Tuberkulosetherapie: Vorhersage von Nebenwirkungen
Nach wie vor ist die Tuberkulose eine der weltweit führenden tödlichen bakteriellen Infektionskrankheiten. Gleichzeitig bereiten die Multiresistenzen zunehmend Sorgen. Jedes Jahr erkranken laut Forschungszentrum Borstel weltweit schätzungsweise 410.000 Menschen an einer multiresistenten Form der Tuberkulose. In der Behandlung kommt es bei rund einem Viertel der Patientinnen und Patienten zu Linezolid-assoziierten unerwünschten Arzneimittelwirkungen (UAW), darunter auch zu Nervenerkrankungen, wie periphere Neuropathien und Optikusneuropathien. Diese können die Lebensqualität der Betroffenen erheblich beeinträchtigen, die Therapieadhärenz schwächen und damit den Behandlungserfolg gefährden. Bislang sind die zugrundeliegenden Mechanismen von Linezolid-assoziierten UAW nicht vollumfänglich bekannt.
Risiko von Linezolid-assoziierten Neuropathien vorhersagen?
In der neuen Arbeit wurde nun untersucht, ob das Risiko von Linezolid-assoziierten Neuropathien bereits vor Therapiebeginn mittels sogenannter Transkriptomanalysen ersichtlich ist und vorhergesagt werden könnte. Dr. Maja Reimann vom Forschungszentrum Borstel, Leibniz Lungenzentrum (FZB) ist Expertin auf dem Gebiet, diese Informationen der Zellen auszulesen, sie zu verarbeiten und mit mathematischen Verfahren und Modellen auf wenige Informationseinheiten zu reduzieren. So entwickelt sie Biomarker, um klinische Ereignisse vorherzusagen. In einem Team von Forschenden, Ärztinnen und Ärzten hat sie gemeinsam mit Nika Zielinski, Doktorandin in der Gruppe klinische Infektiologie am Forschungszentrum Borstel, nun einen Biomarker entdeckt, der das zukünftige Auftreten von einer schweren Nebenwirkung der Tuberkulosetherapie vorhersagen kann.
Nutzung eines „machine learning“ Algorithmus
Hierzu wurden Daten von Tuberkulosepatienten ausgewertet, die im Rahmen von Studien des Deutschen Zentrums für Infektionsforschung (DZIF) von dem Borsteler Team seit 2015 erhoben wurden. Neben der systembiologischen Bestimmung von Genen und Stoffwechselwegen, die bereits vor dem Therapiestart bei Patientinnen und Patienten mit und ohne Linezolid-assoziierten Neuropathien signifikant hoch- oder runterreguliert waren, wurde ein „machine learning“ Algorithmus entwickelt. Dabei wurde das Molekül Suprabasin (SBSN) als Biomarker für die Vorhersage der Nervenerkrankungen identifiziert. Das Team untersuchte anschließend den Biomarker in einer unabhängigen Gruppe von TB-Erkrankten. Auch in dieser Kohorte konnte demnach das Auftreten der Nebenwirkungen durch Suprabasin vorhergesagt werden. Der Bereich unter der Kurve für die Vorhersage von Neuropathien des Grades 3 oder höher durch den Biomarker-Algorithmus betrug 0,63 (schlecht; 95%-Konfidenzintervall: 0,42 – 0,84). „Die Genauigkeit für die Vorhersage von Neuropathien unter einer Tuberkulosetherapie mit Linezolid mittels des Biomarkers Suprabasin ist nicht überragend, es ist aber der erste Biomarker überhaupt, mit dem man das Risiko abschätzen kann, diese Nebenwirkungen unter einer Therapie zu entwickeln“, sagt denn auch Nika Zielinski, die Erstautorin der Studie. Größere Studien in diverseren Bevölkerungsgruppen seien notwendig, betonen die Forscher.
Quelle: FZ Borstel
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