Die Deutsche Mukoviszidose Tagung (DMT) wird jährlich vom Bundesverband Mukoviszidose e.V. ausgerichtet. Es ist die größte interdisziplinäre Fachtagung zur Mukoviszidose (Cystische Fibrose, CF) im deutschsprachigen Raum. Sie stand in diesem Jahr unter dem Motto „Mitten im Mukoviszidose-Alltag“. 685 Teilnehmende aus allen an der Mukoviszidose-Behandlung beteiligten ärztlichen und nicht-ärztlichen Berufsgruppen diskutierten in Würzburg über aktuelle Forschungs- und Therapieansätze. Besonders im Fokus standen die Wirkung von CFTR-Modulatoren über die Lunge hinaus, neue Aspekte in der CF-Versorgung sowie die Weiterentwicklung der aktuellen Modulatortherapien. In Deutschland sind mehr als 8.000 Kinder, Jugendliche und Erwachsene von der unheilbaren Erbkrankheit Mukoviszidose betroffen.
CFTR-Modulatoren: Wirkung in anderen Organen
CFTR-Modulatoren wie ETI (Elexacaftor/Tezacaftor/Ivacaftor) verbessern die Lebensqualität vieler Menschen mit Mukoviszidose zwar deutlich. Doch sie wirken nicht nur in der Lunge. Dies bringt Chancen und Herausforderungen mit sich. So war die Wirkung von Modulatoren auf die verschiedenen Organe eines der zentralen Themen der Tagung. Diskutiert wurde u.a., dass sich Bauch-Symptome und Entzündungen in den Verdauungsorganen durch die Modulatortherapie verbessern, während die Funktion der Bauchspeicheldrüse offenbar nur bei sehr frühem Therapiebeginn wiederhergestellt werden kann. Probleme mit den Nebenhöhlen (z.B. Polypen) und die Immunabwehr bessern sich zumeist. Der Effekt auf die Häufigkeit des CF-Diabetes sei bislang aber unklar, ebenso wie Effekte des Medikaments im Gehirn. Ein ganzer Vortrag widmete sich dem wichtigsten Entgiftungsorgan des Körpers, der Leber. Die Leber reagiere, wie schon die Zulassungsstudien gezeigt haben, empfindlich auf die ETI-Therapie. Es wurden erhöhte Leberwerte und Gelbsucht, in seltenen Fällen sogar ein akutes Leberversagen beobachtet. Diese traten aber meist in den ersten drei Monaten nach Therapiebeginn auf. Mit angepasster Dosierung konnte die Therapie jedoch in der Regel fortgeführt werden – sogar bei Kindern mit vorgeschädigter Leber.
Screeningalter auf den CF-bedingten Diabetes absenken?
Durch die Verbesserung der Lebenserwartung und die neuen Modulatortherapien ändern sich einige Aspekte im Leben der Menschen mit CF, aber auch im Alltag der CF-Versorgung. Auf der Tagung wurden daher auch Themen diskutiert, denen noch vor einigen Jahren kaum Bedeutung zukam – u.a. aktuelle Entwicklungen zum Übergewicht und CF-bedingtem Diabetes und Schwangerschaften mit CF. Registerdaten zeigen, dass eine Veränderung des Glukose-Stoffwechsels bereits im frühen Jugendlichenalter beginnt und die Glukosetoleranz schon ab einem Alter von 5-10 Jahren deutlich reduziert sein kann. Das empfohlene Screeningalter auf den CF-bedingten Diabetes (CFRD) liegt bei 10 Jahren, aber laut den deutschen Registerdaten wird dieser Test bei höchstens 50% dieser Population jährlich durchgeführt, und es stellt sich die Frage, ob das Screening nicht bereits ab einem jüngeren Alter beginnen sollte. Die neuen Modulatortherapien haben zwar einen Einfluss auf den Glukose-Stoffwechsel und können möglicherweise den Beginn eines CFRD verzögern, es ist aber noch nicht klar, wie dies die Prävalenz des CFRD beeinflussen wird. Die fett- und kalorienreiche Ernährung, die bei CF früher ein wichtiger Baustein zur Vermeidung von Untergewicht war, ist mit der Modulatortherapie nicht mehr nötig. Es sind sogar bereits 25-30% der Erwachsenen mit CF übergewichtig. Dabei wird vor allem eine Zunahme der Fettmasse beobachtet, die Folgeerkrankungen den Weg ebnet, zu denen neben den kardiovaskulären Erkrankungen auch der klassische Typ 2-Diabetes zählt. Ein neues Ziel in der CF-Versorgung ist daher, schon früh die Körpergewichtsentwicklung zu beobachten und mit gezielter Ernährungstherapie positiv zu beeinflussen.
Was ist bei CF-Schwangeren zu beachten?
Eine weitere neue Herausforderung in der CF-Versorgung ist die Betreuung von Schwangeren mit CF, deren Anzahl erfreulicherweise jährlich steigt. Die amerikanische MAYFLOWER-Studie habe gezeigt, dass eine gute Prognose bei Schwangeren mit CF bestehe, ein gesundes Kind zu bekommen, auch wenn die Modulatortherapie während der Schwangerschaft weiterhin eingenommen wird. Die Wirkstoffe durchdringen allerdings die Plazenta, sodass das ungeborene Kind damit in Kontakt kommt und nach der Geburt engmaschig untersucht werden sollte. Die Schwangerschaft selbst hat auch einen Einfluss auf die Gesundheit der werdenden Mutter mit CF, die ebenfalls engmaschiger (bis zu alle 6 Wochen) untersucht werden sollte, vor allem hinsichtlich der Entwicklung der CF-Erkrankung.
Zulassungserweiterung der ETI-Zulassung?
Ein weiterer Themenschwerpunkt der DMT lag auf der Vorstellung klinischer Daten aus einer kürzlich abgeschlossenen ETI-Studie: Die Studienteilnehmer hatten keine F508del-Variante, dafür aber ausgewählte CFTR-Varianten, die zur Herstellung von CFTR-Protein führen. Aus Laboruntersuchungen an Modellzellen mit diesen CFTR-Varianten wusste man zudem, dass eine Wirkung von ETI möglich ist. Die klinische Studie bestätigte die Daten. Die Studienteilnehmer zeigten unter ETI-Therapie relevante klinische Verbesserungen. Anhand dieser Daten werde für 2025 nun eine EMA-Entscheidung über eine Zulassungserweiterung der ETI-Zulassung bzgl. „NICHT-F508del CFTR-Varianten“ erwartet. Die Ergebnisse der Zulassungsstudie zur neuen Modulator-Kombination („Vanza-Triple“, bestehend aus Vanzacaftor/Tezacaftor/Deutivacaftor) deuten darauf hin, dass die neue Therapie bei Kindern wie Erwachsenen eine vergleichbare Wirksamkeit wie ETI zeigt. Solche Vergleichsstudien sind jedoch immer schwierig zu planen und auszuwerten, vor allem für Kinder und Studienteilnehmer mit relativ guter Lungenfunktion, wo Verbesserungen nicht immer im Studienzeitraum sichtbar werden.
Personalisierte Medizin bei CF?
Laut Mukoviszidose e.V. machen auch andere neue Therapien Hoffnung. Es seien sowohl andere Modulatoren, genetische Therapien als auch neue symptomatische Therapien in der Entwicklung. Je frühzeitiger Therapien begonnen werden können, desto besser seien die Chancen, die Symptome gar nicht erst entstehen zu lassen und damit die Lebensqualität, aber auch die Lebenserwartung der Betroffenen zu steigern. Es werde eine besondere Aufgabe in der Zukunft sein, denjenigen mit seltenen CFTR-Varianten durch individuelle Therapieansätze (personalisierte Medizin) zu helfen. 2025 findet die Tagung vom 27. bis 29. November statt.
Quelle: idw/Mukoviszidose e.V.
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