Der Fachkräftemangel ist eines der größten Probleme
Es sei wichtig, dass das Thema Fachkräftemangel von allen Parteien auf die Agenda der nächsten Bundesregierung genommen wurde, sagte der Kongresspräsident, Landrat Thomas Reumann. Auch bei der Ausbildung von Pflegekräften bräuchten die Kliniken mehr Unterstützung. Kliniken, die ausbildeten, dürften durch den Anrechnungsschlüssel von 9,5 Auszubildenden auf eine Vollkraft nicht länger belastet werden. „Die jetzt schon problematische Personalsituation mit rund 10.000 freien Stellen macht zudem deutlich, dass starre Personalvorgaben nicht weiterhelfen.“
Reumann, der auch Präsident der Deutschen Krankenhausgesellschaft ist, sprach sich außerdem für ein Zurückfahren der Bürokratie aus. „Pro Tag verbringt ein Arzt vier Stunden mit bürokratischen Tätigkeiten, eine Pflegekraft drei Stunden. Zeit, die für die Pflege und die ärztlichen Leistungen fehlen. Wir brauchen ein Programm, das sich echte Entbürokratisierung zum Ziel setzt. Vor allen Dingen muss überprüft werden, welche Dokumentationspflichten mittlerweile durch neue Vorgaben überholt sind.“
Thomas Reumann: „Wir brauchen ein Programm, das sich echte Entbürokratisierung zum Ziel setzt.“
Auch Irene Maier, Repräsentantin des Deutschen Berufsverbandes für Pflegeberufe und der Arbeitsgemeinschaft christlicher Schwesternverbände und Pflegeorganisationen in Deutschland, appellierte an eine künftige Regierung, die notwendigen Reformen in der Pflege endlich durchzusetzen – notfalls auch auf Kosten der schwarzen Null. „Für Absichtserklärungen und halbherzige Reförmchen haben wir keine Zeit mehr.“ Die Parteien hätten im Bundestagswahlkampf mit vollmundigen Absichtserklärungen um die Stimmen der Pflegenden geworben. „Sie haben ihnen eine bessere Bezahlung, eine bessere personelle Besetzung auf den Stationen sowie zeitgemäße Aus- und Weiterbildungsmöglichkeiten in Aussicht gestellt – und damit genau die Handlungsfelder angesprochen, auf die die Pflegeberufsverbände die Politik seit mehr als zehn Jahren eindringlich hinweisen.“ Auch Maier wendet sich gegen starre Personalvorgaben. „Die Krankenhäuser müssen ihren Personalbedarf in puncto Anzahl und Qualifikation entsprechend dem tatsächlichen Bedarf flexibel planen können, nicht nur in den pflegeintensiven Bereichen“, so Maier. Dass bestimmte Untergrenzen, etwa eine Doppeltbesetzung im Nachtdienst, nicht unterschritten werden sollten, stehe dabei außer Frage. Doch die Einstellung zusätzlicher, unterschiedlich qualifizierter Pflegefachpersonen und eine angemessene Entlohnung der Pflegefachpersonen entsprechend ihrer Qualifikation gebe es nicht zum Nulltarif. „Auch wenn es unsexy ist: Wir brauchen grundlegende strukturelle Reformen. Und die kosten nun einmal Geld, schwarze Null hin oder her.“
Irene Maier: „Für Absichtserklärungen und halbherzige Reförmchen haben wir keine Zeit mehr.“
Prof. Dr. med. Hans-Fred Weiser, Präsident des Verbandes der leitenden Krankenhausärzte Deutschlands (VLK), kritisierte die tiefen Gräben zwischen den einzelnen Bereichen im Gesundheitswesen. „Es gibt hierfür keinen sachlich zwingenden und nachvollziehbaren Grund“, erklärte der VLK-Präsident. „Wir sollten vor dem Hintergrund der offensichtlich bestehenden Vorteile mit der konkreten Umsetzung der sektorenübergreifenden Versorgung in Teilbereichen in der kommenden Legislaturperiode beginnen.“ Weiser bezeichnete hierfür vor allem den Bereich der Nofallversorgung als ein geeignetes Projekt.
Nach Ansicht von Dr. Josef Düllings, Präsident des Verbandes der Krankenhausdirektoren Deutschlands (VKD), könnten die stetig anwachsenden Probleme durch das Drehen an kleinen „Schräubchen“ nicht mehr gelöst werden. „Nötig ist ein Zukunftskonzept Deutsches Krankenhaus, das von Bund und Ländern getragen wird und endlich mit der Lösung der bekannten Grundsatzprobleme beginnt“, erklärte Düllings. Er forderte die Umsetzung der Digitalisierung in allen Krankenhäusern in den nächsten fünf Jahren. „Das wird nach Schätzungen zwei Milliarden Euro jährlich kosten.“ Dieses Geld werde aber dazu beitragen, viele der aktuellen Probleme zu lösen und sei auf jeden Fall unabdingbar zur Behebung des aktuellen Personalmangels sowie für die angestrebte Vernetzung der Gesundheitsversorgung. Die Politik habe das inzwischen erkannt. Nun müsse sie den nächsten Schritt tun. Eine gute Gesundheitsversorgung sei eine wichtige Infrastrukturleistung für die Bürger.
Düllings sprach außerdem die unzureichende Investitionsfinanzierung durch die Bundesländer an. Er forderte eine Erhöhung der Regelinvestitionen auf über sechs Milliarden Euro pro Jahr. „Wer dem Ärzte- und Pflegekräftemangel begegnen will, wer mehr Versorgungsqualität und höhere Wirtschaftlichkeit will, muss jetzt mehr investieren. Die Kassenlage von Bund, Ländern und Krankenkassen gibt es her. Daher sollte der bestehende Strukturfonds deutlich aufgestockt und zeitlich verlängert werden. Allein werden die Kliniken den Strukturwandel nicht schaffen“, so der VKD-Präsident.
Krankenhäuser in einer neuen Zeit
Der 40. Deutsche Krankenhaustag bot den Besuchern im Rahmen der Medizinmesse „Medica“ vom 13. bis 16. November in Düsseldorf unter dem Generalthema „Krankenhäuser in einer neuen Zeit“ zahlreiche gesundheitspolitische und praxisorientierte Veranstaltungen: Digitalisierung, Qualitätssicherung, Pflegeausbildung nach der Reform, Krankenhauscontrolling, sektorübergreifende Notfallversorgung, Medizinische Versorgungszentren, Patientenzufriedenheit, Brandschutz im Krankenhaus und Novellierung der Gebührenordnung für Ärzte. Der thematische Schwerpunkt am letzten Kongresstag war die europäische Krankenhausversorgung.
Entnommen aus MTA Dialog 12/2017
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