Weltweite Erhebung zur psychischen Gesundheit Studierender

Macht studieren seelisch krank?
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Studierende der Universität Ulm
Studierende der Universität Ulm Eberhardt/Uni Ulm
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Wie ist es um die psychische Gesundheit der Studierenden bestellt? Als Teil einer weltweiten Untersuchung wird Professor Harald Baumeister dieser Frage ab Herbst an der Universität Ulm nachgehen.

Selbstbestimmtes Lernen, das erste eigene WG-Zimmer und Studentenpartys: Das Studium gilt landläufig als schönste Zeit des Lebens. Allerdings birgt der Übergang ins „Erwachsenenalter“ auch ein erhöhtes Risiko für psychische Belastungen, die womöglich die Leistungsfähigkeit einschränken oder sogar zum Studienabbruch führen. In einer internationalen Längsschnittstudie soll nun der psychische Gesundheitszustand von Studierenden in rund 20 Ländern erfasst werden. Bei Hinweisen auf Erkrankungen wie Depressionen, Angst- oder Essstörungen werden den Teilnehmerinnen und Teilnehmern psychotherapeutische Maßnahmen empfohlen. Für zahlreiche Krankheitsbilder und Problembereiche können die Forscher auch Online-Interventionen anbieten, deren Erfolg ebenfalls im Zuge der Studie überprüft wird. In Ulm startet die Untersuchung „StudiCare“ im Herbst.

Erkrankungsgipfel vor dem 24. Jahr

Der Erkrankungsgipfel zahlreicher psychischer Erkrankungen liegt vor dem 24. Lebensjahr. Und gemäß der Weltgesundheitsorganisation (WHO) sowie verschiedener Untersuchungen sind Studierende häufiger von solchen Störungen betroffen als junge Berufstätige. Im Rahmen der Erhebung „StudiCare“ wollen Forscher um den Ulmer Psychologieprofessor Harald Baumeister und seine Erlanger Kollegen Dr. David Ebert und Professor Matthias Berking Risikofaktoren für seelische Erkrankungen bestimmen, aber auch Vorhersagemodelle für den Studienerfolg und psychische Gesundheitsverläufe entwickeln.

Teil einer internationalen WHO-Studie

Die Online-Erhebung an den Universitäten Ulm und Erlangen-Nürnberg ist als Teil der internationalen WHO-Studie „International College Student Project“ auf fünf Jahre angelegt. Koordiniert von Professor Ronald C. Kessler (Harvard Medical School) laufen vergleichbare Untersuchungen in etwa Frankreich, Belgien, Spanien, China, Südafrika sowie in den Niederlanden und den USA an. Durch die angestrebten riesigen Datenmengen werden auch Aussagen zu seltenen psychischen Erkrankungen oder etwa zur Suizidgefährdung möglich.

Mindestens ein Fünftel erreichen

Mindestens ein Fünftel der Ulmer Erstsemester möchte der ausgebildete Psychotherapeut Professor Harald Baumeister mit seiner Befragung erreichen. Die erste Kohorte wird dann über drei Jahre begleitet: Zunächst sollen die Studienanfänger einen Online-Fragebogen zu ihrer psychischen Gesundheit auszufüllen. Dabei liegt der Schwerpunkt auf den epidemiologisch besonders bedeutsamen Krankheitsbildern Depressionen, Angst-, Ess- und Schlafstörungen sowie auf dem Suchtverhalten. Zusätzlich werden biographische sowie sozio-demographische Merkmale erhoben. Als Zwischenziel können so Querschnittaussagen zur psychischen Gesundheit Ulmer und Erlanger Studierender sowie zu Risikofaktoren für die Entwicklung bestimmter Störungen gemacht und international verglichen werden.

Im Bedarfsfall zu Behandlungen motivieren

Doch was passiert, wenn die Antworten eines Ulmer Teilnehmers auf eine psychische Erkrankung schließen lassen? „In diesem Fall nehmen wir Kontakt auf und versuchen, die Person zu einer weiteren Abklärung und Behandlung zu motivieren“, erläutert Harald Baumeister, Leiter der Ulmer Abteilung Klinische Psychologie und Psychotherapie. „Je nach klinischer Einschätzung und Krankheitsbild können wir auch eine unserer Online-Interventionen anbieten, etwa zu Depressionen oder zur Prüfungsangst.“ Der Ablauf dieser computerbasierten Angebote ähnelt einer Psychotherapie: In sechs bis zehn Sitzungen arbeitet sich der Nutzer durch multimedial aufbereitete Lektionen. Bei einigen Online-Interventionen bekommen die Probanden – zum Beispiel nach jeder absolvierten Einheit – Rückmeldung von einem Psychotherapeuten. Wie sich der Gesundheitszustand der Teilnehmer mit oder ohne Therapie im Studienverlauf verändert, überprüft die Forschergruppe mit regelmäßigen computergestützten Befragungen der studentischen Probanden.

Smartphonenutzung im Blick

Neben dieser Hauptstudie über fünf Jahre planen die Forscher auch untergeordnete Projekte: „Gemeinsam mit Professor Christian Montag, Leiter der Ulmer Abteilung Molekulare Psychologie, wollen wir beispielsweise untersuchen, inwieweit die Smartphonenutzung Hinweise auf depressive Episoden gibt“, erläutert Baumeister, der unter anderem zur computergestützten Diagnostik und Behandlung psychischer Erkrankungen forscht. Weiterhin sollen die Online-Interventionen nach den neuesten Erkenntnissen der Lehr-/Lernforschung sowie der (Medien-) Informatik optimiert werden. Nach Projektende kann sich Professor Baumeister gut vorstellen, die Studienergebnisse sowie die optimierten Online-Interventionen in die psychotherapeutische Versorgung der Universität einfließen zu lassen.

Interkulturelle Unterschiede?

Im internationalen Vergleich werden so interkulturelle Gegenüberstellungen möglich: Wie unterscheiden sich deutsche, chinesische oder US-amerikanische Studierende in ihrer seelischen Gesundheit? Und wie empfänglich sind sie für das Forschungsvorhaben beziehungsweise für Online-Interventionen allgemein?

In Deutschland wird „StudiCare“ von der Barmer GEK mit über 1,2 Millionen Euro gefördert. Erweitert wird das Projekt durch parallel laufende internationale Projekte der europäischen Kommission. Die Probandinnen und Probanden werden ab Herbst zum Beispiel in Vorlesungen und über Mailings an den teilnehmenden Universitäten für die internationale Befragung rekrutiert. Die Teilnahme an verschiedenen Online-Interventionen ist ab sofort hier möglich. (idw, red)

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