko für diese weit verbreitete Form einhergehen.

Scheinbar nimmt das nicht-kodierende Genom eine weitaus wichtigere Rolle ein, als bisher gedacht. Nun müssen in der genetischen Diagnostik auch stärker solch regulatorische Elemente untersucht werden, um ganzheitlich die Mechanismen solcher Erkrankungen zu entschlüsseln.

Literatur: 
Merz, S., Heller, S., Kleger, A., Julier, C. et al. (2024). A ONECUT1 regulatory, non-coding region in pancreatic development and diabetes. Cell Reports, Volume 43, Issue 11, 2024;  DOI: 10.1016/j.celrep.2024.114853

Quelle: idw

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