Bislang hat jede Praxis im Mittel mehr als 1.300 Euro für persönliche Schutzausrüstung und weitere Hygienemaßnahmen wie Plexiglastrennwände zum Infektionsschutz gegen die COVID-19-Pandemie aufgewendet. Die erweiterten Hygienemaßnahmen haben die gewohnten Arbeitsabläufe im Praxisalltag in knapp 90 Prozent aller Praxen verändert. Dies war insgesamt mit über sechs Stunden durchschnittlicher wöchentlicher Mehrarbeit verbunden. Zur Umsetzung der Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) mussten Praxen 2018 im Schnitt 2.487 Euro für Maßnahmen aufwenden. 2019 sind diese Aufwendungen um rund 18 Prozent auf 2.932 Euro gestiegen.
Insgesamt schlugen die Kosten für IT in den Praxen 2019 mit rund 6.000 Euro pro Jahr zu Buche, die Steigerung betrug hier 60 Prozent gegenüber 2017. Für das Terminmanagement sind den Aufwendungen für IT und Mitarbeiterschulung zur Terminvergabe in Höhe von 885 Euro entstanden. Dabei verursachten kurzfristig nicht wahrgenommene Termine Ausfälle, insbesondere in der fachärztlichen und psychotherapeutischen Versorgung, deren entgangene Honorare auf durchschnittlich rund 3.500 Euro im vergangenen Jahr geschätzt werden.
Lieferengpässe bei Arzneimitteln
Das sind die zentralen Ergebnisse einer aktuellen Umfrage zu besonderen Kosten im Praxismanagement, die das Zentralinstitut für die kassenärztliche Versorgung (Zi) veröffentlicht hat. „Die deutlichen Mehrkosten, die die Vertragsärzte und Psychotherapeuten durch das COVID-19-Pandemiemanagement sowie die Umsetzung von TSVG, DSGVO und anderen gesetzlichen Vorgaben schultern müssen, belasten den ambulanten Bereich in einer Zeit, in der viele Praxen am Anschlag arbeiten und die Budgets auf Kante genäht sind. Alleine diese zusätzlichen Kostenbelastungen sind geeignet, die für 2020 vereinbarte Preisanpassung für ärztliche Leistungen von 1,5 Prozent oder rechnerisch 3.900 Euro pro Praxis weitestgehend zu absorbieren – sofern diese Zahlungen bei pandemiebedingt rückläufigen Fallzahlen in den Praxen überhaupt ankommen. Damit sind etwa steigende Personalkosten der Praxen noch gar nicht berücksichtigt. Zum Vergleich: Die Kliniken haben gerade erst ein vier Milliarden schweres Gesetzespaket zur Finanzierung von IT-Kosten zugestellt bekommen, obwohl die Niedergelassenen die Hauptlast der Versorgung während der Corona-Pandemie tragen. Wer den ambulanten Schutzwall lobt, sollte die Mehraufwendungen der Praxen auch vollständig vergüten“, forderte der Zi-Vorstandsvorsitzende Dr. Dominik von Stillfried.
Lieferengpässe bei Impfstoffen
Die Ergebnisse der Zi-Erhebung zeigen außerdem, dass mehr als 80 Prozent der befragten Praxen von Lieferengpässen von Arzneimitteln betroffen waren, besonders in der hausärztlichen Versorgung. Im Durchschnitt mussten bei 138 Patienten im ersten Quartal 2020 Arzneimittelverordnungen aufgrund von Lieferengpässen geändert oder neu ausgestellt werden. „Lieferengpässe bei Arzneimitteln betreffen demnach fast ein Viertel der Patienten mit einer Verordnung in den Hausarztpraxen. Für die Praxen bedeutet das einen Mehraufwand von rund vier Stunden pro Woche für die Suche nach geeigneten Alternativpräparaten oder die Medikationsumstellung. Aber auch für Patienten kann dies unerfreuliche Konsequenzen haben. Die teilnehmenden Praxen berichten, dass in etwa 10 Prozent der Lieferengpässe das Therapieziel nicht erreicht werden konnte“, sagte von Stillfried.
Über 90 Prozent der an der Zi-Erhebung teilnehmenden Hausarztpraxen berichten zudem über Lieferengpässe bei Impfstoffen und über einen zusätzlichen Zeitaufwand von 2,3 Stunden pro Woche.
Im Erhebungszeitraum vom 2. Juli 2020 bis 31. August 2020 haben knapp 1.900 Praxen an der Online-Befragung teilgenommen. Ausgewertet wurden 1.744 Rückmeldungen, davon 455 Hausärzte, 774 Fachärzte und 515 Psychotherapeuten.
Quelle: Zi, 06.10.2020
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