Eine Patientin, die unter anhaltender Müdigkeit litt, besuchte 28 Hausärzte und bewertete die Qualität von Anamnese, Untersuchung, Diagnose und Beratung sowie die Arzt-Patient-Beziehung im Erstgespräch. Mit einer Durchschnittsnote von 3,1 schnitten die Hausärzte insgesamt mittelmäßig ab, dennoch waren sie besser als die meisten anderen Facharztgruppen.
Rund 15 Prozent der Hausärzte arbeiteten hervorragend und erhielten die Schulnote 1, ebenso viele wurden jedoch mit der Note 5 bewertet. Die Note 2 oder 3 erreichten 50 Prozent der besuchten Ärzte. Die Arbeit des übrigen Fünftels war mit der Note 4 lediglich ausreichend.
Vier Hausärzte bekommen die Note 1 wegen ihrer hervorragenden Arbeit, sie erhoben eine somatische sowie auch psychosoziale Anamnese, das Gespräch zur Erfassung der Krankengeschichte, und erfüllten fast alle Kriterien. Neben der sorgfältigen Anamnese führten sie eine gründliche körperliche Untersuchung durch und empfahlen eine Blutuntersuchung, um nichts zu übersehen. Im Gegensatz dazu bekamen vier Ärzte die Note mangelhaft aufgrund der oberflächlichen Erhebung der Anamnese.
Unterschiedliche Herangehensweisen
Die Krankengeschichte der Patientin wurde nur von einem Drittel der Ärzte im ersten Gespräch einigermaßen ausführlich erfasst und die psychosozialen Aspekte in die Diagnosefindung einbezogen. Hier unterschied sich die Leistung von Allgemeinmedizinern deutlich von der hausärztlich tätiger Internisten. Möglicherweise hätten die anderen Ärzte diese Aspekte aber beim zweiten Besuch erfragt, den 27 der 28 Ärzte auch vorschlugen oder gleich vereinbarten.
Fachärzte für Allgemeinmedizin fragten die Patientin häufiger auch schon im Erstbesuch nach ihrer psychosozialen Situation, während Internisten sich stärker auf die somatischen Aspekte konzentrierten, organbezogen schauten und entsprechende Untersuchungen vorschlugen. Ultraschall, EKG und Sauerstoffsättigung wurden öfter von Internisten empfohlen, keiner der Allgemeinmediziner empfahl diese Untersuchungen oder führte sie durch.
Unterschiede wurden auch bei der Herangehensweise weiblicher und männlicher Mediziner festgestellt. Ärztinnen fragten die Patientin aktiver nach ihrer Vorgeschichte, ihren Lebensumständen und möglichen Belastungen. Diese Beobachtung deckt sich mit bisherigen Untersuchungen der Gender-spezifischen Arzt-Patient-Interaktion.
Medizinerinnen schnitten besser ab
Medizinerinnen schnitten beim Ärzte-Check mit einer Durchschnittsnote von 2,3 sehr viel besser ab als ihre männlichen Kollegen mit 3,7. Während nur 7 Prozent der weiblichen Ärzte mangelhaft bewertet wurden (Note 5), liegt dieser Anteil bei den männlichen Ärzten bei 21 Prozent. Umgekehrt ist es mit der Häufigkeit der guten Noten: Mehr als die Hälfte der Ärztinnen schnitt mit sehr gut bis gut ab, nur 7 Prozent der männlichen Ärzte erbrachten gute Leistungen.
Positiv auf die Qualität eines Arztbesuchs wirkt sich auch die Dauer des Erstgesprächs aus. Ärzte, die sich mehr Zeit für Anamnese, Untersuchung, Diagnose und Beratung nahmen, erreichten tendenziell bessere Noten. Drei der vier besten Ärzte (Note 1) widmeten sich der Patientin 22 bis 45 Minuten. Drei Ärzte konnten aber auch zeigen, dass man in 10 bis 15 Minuten eine gute bis sehr gute Untersuchung durchführen kann.
Grundlage der Bewertung aller Ärzte war eine Checkliste, die die Patientenschützer der Verbraucherzentrale Hamburg mithilfe von Leitlinien, Rechtsprechung, Empfehlungen der Fachgesellschaften und Beratung durch gutachterlich tätige Referenzärzte erstellt hatten.
Quelle: Verbraucherzentrale Hamburg, 16.07.2018
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