16. TMF-Jahreskongress 2025: Zukunft der genomischen Medizin
Kongresspräsidentin Prof. Dr. Dr. Melanie Börries vom Uniklinikum Freiburg machte deutlich, dass die genomische Medizin nur dann ihr volles Potenzial entfalten könne, wenn „Daten intelligent verknüpft, sicher geteilt, und standardisiert ausgewertet werden können. Dafür brauchen wir leistungsfähige Infrastrukturen, passende regulatorische Rahmenbedingungen und eine interdisziplinäre Zusammenarbeit.“ Der TMF-Jahreskongress bringt einmal jährlich Expertinnen und Experten aus Wissenschaft, Politik und Industrie zusammen, um Lösungen für die vernetzte digitale Forschung zu diskutieren.
Keynote: „Genomische Medizin in der Onkologie: aktuelle Landschaft, Chancen und Herausforderungen“
Im Fokus des ersten Kongresstags standen die notwendigen Frameworks und Infrastrukturen, die den Weg für eine genomische personalisierte Medizin in Deutschland ebnen sollen. Es gab spannende Einblicke in laufende Projekte, regulatorische Entwicklungen und technologische Innovationen in der Medizin. In ihrer Keynote zeigte Prof. Dr. Lena Illert von der Technischen Universität München z.B. auf, wie die genomische Medizin bereits heute die Krebsforschung und -behandlung verändert – und welche Voraussetzungen geschaffen werden müssten, damit das volle Potenzial dieser Ansätze in der Praxis bei den Patientinnen und Patienten ankommt.„Molekulare Tumorboards sind ein entscheidender Baustein der modernen Krebsmedizin. Sie ermöglichen eine präzise, interdisziplinäre Therapieentscheidung auf Basis molekularer Tumorprofile. Entscheidend ist, dass wir funktionelle Methoden und longitudinale Datenanalysen gezielt integrieren, um dynamische Krankheitsverläufe besser zu verstehen und die Behandlungsstrategien kontinuierlich anzupassen“, so Illert.
Framework für die genomische Medizin
Bei der Session 1 ging es um das Thema: Framework für die genomische Medizin. Expertinnen und Experten betonten, dass es verbindliche rechtliche, ethische und technische Rahmenbedingungen brauche, um Genomdaten sicher und standardisiert in der Patientenversorgung nutzen zu können. So stellte bspw. PD Dr. Andreas Till vom Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) das Modellvorhaben Genomsequenzierung vor. Es biete eine erste Blaupause für den verantwortungsvollen Einsatz genomischer Daten im Gesundheitssystem. Im Zentrum stehe eine Plattform, über die genomische und klinische Daten von Patienten mit onkologischen und seltenen Erkrankungen für Versorgung und Forschung nutzbar gemacht werden. „In den nächsten fünf Jahren planen wir, 100.000 Patienten einzuschließen“, so Till. Demnächst stehe auch die Anbindung an den European Health Data Space (EHDS) und die Verknüpfung mit den Landeskrebsregistern an.
European Health Data Space (EHDS)
Zum Abschluss des ersten Kongresstages wurde der European Health Data Space (EHDS) in den Blick genommen. Dieser soll den grenzüberschreitenden Austausch von Gesundheitsdaten in Europa vorantreiben. Diskutiert wurden die regulatorischen und technischen Anforderungen, die nötig sind, um eine sichere und effiziente Nutzung genomischer und klinischer Daten zu ermöglichen. Der EHDS biete große Chancen für Forschung und Versorgung, stelle aber auch hohe Anforderungen an Datenschutz und Interoperabilität, hieß es. Ziel sei es, eine europäische Dateninfrastruktur zu schaffen, die Innovationen fördere, ohne dabei ethische und rechtliche Bedenken außer Acht zu lassen.
Dr. Heiko Waldmüller und Lukas Wrosch von der gematik GmbH stellten in ihrem Vortrag „EHDS: Was kommt auf uns zu?“ die Pläne für eine die grenzüberscheitende Versorgung und für die Sekundärnutzung von Daten im EHDS vor. Dafür werden im Rahmen der EU-Vorbereitungsprojekte Xt-EHR und TEHDAS2 Festlegungen von Standards, Leitlinien und technische Spezifikationen für Datenhalter, Datennutzer und Gesundheitsdaten-Zugangsstellen erstellt. Das Bundesministerium für Gesundheit hat als für Deutschland zuständige Behörde die TMF ebenso wie das BfArM und die Gematik für das Vorhaben mit ins Boot geholt. „Um den EHDS aufzusetzen, sind noch einige Herausforderungen zu lösen“, betonte Sebastian C. Semler von der TMF bei seinem Vortrag mit dem Titel: „EHDS/GDNG aus Sicht der TMF – was braucht's?“. „Dazu gehören unter anderem die Infrastruktur für die deutsche EHDS-Anschluss-Architektur, die Umsetzung des Opt-Out oder das Zusammenspiel mit der nationalen Gesetzgebung.“ Waldmüller und Wrosch riefen dazu auf, „sich am derzeit laufenden Stakeholderdialog zu beteiligen und an der Ausgestaltung mitzuwirken.“
Quelle: TMF e.V.
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