Laut Deutscher Herzstiftung leiden hierzulande etwa 1,8 Millionen Menschen unter Vorhofflimmern. Es handelt sich damit um die häufigste Herzrhythmusstörung bei älteren Menschen. Es tritt häufig bei Patientinnen und Patienten mit kardiovaskulären Begleiterkrankungen auf, denen dieselben Krankheitsmechanismen zugrunde liegen. Über die Krankheitsprozesse, die zu vorhofflimmerbedingten Komplikationen führen, und ihre Wechselwirkungen bei den Betroffenen ist allerdings wenig bekannt. Dies soll sich durch die EAST – AFNET 4 Studie (Early Treatment of Atrial Fibrillation for Stroke Prevention) ändern. Dort hat sich gezeigt, dass ein frühzeitiger Rhythmuserhalt – durch Antiarrhythmika oder eine Vorhofflimmerablation – innerhalb eines Jahres nach der Diagnose Vorhofflimmern bei 2.789 Patientinnen und Patienten mit frühem Vorhofflimmern und kardiovaskulären Risikofaktoren über einen Zeitraum von fünf Jahren bessere Ergebnisse als die übliche Behandlung brachte [2]. Eine Reihe von Subanalysen des EAST – AFNET 4 Datensatzes hat die Ergebnisse für verschiedene Untergruppen verifiziert [3-12].
Untersuchung der Biomoleküle
In einer Teilstudie wurde untersucht, ob im Blut der Patientinnen und Patienten zirkulierende Biomoleküle zur Messung von Vorhofflimmern-typischen Krankheitsprozessen und deren Wechselwirkungen verwendet werden können und wie sie mit Schlaganfall, Herzschwäche, akutem Koronarsyndrom und kardiovaskulärem Tod zusammenhängen. Paulus Kirchhof, leitender Prüfarzt von EAST – AFNET 4 und Autor der Studie, erläutert: „Wir hatten das Glück, dreizehn Biomoleküle, die mit verschiedenen Krankheitsprozessen in Verbindung stehen, in der EAST – AFNET 4 Biomolekülstudie genau quantifizieren zu können. Cluster-Methoden, die Wechselwirkungen zwischen Biomolekülen erfassen, wurden angewandt, um Patientinnen/Patienten mit einem Risiko für kardiovaskuläre Ereignisse anhand der Biomolekülkonzentrationen zu identifizieren. Auf diese Weise wurden vier Subphänotypen von Vorhofflimmern mit unterschiedlichen Biomolekülprofilen und einem erhöhten Risiko für Komplikationen identifiziert. Die Ergebnisse geben Aufschluss über die Faktoren, die bei Patientinnen/Patienten mit Vorhofflimmern zu Komplikationen führen.“
Einteilung in vier Gruppen
Die vorab festgelegte Analyse der EAST – AFNET4 Biomolekülstudie teilte 1.586 Patienten (71 Jahre alt, 46 % Frauen) anhand der Blutkonzentrationen von dreizehn genau quantifizierten Biomolekülen in vier Gruppen ein. Diese Biomarker spiegeln möglicherweise Alterung, Herzfibrose, Stoffwechselstörungen, oxidativen Stress, kardiale Belastung, endotheliale Dysfunktion und Entzündung wider. In jedem Patienten-Cluster wurde die Häufigkeit von kardiovaskulären Todesfällen, Schlaganfällen oder Krankenhausaufenthalten wegen Herzinsuffizienz oder akutem Koronarsyndrom berechnet und zwischen den Clustern über einen mittleren Zeitraum von 5,1 Jahren verglichen. Die Ergebnisse wurden unabhängig in einer prospektiven Kohorte von 748 Patientinnen und Patienten mit Vorhofflimmern (BBC-AF; mediane Nachbeobachtungszeit 2,9 Jahre) validiert.
Höchstes Risiko bei kardiometabolischen Störungen
Die Gruppe der Patient:innen mit dem höchsten Risiko wies vor allem kardiometabolische Störungen auf, mit erhöhten Konzentrationen der Biomoleküle BMP10, IGFBP7, NT-proBNP, ANGPT2 und GDF15. Die Patientinnen und Patienten des Clusters mit dem niedrigsten Risiko wiesen niedrige Konzentrationen dieser Biomoleküle auf. Zwei Cluster mit mittlerem Risiko unterschieden sich durch hohe oder niedrige Konzentrationen von hsCRP, IL-6 und D-Dimer. Bei den Personen in der Gruppe mit dem höchsten Risiko traten kardiovaskuläre Komplikationen fünfmal häufiger auf als bei denen in der Gruppe mit dem niedrigsten Risiko. Eine früher Rhythmuserhalt war in allen Clustern wirksam.
Neue Behandlungsmöglichkeiten möglich?
Prof. Fabritz kommt zu dem Schluss: „Die EAST – AFNET 4 Biomolekülstudie hat gezeigt: anhand von Biomolekülkonzentrationen lassen sich bestimmte Merkmale bei Patientinnen/Patienten mit Vorhofflimmern mit hohem und niedrigem kardiovaskulärem Risiko identifizieren. Die auf der Basis von Biomolekülen definierten Patientinnen/Patienten-Cluster können zur Verbesserung der Behandlung von Vorhofflimmern beitragen. Unsere Ergebnisse erfordern weitere Forschung zu den Auswirkungen von Biomolekülen auf die kardiovaskuläre Funktion. Diese Patientinnen/Patienten-Cluster eröffnen neue Behandlungsmöglichkeiten in jeder Gruppe und ermöglichen die Erforschung der Wirksamkeit bei Patientinnen/Patienten mit spezifischen Risikomerkmalen.“ Die EAST – AFNET 4 Biomolekül-Teilstudie wurde auf internationaler Ebene in Zusammenarbeit mit den europäischen Forschungskonsortien CATCH ME und MAESTRIA durchgeführt.
Quelle: idw/AFNET
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