Die Arbeitsgruppe von Wissenschaftlern und Wissenschaftlerinnen weist in der Stellungnahme darauf hin, dass die Digitalisierung in vielen Bereichen zu einer Verbesserung unserer Lebensumstände, der Arbeitswelt und der Forschung beigetragen hat. Vereinfachte Kommunikation und Verwaltung, die Auswertung großer Datenmengen zu Forschungszwecken und ein leichterer Zugang zu Informationen sind nur drei der vielen breit genutzten Anwendungsbereiche. Weitere Potenziale werde im Bereich der Arbeitswelt und dem industriellen Effizienzgewinn gesehen.
Zunehmend machen sich aber auch unerwünschte Nebenwirkungen bemerkbar. Die private Lebenswelt als wichtiger Rückzugsraum für jeden Einzelnen droht im Zuge der Digitalisierung verloren zu gehen. Durch die Nutzung digitaler Angebote erhalten Internet-Anbieter und andere Institutionen, die Daten von Nutzern sammeln und auswerten, immer weitreichendere Einblicke in die Privatsphäre des Einzelnen. Was oftmals als alternativlose Konsequenz der Technologieentwicklung dargestellt wird, lässt sich jedoch durchaus gestalten.
Ein digitaler "Wilder Westen"
"Die Digitalisierung hat sich in den vergangenen Jahrzehnten weitgehend unreguliert entwickelt. Es ist dabei so etwas wie ein digitaler 'Wilder Westenʼ entstanden", sagt Prof. Dr. Klaus-Robert Müller, Sprecher der Arbeitsgruppe. Ein Beispiel für solche Entwicklungen ist die Gefährdung der Privatsphäre aufgrund der Zusammenführung verschiedenster Datenquellen. Mögliche Folgen sind unter anderem soziale Kontrollmöglichkeiten, die zur Steuerung individuellen oder gesellschaftlichen Verhaltens führen können. Eine weitere Gefahr stellt eine erleichterte Überwachung von Individuen durch staatliche und private Akteure dar. "Mit der Stellungnahme zeigen wir Handlungsoptionen als Auswege aus dieser Fehlentwicklung auf", ergänzt der Professor für maschinelles Lernen an der Technischen Universität Berlin.
Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler der Arbeitsgruppe "Big Data" sehen sowohl technische als auch gesetzliche und gesellschaftliche Handlungsmöglichkeiten in mehreren Bereichen. Gerade die technologischen Entwicklungen zum Umgang mit großen Datenmengen und des maschinellen Lernens bieten neue Möglichkeiten digitale Angebote zu entwickeln, die entweder keine Speicherung von Nutzerdaten voraussetzen oder aber dem Nutzer Transparenz über die weitere Verwendung seiner Daten bieten. Daneben bedarf es jedoch auch klarer rechtlicher Regularien und gesellschaftlicher Maßnahmen, um die digitale Kompetenz der Bürgerinnen und Bürger im Umgang mit ihren Daten zu stärken.
"Privatheit in Zeiten der Digitalisierung", Stellungnahme der Nationalen Akademie der Wissenschaften Leopoldina, der Union der deutschen Akademien der Wissenschaften und acatech ‒Deutsche Akademie der Technikwissenschaften, November 2018, ISBN: 978-3-8047-3642-9,
Quelle: Leopoldina, 26.11.2018
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