Mukoviszidose: Dreifachtherapie bringt längerfristige Verbesserungen
Laut Mukoviszidose e.V. sind in Deutschland mehr als 8.000 Kinder, Jugendliche und Erwachsene von der unheilbaren Erbkrankheit Mukoviszidose (Cystische Fibrose, CF) betroffen. Durch eine Störung des Salz- und Wasserhaushalts im Körper bildet sich bei Mukoviszidose-Betroffenen ein zähflüssiges Sekret, das Organe wie die Lunge und die Bauchspeicheldrüse irreparabel schädigt. Jedes Jahr werden in Deutschland etwa 150 bis 200 Kinder mit der seltenen Krankheit geboren. Die Krankheit führt zu einem fortschreitenden Verlust der Lungenfunktion und Atemnot, was die Lebenserwartung trotz verbesserter Behandlungsansätze noch immer deutlich senkt. Bereits vor zwei Jahren hatte eine Forschungsgruppe unter Leitung der Charité gezeigt, dass die Kombinationstherapie mit den drei Wirkstoffen Elexacaftor, Tezacaftor und Ivacaftor für einen großen Teil der Patientinnen und Patienten mit der Erbkrankheit Mukoviszidose wirksam ist, also die Lungenfunktion und Lebensqualität spürbar verbessert. Die Therapie kommt für knapp 90 Prozent der Mukoviszidose-Betroffenen infrage, die den häufigsten Gendefekt F508del haben.
Erstmalige Untersuchung der Langfristwirkung
Jetzt hat das Team um Prof. Dr. Marcus Mall, damaliger und aktueller Studienleiter, erstmals untersucht, inwiefern diese Therapie auch langfristig, das heißt über mindestens zwölf Monate hinweg, hilft. Dafür haben die Forscherinnen und Forscher das Sputum, das Atemwegssekret, genauer betrachtet. „Bei Patientinnen/Patienten mit Mukoviszidose ist der Schleim in den Atemwegen sehr zäh, weil er zu wenig Wasser enthält und die schleimbildenden Moleküle, die sogenannten Muzine, zu stark chemisch miteinander verklebt sind. Der daraus resultierende zähe Schleim verstopft die Atemwege, erschwert damit die Atmung und führt bei den Betroffenen zu einer chronischen bakteriellen Infektion und Entzündung der Lunge“, erklärt Prof. Mall, Direktor der Klinik für Pädiatrie mit Schwerpunkt Pneumologie, Immunologie und Intensivmedizin und des Christiane Herzog Mukoviszidose-Zentrums der Charité.
Studie mit 79 Jugendlichen und Erwachsene mit Mukoviszidose
Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler zeigen in der aktuellen Studie, dass die Dreifachtherapie mit Elexacaftor, Tezacaftor und Ivacaftor bei Patientinnen und Patienten mit Mukoviszidose dafür sorgt, dass das Atemwegssekret weniger zäh ist und die Entzündung und die bakterielle Infektion in der Lunge abnehmen. „Und das über die gesamte Dauer der Studie von einem Jahr. Das ist deshalb so bedeutsam, weil frühere Medikationen wieder zu einem Anstieg der Bakterienlast in den Atemwegen geführt hatten“, erläutert Dr. Simon Gräber, ebenfalls von der Klinik für Pädiatrie mit Schwerpunkt Pneumologie, Immunologie und Intensivmedizin der Charité und Co-Leiter der Studie. An dieser nahmen 79 Jugendliche und Erwachsene mit Mukoviszidose und einer chronischen Lungenerkrankung teil.
Noch keine Heilung der Krankheit
„Das ist ein toller Erfolg für die Behandlung der Cystischen Fibrose“, sagt Prof. Mall. „Gleichwohl können wir noch nicht von einer Normalisierung oder gar Heilung der Patientinnen/Patienten sprechen. Chronische, über viele Jahre der Erkrankung entstandene Lungenveränderungen lassen sich leider nicht rückgängig machen.“ Für Betroffene mit einer fortgeschrittenen Lungenerkrankung bleiben deshalb etablierte Behandlungsansätze mit Inhalationen von schleimlösenden Medikamenten und Antibiotika sowie Physiotherapie wichtig.
Forschung an neuen molekularen Therapieansätzen
„Wir werden weiterhin intensiv daran forschen, wie Therapien, die Mukoviszidose über die krankheitsverursachenden molekularen Defekte angreifen – wie die jetzt untersuchte Dreifachmedikation – noch effektiver werden können. Hierzu gehört insbesondere ein früher Therapiebeginn im Kleinkindalter mit dem Ziel, chronische Lungenveränderungen möglichst zu verhindern“, berichtet Prof. Mall. „Außerdem steht diese Therapie für rund zehn Prozent unserer Patientinnen/Patienten aufgrund ihrer genetischen Voraussetzungen aktuell nicht zur Verfügung“, ergänzt Dr. Gräber. „Daher forschen wir auch mit Hochdruck an neuen molekularen Therapieansätzen, um alle Menschen mit Mukoviszidose effektiv behandeln zu können.“ Zudem arbeiten die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler daran, die Fehlfunktion des Schleims bei Mukoviszidose besser zu verstehen und neue schleimlösende Wirkstoffe zu entwickeln. Davon sollen dann ebenfalls Patientinnen und Patienten mit häufigen chronisch-entzündlichen Lungenerkrankungen wie Asthma oder COPD profitieren.
Quelle: idw/Charité – Universitätsmedizin Berlin
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