Potenzielle Organspenden schneller identifizieren

Das Screeningtool DETECT unterstützt.
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Ein am Uniklinikum Dresden entwickeltes digitales Tool hilft erfolgreich beim Identifizieren potenzieller Organspenden.
In Deutschland könnten deutlich höhere Organspendezahlen realisierbar sein, wenn alle Möglichkeiten zur Organspende in den Kliniken rechtzeitig erkannt würden. © horizont21, stock.adobe.com
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Ein am Uniklinikum Dresden entwickeltes digitales Tool hilft erfolgreich beim Identifizieren potenzieller Organspenden. Anhand kontinuierlich erfasster und dokumentierter Vitaldaten lassen sich so eventuell bevorstehende irreversible Hirnfunktionsausfälle von Patient/-innen auf Intensivstationen frühzeitig erkennen. Nun soll es auch in anderen Kliniken zum Einsatz kommen und die Transplantationsbeauftragten dort unterstützen.  

Nur 44 Prozent der Menschen in Deutschland haben laut aktueller Umfrage der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) ihre Entscheidung zur Organspende in einem Organspendeausweis oder in einer Patientenverfügung dokumentiert. Unter Patientinnen und Patienten im Krankenhaus liegt die Zahl weit niedriger - bei 17 Prozent. Nur wenn ein Patient oder eine Patientin einen nach den Richtlinien der Bundesärztekammer festgestellten irreversiblen Hirnfunktionsausfall, umgangssprachlich Hirntod, erleidet und vorher seine Bereitschaft zur Organspende erklärt hat oder die Angehörigen einer Organentnahme zustimmen, können ihm nach dem Versterben Organe entnommen werden.

Prospektives Screening

In der Praxis und dem angespannten Klinikalltag auf den Intensivstationen ist es für die behandelnden Medizinerinnen und Mediziner oftmals schwierig, die wenigen relevanten Fälle zu erkennen und als potenzielle Organspenderinnen und -spender zu identifizieren. Gerade in kleineren Krankenhäusern fehlt zum Teil auch die Routine beim Beurteilen der Fälle. Mit DETECT gelingt nun ein prospektives Screening, das die lntensivmedizinerinnen und -mediziner unterstützt: Ziel ist es, alle Fälle zu identifizieren, bei denen möglicherweise der Hirntod droht, so dass eine Organspende in Betracht gezogen wird. Dabei greift das Tool auf die Daten in der elektronischen Patientenakte zu.

Unterstützendes Hilfsmittel

Das bedeutet nicht automatisch, dass damit ein Spender oder eine Spenderin identifiziert ist. „Wir haben ein unterstützendes, digitales Hilfsmittel für die Transplantationsbeauftragten der Kliniken geschaffen, welches anhand definierter Parameter die relevanten Patientinnen und Patienten, die potenziell den Hirntod erleiden könnten, in den Fokus setzt, um strukturierte Abläufe zu aktivieren“ , sagt Dr. Anne Trabitzsch, Transplantationsbeauftragte am Universitätsklinikum Dresden. 

Wertvoller Zeitgewinn

Die Ärztinnen und Ärzte gewinnen an Zeit, um die Frage des Organspendewunsches der Patientin oder des Patienten, der möglicherweise nicht schriftlich fixiert wurde, mit den Angehörigen zu besprechen und diese gegebenenfalls bei der Entscheidungsfindung im Sinne des Patienten zu begleiten und zu unterstützen: 

DETECT-Tool soll "expandieren" 

Seit dem Frühjahr 2018 ist DETECT am Universitätsklinikum im Einsatz. Mit Erfolg: Mit großer Kontinuität werden dort relevante Fälle zuverlässig erfasst. Nun soll es auch in anderen Kliniken zum Einsatz kommen und die Transplantationsbeauftragten dort unterstützen. Etwa 9.000 Menschen stehen derzeit in Deutschland auf der Warteliste für ein Spenderorgan. Die meisten von ihnen warten auf eine Spenderniere. 2021 gab es bundesweit 933 Organspenderinnen und Organspender. Das entspricht 11,2 Spenderinnen und Spendern je eine Million Einwohner.

Erfolgreich in Dresden

2021 wurden am Universitätsklinikum Dresden 36 (2020: 41) Patientinnen und Patienten identifiziert, bei denen die Einleitung der Diagnostik des irreversiblen Hirnfunktionsausfalls (IHA) indiziert war. Dadurch konnten letztendlich in den Fällen, in denen der IHA festgestellt wurde, eine Einwilligung zur Organspende vorlag und keine medizinischen Gründe gegen eine Organspende sprachen, im Jahr 2021 15 Organspenden realisiert werden (2020: 19). Insgesamt 58 Organe konnten schließlich in 2021 für die Transplantation zur Verfügung gestellt werden (2020: 77) Mit einer Organspende in Deutschland kann im Durchschnitt drei Menschen auf der Warteliste mit einer Transplantation geholfen werden. Bis Anfang Juni 2022 wurden am Uniklinikum Dresden bisher sieben Organspender registriert.

Potenziellee Organspenderinnen und -spender erkennen

„DETECT ist ein wichtiges Instrument, das die lntensivmedizinerinnen und -mediziner unterstützt. Hier greifen wir auf die Möglichkeiten und Chancen der Digit alisierung zurück, ohne die letztendliche Entscheidung den handelnden Menschen aus der Hand zu nehmen. DETECT gibt uns mehr Zeit, um potenzielle Organspenderinnen und -spender zu erkennen und damit Leben zu retten. Denn Organspende rettet Leben, sagt Prof. Michael Albrecht, Medizinischer Vorstand am Universitätsklinikum Dresden.  Konrad Pleul, Koordinator bei der Deutschen Stiftung Organtransplantation (DSO), erklärt: “Die Erkennung potenzieller Organspenderinnen und -spender zählt zu den primären Aufgaben von Transplantationsbeauftragten - und es ist die schwierigste. DETECT unterstützt an dieser Stelle mit der Fokussierung auf relevante Fälle. Retrospektive Studien haben gezeigt, dass in Deutschland deutlich höhere Organspendezahlen realisierbar wären, wenn alle Möglichkeiten zur Organspende in den Kliniken erkannt würden. Im Universitätsklinikum Dresden erfolgt dies seit Jahren zuverlässig. Wir bedanken uns für die gute Zusammenarbeit.”

Publikation:
Trabitzsch A, Pleul K, Barlinn K, Franz V, Dengl M, Götze M, Güldner A, Eberlein-Gonska M, Albrecht DM, Hugo C: An automated electronic screening tool (DETECT) for the detection of potentially irreversible loss of brain function. Dtsch Arztebl Int 2021; 118: 683–90. DOI: 10.3238/arztebl.m2021.0307

Quelle: Universitätsklinikum Dresden
 

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