Neue Art der Optogenetik

Lichtgesteuerte Medizin
mg
PSI Center for Life Sciences
Medizin mithilfe von Lichtschaltern für Zellen möglich zu machen: daran arbeiten Oliver Tejero und Letztautorin Ching-Ju Tsai, Gebhard Schertler und Matthew Rodrigues (v. l. n. r.). © Mahir Dzambegovic, Paul Scherrer Institut PSI
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Bisher ist lichtgesteuerte Medizin nur für Nervenzellen möglich und wird hier bereits an Krankheitsbildern wie Parkinson oder Epilepsie erprobt. Nun entwickelten Forschende eine neue Art der Optogenetik, mit der neben Nervenzellen auch andere Zellen im Körper angesprochen und zelluläre Signalprozesse ausgelöst werden können.

Lichtgesteuerte Medizin wird zwar noch nicht täglich in der Klinik eingesetzt, befindet sich jedoch schon weit in der Forschung und wird klinisch an gewissen Krankheitsbildern erprobt. Bisher bezieht sich die Optogenetik jedoch nur auf Nervenzellen und damit verbundene Krankheitsbilder, da hier lichtempfindliche Ionenkanäle von Eizellern eingebaut werden können. Doch auch für den restlichen Körper sollen Zellen im Organismus mittels Licht stimuliert werden können. Denn eine Fernsteuerung via Licht ist nicht invasiv und wäre optimal, um sehr spezifisch auch tief liegende Organe und Gewebe beeinflussen zu können. Zudem würden solche lichtempfangenden Fotorezeptoren schneller und gezielter wirken und Zellfunktionen beeinflussen, als es mit Medikamenten möglich ist.

Rhodopsine als Lichtrezeptoren

Sogenannte Rhodopsine sind prädestiniert hierfür. Hierbei handelt es sich um Lichtrezeptoren unserer Netzhaut, die für unsere Augen Lichtimpulse aufnehmen können. Bei der neuen Art der lichtgesteuerten Medizin sollen Lichtrezeptoren aktiv werden, die den Rhodopsinen ähneln: Mittels Lichtimpuls sollen sie an ein Protein der Zelle binden und so zelluläre Signalprozesse auslösen. In zwei neu veröffentlichten Studien zeigen Forschende des PSI Center for Life Sciences nun, dass sie ein Rhodopsin gefunden haben, das hierfür verwendet werden kann sowie auch im aktiven Zustand stabil bleibt, und dass sie die Struktur des aktiven Zustands aufklären konnten.

Rhodopsine gehören zu den wichtigsten Fotorezeptoren der Tierwelt und sie verfügen in ihrer Mitte das sogenannte Retinal, das durch Lichtimpulse die Form verändert und damit auch die des ganzen Rhodopsins. Dadurch kann es an andere Proteine der Zellmembran, sogenannte G-Proteine, binden und gehört hiermit zur GPCR-Familie (G-Protein-gekoppelte Rezeptoren). GPCR-Proteine regen andere Proteine zu Reaktionen an und lösen damit eine Folge an biochemischen Prozessen aus.

G-Protein-gekoppelte Rezeptoren

Auch im menschlichen Körper gibt es hunderte Arten der GPCR, die Körperfunktionen steuern. Rund 40 Prozent aller Medikamente zielen auf GPCR mit Wirkstoffen, um an die Rezeptoren andocken zu können. Rhodopsine sind jedoch monostabil und müssen nach der Aktivierung regeneriert werden. Im Tierreich gibt es jedoch bistabile Rhodopsine, die nach der Aktivierung im Protein verbleiben und mittels Lichtimpuls wieder zur ursprünglichen Form zurückkehren und so den Zellvorgang ausschalten kann. Nun konnten die Forschenden ein Rhodopsin der Springspinnenart finden, das bistabil sowie robust und leicht herstellbar ist.

Zudem ist es gelungen, den Zustand zu stabilisieren und damit die Struktur aufzuklären, damit man das Rhodopsin als optogenetischen Schalter nutzen kann. Mithilfe eines zusätzlichen Molekülrings bleibt das Retinal gleich, passt aber besser zum Protein und kann dort stundenlang verweilen – es bleibt also im aktiven Zustand und kann jederzeit mittels Lichtimpuls an und wieder ausgeschaltet werden.

Erst der Anfang

So konnten die Forschenden zudem die Struktur des Rhodopsins aufklären und die Varianten von Mensch und Spinne vergleichen, um eine Chimäre herzustellen für die weiteren Entwicklungen, damit es letztendlich auch beim Menschen eingesetzt werden kann. Die Forschungen stehen hier jedoch noch ganz am Anfang und bis dahin ist es ein langer Weg.

Die nächsten Schritte des Forschungsprojekts beinhalten die Modifikation der betreffenden Rhodopsine mit molekularbiologischen Methoden, um sie für Schaltvorgänge im Körper zu optimieren, und die Signal-Mechanismen mittels der Schalter besser verstehen und als Werkzeug einsetzen, um Gentherapeutika zu entwickeln.  

Literatur:
Tejero O, Tsai C-J. et al.: Active state structures of a bistable visual opsin to G proteins. Nature Communications, 16. Oktober 2024; DOI: 10.1038/s41467-024-53208-2
Rodrigues M, Schertler G. Activating an invertebrate bistable opsin with the all-trans 6.11 retinal analog. PNAS, 23. Juli 2024; DOI: 10.1073/pnas.2406814121

Quelle: idw

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