Brustkrebs ist nach wie vor die häufigste Krebserkrankung bei Frauen in Deutschland. Jedes Jahr erhalten laut Krebsinformationsdienst ungefähr 70.000 Patientinnen die Diagnose Brustkrebs. Etwa 12 von 100 Frauen erkranken demnach hierzulande im Laufe ihres Lebens an Brustkrebs – das bedeutet, rund jede 8. Frau. Das mittlere Erkrankungsalter, in dem Frauen die Diagnose Brustkrebs erhalten, liege bei rund 64 Jahren. Doch etwa 1 von 6 betroffenen Frauen ist jünger als 50 Jahre, wenn sie erkrankt. Das Problem: Bei fortgeschrittenem Brustkrebs kann die Behandlung daran scheitern, dass die Krebszellen resistent gegen die Therapie werden. Forscherinnen und Forscher aus Basel haben nun einen Mechanismus hinter dieser Entwicklung aufgedeckt und eine mögliche Lösung für das Problem gefunden: eine Therapie in Kombination mit einem bekannten Antioxidans, das oft auch als Schleimlöser zum Einsatz kommt.
Tumore entwickeln Resistenzen
Viele Krebstherapien bringen nicht die erhofften Resultate – der Grund dafür ist oft, dass die Tumore eine Resistenz gegen das Medikament entwickeln. So zum Beispiel bei Alpelisib, einem Wirkstoff, der in der Schweiz seit wenigen Jahren zur Behandlung von fortgeschrittenem Brustkrebs zugelassen ist. Eine Forschungsgruppe am Departement Biomedizin der Universität Basel hat nun herausgefunden, dass der Verlust des Gens Neurofibromin 1 (NF1) zu vermindertem Ansprechen auf das Medikament Alpelisib führt. Zudem entdeckten die Forscherinnen und Forscher, dass das Nahrungsergänzungsmittel N-Acetylcystein die Krebszellen wieder für diese Therapie empfänglich macht.
Erfolg von Alpelisib eingeschränkt
Alpelisib greift hemmend in den sogenannten PI3K-Signalweg ein, der bei Brustkrebs häufig durch Mutationen überaktiviert ist und so die Bildung von Tumoren begünstigt. Für Patientinnen mit diesen Mutationen fehlt es derzeit noch an wirksamen Behandlungsmethoden, vor allem wenn der Brustkrebs fortgeschritten ist und sich Metastasen bilden. Die Zulassung von Alpelisib war deshalb mit großen Erwartungen verbunden. „Es hat sich aber leider herausgestellt, dass der Erfolg des Medikaments durch Resistenzen stark eingeschränkt wird“, sagt Prof. Dr. Mohamed Bentires-Alj, Leiter der Forschungsgruppe. „Daher ist es dringend erforderlich, mehr über die Entstehung von Resistenzen herauszufinden.“ Sein Team suchte deswegen nach den genetischen Grundlagen der Resistenzen, also nach jenen Genen, deren Veränderung Krebszellen resistent macht. Das Resultat: Mutationen, die das Protein NF1 ausschalteten, machten die Tumore resistent gegen die Behandlung mit Alpelisib. Es ist bekannt, dass NF1 über verschiedene Signalwege das Wachstum von Tumoren unterdrückt, jedoch wurde das Gen noch nicht mit der Resistenz zu Alpelisib in Verbindung gebracht.
Auswirkungen auf den Energiehaushalt der Zelle
Weitere Versuche der Forscherinnen und Forscher bestätigten, dass der Verlust von NF1 auch in menschlichen Krebszellen und aus Tumoren gezüchtetem Gewebe zur Resistenz führt. „Das Fehlen von NF1 ist also der Elefant im Raum, der in der Zelle alles durcheinanderbringt und den Therapieerfolg verhindert“, so Bentires-Alj. Eine Analyse zeigte, dass der Verlust von NF1 Auswirkungen auf den Energiehaushalt der Zelle hat: „Sie produzieren nicht mehr so viel Energie mit Hilfe von Mitochondrien, sondern weichen auf andere Wege der Energieproduktion aus“, sagt die Erstautorin der Studie, Dr. Priska Auf der Maur.
Einsatz bei weiteren Resistenzen?
Aufgrund dieser Veränderungen führten die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler Experimente mit dem bekannten Antioxidans N-Acetylcystein durch, das einen ähnlichen Effekt auf den Energiestoffwechsel hat und deshalb die Auswirkungen des NF1-Verlusts nachahmen sollte. Die Substanz ist ein bekanntes Nahrungsergänzungsmittel sowie häufig auch Bestandteil von schleimlösenden Medikamenten. Überraschenderweise hatte N-Acetylcystein aber den gegenteiligen Effekt: Es stellte in resistenten Krebszellen die Wirkung von Alpelisib wieder her und verstärkte sie sogar. Dies geschieht durch einen zusätzlichen Eingriff in einen weiteren Signalweg, der ebenfalls eine wichtige Rolle beim Tumorwachstum spielt, wie die Forscherinnen und Forscher durch weitere Analysen herausfanden. Interessanterweise spielt der Verlust von NF1 auch bei Resistenzen gegen weitere Medikamente eine Rolle. Auch diese Resistenzen ließen sich möglicherweise durch Kombinationsbehandlung mit N-Acetylcystein bekämpfen.
Klinische Studien notwendig
„Da N-Acetylcystein ein sicherer und weit verbreiteter Zusatzstoff ist, ist dieses Resultat für die klinische Forschung sehr relevant“, so Bentires-Alj. Er denkt, dass eine Kombination von N-Acetylcystein mit Alpelisib die Behandlung von fortgeschrittenem Brustkrebs verbessern könnte. Der nächste Schritt wäre nun, die im Labor beobachteten positiven Effekte in klinischen Studien mit Brustkrebs-Patientinnen zu bestätigen.
Quelle: idw/Uni Basel
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