Patientenverfügungen dienen der Vorbeugung von Rechtsstreitigkeiten. Sie sollen eigentlich im Ernstfall für Klarheit sorgen, um kritische Versorgungsfälle im Sinne des Betroffenen zu regeln. Aber gerade in Bezug auf eine mögliche Organ- oder Gewebespende kommt es regelmäßig zu Missverständnissen und Konflikten.
Die Transplantationsmediziner und Geschäftsführer der gemeinnützigen Gesellschaft für Transplantationsmedizin Mecklenburg-Vorpommern (GTM-V gGmbH), Dr. Axel Manecke und Dr. Frank-Peter Nitschke, haben in Kooperation mit der Notarkammer Mecklenburg-Vorpommern und dem Notar Dr. Albert Block dazu ein neues Informationsblatt erstellt. Dieses enthält Regelungen und Formulierungsvorschläge zur Organ- und Gewebespende in Patientenverfügungen und soll dadurch im Ernstfall Konflikte in der Umsetzung des Patientenwillens verhindern.
Gleichzeitig dient es zur Information über das Thema der Spende von Organen und Geweben nach dem Tod. „Die Qualität einer Patientenverfügung ist unter anderem daran zu erkennen, ob der bestehende Konflikt zwischen Organspende und Patientenverfügung im Interesse des Mandanten klar geregelt worden ist“, sagte Dr. Albert Block.
Häufig Ablehnung einer Organ- und Gewebespende
Nahezu alle im Internet abrufbaren Formulierungsvorschläge von Patientenverfügungen, gleichgültig ob von offizieller Stelle oder von privaten Drittanbietern, sprechen die Möglichkeit einer Organ- und/oder Gewebespende und insbesondere auch deren mögliche Differenzierung nicht an. Aufgrund der inhaltlich unvollständigen Formulierungen in den Patientenverfügungen und allgemeiner Informationsdefizite kommt es häufig zur Ablehnung einer Organ- und Gewebespende – oftmals auch entgegen der Entscheidung der Verstorbenen.
„Ein entscheidender Konfliktpunkt in Patientenverfügungen ist der Begriff der Therapielimitierung zur Vermeidung einer Lebensverlängerung bei Patienten. Hier wird der Begriff ‚Therapie‘ gleichgesetzt mit Maßnahmen, die sowohl zur Durchführung einer Hirntoddiagnostik dienen, als auch im Falle einer Organentnahme zur Aufrechterhaltung der Organfunktionen nach dem Hirntod“, erklärte Dr. Frank-Peter Nitschke.
Therapielimitierungen sind kein Widerspruch zu einer Organspende
Ein Mensch stirbt, wenn die Organfunktionen versagen, in der Regel durch ein Herzversagen. Ursächlich kann hierfür jedoch auch das Ausfallen anderer Organe sein. Bei einer schweren, nicht behandelbaren Schädigung des Gehirns mit folgendem unumkehrbaren Funktionsausfall kommt es ebenfalls letztendlich zu einem Herzversagen. Gehirnschädigungen können und müssen eindeutig diagnostiziert werden. Hier wird bei diesem nichtumkehrbaren Funktionsausfall die Diagnose Hirntod gestellt. „Diese Diagnose kann jedoch nur gestellt werden, wenn unter intensivmedizinischen Maßnahmen eine Herz-Kreislauf-Funktion aufrechterhalten wird“, betonte der Transplantationsmediziner. „Diese stellen keine Therapiemaßnahme dar.“
Nach Eintreten des Hirntodes muss der Wille des Verstorbenen beziehungsweise der Angehörigen zu einer Organ- beziehungsweise Gewebespende in Erfahrung gebracht werden. Im Falle einer Zustimmung zu einer Organspende stellen die herz- und kreislaufunterstützenden Behandlungen bis zur Organentnahme ebenfalls keine Therapie dar. Somit stehen auch die in Patientenverfügungen festgelegten Therapielimitierungen nicht im Widerspruch zu einer Organ- beziehungsweise Gewebespende. „Viele Ärzte gehen aktuell jedoch davon aus, dass die Patientenverfügung aufgrund ihrer höheren Wertigkeit eine Organ- oder Gewebeentnahme ausschließt, auch wenn die Bereitschaft hierzu vorliegt. Es geht im Kern also um eine Klärung der Begrifflichkeiten“, hob Nitschke hervor.
Quelle: GTM-V, Oktober 2019
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