Wie HIV sein Überleben sichert
Bis dato gibt es keine Heilung für HIV. Weltweit gibt es zwar Fälle, in denen Betroffene vom Virus geheilt werden konnten (weltweit rund 10 Menschen), die dahinterstehenden Prozesse sind jedoch unklar. Nun konnten Forschende neue Erkenntnisse darüber gewinnen, wie das HI-Virus vorgeht und wirtseigene Prozesse nutzt, um das eigene Überleben zu sichern. Dafür analysierte das Team des Helmholtz-Instituts für RNA-basierte Infektionsforschung (HIRI) die molekularen Wechselwirkungen zwischen Virus und Wirt.
Wichtige Leseraster entdeckt
Wie andere Viren auch, kann HIV-1 nicht eigenständig Proteine produzieren. Dafür sind die Viren auf die Wirtszellen angewiesen, um mittels des dortigen Translationsprozesses aus einer Boten-RNA (mRNA) Proteine zu bilden. In der nun veröffentlichten Studie untersuchten die Forschenden die virale und zelluläre Translation und Pausen der viralen Vermehrung, um sie detailreich zu kartieren. Dafür wurden Ribosomen-Profiling, RNA-Sequenzierung und RNA-Strukturanalysen kombiniert.
Dabei entdeckten die Forschenden unbekannte Elemente in der viruseigenen RNA. Sie fanden vorgelagerte (upstream open reading frames, uORF) und interne, offene Leseraster (iORF, internal open reading frames). Solche Teile sind Sequenzen in der DNA, die potenziell Proteine codieren können. „uORFs und iORFs können als Regulatoren wirken, die eine präzise Steuerung und ein genaues Timing der Proteinsynthese sicherstellen“, erläutert Anuja Kibe, Postdoktorandin am HIRI und Erstautorin der Studie. Sie können demnach entscheidend dazu beiträgen, die Proteinproduktion zu kontrollieren.
Kritische Stellen des viralen Genoms
Der zweite wichtige Fund war eine komplexe RNA-Struktur in der Nähe einer kritischen Stelle der Leserasterverschiebung des viralen Genoms. Die Stelle ist wichtig für die Produktion zweier Schlüsselproteine, Gag und Gag-Pol. Diese Proteine sind verantwortlich für die Bildung infektiöser Partikel und die Vermehrung des Virus und das korrekte Mengenverhältnis. Diese neu entdeckte RNA-Struktur fördert nicht nur diese Stelle zur Gag- und Gag-Pol-Regulierung, sondern hält auch die Effizienz der Leserasterverschiebung aufrecht. „Unser Team konnte außerdem nachweisen, dass die gezielte Ansprache dieser RNA-Struktur mit Antisense-Molekülen die Effizienz der Leserasterverschiebung um nahezu 40 Prozent reduzieren kann, was eine vielversprechende Grundlage für die Entwicklung antiviraler Medikamente bietet“, berichtet Neva Caliskan, korrespondierende Autorin.
Übernahme der Wirtszellen
Zudem schafft es HIV-1, die wirtseigene Proteinproduktion zeitweise zu unterdrücken und damit die eigene Produktion zu priorisieren. Auch unter Stressbedingungen das Virus so die eigenen Bedürfnisse durchsetzen und die Prozesse der Wirtszellen erfolgreich übernehmen. Auch Kollisionen der Ribosomen an bestimmten Stellen der RNA sind nicht zufällig, sondern kontrollierte Pausen, die beeinflussen können, wie Ribosomen mit nachgelagerten RNA-Strukturen interagieren.
Quelle: idw
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