Mithilfe der sogenannten Tomoelastografie konnten Forschende der Charité – Universitätsmedizin Berlin jetzt die mechanischen Eigenschaften von Lebertumoren aufzeigen. Lebertumoren stellen weltweit die fünfthäufigste aller Tumorerkrankungen dar – mit steigender Tendenz. Menschen, bei denen die Leber eine höhere Steifigkeit aufweist, die Leber also eine feste Konsistenz besitzt, haben ein höheres Risiko, dass sich ein bösartiger Lebertumor entwickelt. Die Vermehrung von Bindegewebe in der Leber, die sogenannte Leberfibrose, oder die Vernarbung des Organs, die sogenannte Leberzirrhose, können eine Verhärtung der Leber verursachen. Über die Rolle der Wechselwirkungen zwischen festem und flüssigem Gewebe und ihre Auswirkungen auf die Entstehung von bösartigen Lebertumoren war bislang wenig bekannt. Die Forschungsgruppe um Prof. Dr. Ingolf Sack von der Klinik für Radiologie am Campus Charité Mitte hat nun erstmals die Verbindung zwischen der mechanischen Konsistenz der Leber und den in diesem Organ wachsenden Tumoren mittels der Tomoelastografie entschlüsselt.
Detailgetreue Abbildung der Konsistenz
„Die Tomoelastografie – eine Verbindung der Begriffe Tomografie, der Schnittbildgebung, und Elastizität, der Spannkraft – eignet sich zur detailgetreuen Abbildung der Konsistenz von Tumoren“, erklärt Prof. Sack, der mit seinem Team die neue Methode entwickelt hat. Patientinnen und Patienten werden dabei mit dem MRT untersucht und währenddessen für circa fünf Minuten mit akustischen Wellen beschallt. Dadurch ist es möglich, die Ausbreitung von mechanischen Wellen in der Leber sichtbar zu machen. Diese diagnostische Methode ist besonders empfindlich für Veränderungen der Fest-Flüssig-Eigenschaften von weichen Gewebeteilen und kann somit Lebertumoren differenziert darstellen.
Ungewöhnliches Materialverhalten identifiziert
Das zentrale Ergebnis der jetzigen Studie: Bösartige Lebertumoren zeichnen sich durch sowohl steife als auch flüssige Gewebeeigenschaften aus. Das umgebende Gewebe hat überwiegend feste Eigenschaften. Bislang hatte man angenommen, dass alle Tumoren steif sind. „Das von uns identifizierte ungewöhnliche Materialverhalten stellt möglicherweise ein allgemeines Muster zur Ausbreitung von Tumoren dar“, sagt Mehrgan Shahryari, Erstautor der Studie, und fügt hinzu: „Unsere Erkenntnisse könnten in Zukunft dazu beitragen, besser zwischen gut- und bösartigen Tumoren zu unterscheiden. Und das ganz ohne invasive Eingriffe. Bis dahin sind allerdings weitere umfangreiche Studien zur Robustheit und Genauigkeit der Tomoelastografie bei Tumoren notwendig.“
Informationen zur Studie
Die Studie wurde im Rahmen des vom Bundesministerium für Bildung und Forschung geförderten Projekts „Liver Systems Medicine (LiSyM)“, des Graduiertenkollegs „BIOphysical Quantitative Imaging Towards Clinical Diagnosis (BIOQIC)“ sowie des Sonderforschungsbereichs „In vivo Darstellung pathologischer Veränderungen der Extrazellulärmatrix – Matrix in Vision“ durchgeführt. Die Charité ist Sprecherin dieses deutschlandweit ersten Sonderforschungsbereichs in der diagnostischen Radiologie.
Shahryari M, Tzschätzsch H, Guo J, et al.: Tomoelastography distinguishes non-invasively between benign and malignant liver lesions. Cancer Res. 2019 Sep 24. DOI: 10.1158/0008-5472.CAN-19-2150.
Quelle: idw/Charité – Universitätsmedizin Berlin
Artikel teilen