In Deutschland leben etwa 6.000 bis 8.000 Menschen mit ALS, jedes Jahr werden ca. 2500 mehr Menschen mit ALS diagnostiziert. In der Regel kommt es innerhalb weniger Jahre zum Tod durch Atemlähmung, da sich falsch gefaltete Eiweiße in den Motoneuronen absetzen und diese nachhaltig schädigen. In 90 Prozent der Fälle ist unbekannt, wieso die Krankheit entsteht. Bei den restlichen 10 Prozent finden sich die Ursachen in Genmutationen. Eine der verantwortlichen Genmutationenführt zu einer Fehlfaltung des Proteins SOD1 – einem Eiweiß, das den Körper vor oxidativem Stress, also vor Schäden in den Zellen schützen soll.
Nutzen für alle ALS-Betroffenen
Ein Forschungsteam um Prof. Dr. Susanne Petri, Medizinische Hochschule Hannover, fand heraus, dass das Protein Makrophagen-Migrationsinhibitions-Faktor (MIF) hier Einfluss nehmen kann. Als Signalmolekül gegen Entzündungsprozesse kann es verhindern, dass sich SOD1 in den Motoneuronen anhäuft. Eine aktuelle Studie konnte nun zeigen, dass dieser Ansatz scheinbar wichtig ist in allen ALS-Formen. MIF kann auch bei ALS-Betroffenen mit anderen genetischen und sogar sporadischen Ursachen das Voranschreiten der Erkrankung verlangsamen.
MIF übernimmt unterschiedliche wichtige Aufgaben. Es passt zum einen darauf auf, dass sich SOD1 richtig faltet und damit auch funktioniert. Es sorgt aber auch dafür, dass sich fehlgefaltete SOD1 nicht ansammelt und damit die Motoneuronen dauerhaft schädigt. Schon eine frühere Untersuchung zeigte, dass MIF im Rückenmark und Gehirn von ALS-Betroffenen in niedrigerer Konzentration vorliegt.
Nervenzellen schützen
Auch in der aktuellen Studie zeigte sich am Nervengewebe von ALS-Patientinnen und -Patienten, dass das entzündungshemmende MIF verringert vorliegt als bei Gesunden. Dies zeigte sich den Forschenden auch anhand von Zellkulturen, die sie aus Hautzellen der ALS-Patientinnen und -Patienten erstellten. Sie versetzten die Hautzellen in den Urzustand zurück, damit sich diese iPS-Zelllinien in neuronale Vorläuferzellen und schließlich zu Motoneuronen entwickeln konnten. Dann kurbelten sie künstlich die Produktion von MIF wieder an und es zeigte sich, dass sich weniger SOD1 ablagerte.
Das Mausmodell bestätigte die neuen Erkenntnisse. Die Entzündungsreaktionen im Rückenmark der Mäuse gingen zurück, wodurch sich der gesamte Krankheitsverlauf verlangsamte und die Tiere länger überlebten. Klinische Studien müssten nun zeigen, ob sich diese neue Therapieoption auch am Menschen bestätigen lässt.
Quelle: idw
Artikel teilen