Die Genfusion BCR::ABL1 ist der häufigste Treiber bei Patienten mit akuter lymphatischer Leukämie (ALL). Die Genfusion führt zu einer Daueraktivierung von Signalen, die B-Zellen zum Wachstum und Zellteilung anregt – molekulare Grundlage für eine mögliche bösartige Transformation. Doch nicht nur bei den frühen B-Zellen lässt sich die Fusion nachweisen: bei einem Drittel der Patienten lässt sie sich auch in anderen Zellreihen zur Blutbildung finden. Diese Einteilung in einen rein lymphatischen oder multiliniären Subtyp von ALL findet international bereits Verwendung, doch die diagnostischen Standards fehlten. Diese hat ein Team des Universitätsklinikums Schleswig-Holstein mit weiteren Kollegen nun untersucht.
Weitere Untergruppen gefunden
Dafür untersuchten Projektleiter Dr. Lorenz Bastian und seine Kollegen und Kolleginnen einen Datensatz von 327 Patienteninformationen im Alter von zwei bis 84 Jahren. So konnten sie Genexpressionssignaturen der beiden Subtypen identifizieren und sie damit erstmals auf genetischer Ebene bestätigen. Doch neben der Bestätigung der beiden Subtypen rein lymphatisch und multiliniär fanden sie vier weitere Untergruppen. Die multiliniäre ALL hat einen unreiferen Entwicklungsursprung als die rein lymphatische ALL. Je nach Entwicklungsursprung wirken mit BCR::ABL1 weitere genetische Veränderungen zusammen in der Entstehung der Leukämie. Die Modelle der Subtypen konnten die Forschenden in den Klassifikator „ALLCatchR“ einpflegen und damit direkt für die hämatologische Spezialdiagnostik zugänglich machen.
Prognostische Marker
Die neuen Untergruppen könnten prognostische Marker sein, da sich unterschiedliche klinische Verläufe feststellen lassen. Während die multiliniäre und die lymphatische Gruppe 3-Jahres-Überlebensraten erreichten, zeigten sich in den Untergruppen ungünstige als auch günstige Subtypen mit 51 bzw. 100 Prozent 3-Jahres-Überlebensraten. „Es sind jedoch weitere Studien erforderlich, um die Rolle der BCR::ABL1-Untergruppen im Zusammenhang mit neuen Behandlungsstrategien zu bewerten bei denen Immuntherapien einen besonders großen Stellenwert haben“, erläutert Bastian.
„Die Transkriptomsequenzierung ist aktuell die einzige Methode, die es erlaubt in einem Ansatz alle ALL-Subtypen zu diagnostizieren. Zusätzlich gibt sie Einblicke in die zugrundeliegende Erkrankungsbiologie, die zusammen mit der gewählten Therapie das Behandlungsergebnis bestimmt. Im Hämatologielabor Kiel, das als Teil unserer Klinik hämatologische Spezialdiagnostik im nationalen und internationalen Maßstab anbietet, haben wir die Transkriptomsequenzierung bereits als Routinediagnostik für die ALL eingeführt“, ergänzt Bastian.
Quelle: idw
Artikel teilen