Long-COVID-Forschung unzureichend

Öffentliche Anhörung im Bundestag
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Forschung zu Long COVID unzureichend, öffentliche Anhörung im Bundestag
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Um die Gesundheitsforschung im Bereich Long-COVID voranzubringen, braucht es langfristige finanzielle Förderung, bundesweite Datenerhebungen und weniger Bürokratie. Das machten Experten jetzt bei einer öffentlichen Anhörung im Bundestag unmissverständlich klar.

Grundlage für die Anhörung war ein Antrag (20/5983) der Unionsfraktion zur Forschung zu Long COVID, ME/CFS und dem Post-Vac-Syndrom in Deutschland. Die Unionsfraktion macht sich darin für eine langfristig und breit angelegte Forschungsstrategie gegen Long-COVID stark. Laut einer aktuellen Studie litten in Deutschland mindestens eine Million Bürger unter den Folgen einer COVID-Infektion und weltweit rund 65 Millionen Menschen, heißt es im Antrag der Fraktion. Die vielfach empfundene Hilflosigkeit im Umgang mit der Erkrankung sowie die kräftezehrende Suche nach einer zutreffenden Diagnose und wirksamen Behandlungsmethoden verbreiteten in der ganzen Breite der Gesellschaft unermessliches Leid und Verzweiflung. Daher richteten sich viele Hoffnungen auf Fortschritte in Wissenschaft und Forschung. Die Abgeordneten fordern in ihrem Antrag, die Forschung zu Long-COVID, ME/CFS und dem sogenannten Post-Vac-Syndrom durch die Projektförderung des Bundes erheblich auszubauen. Die Erkenntnisse aus Wissenschaft und Forschung müssten schnellstmöglich bei den Betroffenen ankommen.

Datenschutzregelungen lockern?

Doch die derzeitigen Datenschutzregelungen sind offenbar eine große Herausforderung für die Gesundheitsforschung, wie Hans-Georg Kräusslich, Dekan der Medizinischen Fakultät in Heidelberg, unterstrich. Datenschutz sei - auch bei Gesundheitsdaten - der „übergeordnete zentrale Wert“ bei Entscheidungen. Kräusslich forderte von der Politik daher bei der Abwägung Datenschutz versus Datennutzung im Gesundheitsbereich einen Paradigmenwechsel. Dabei argumentierte er mit einer Umfrage, laut der 90 Prozent der Patientinnen und Patienten bereit sind, ihre Daten für die Gesundheitsforschung weiterzugeben. Auch Ralf Heyder von der Koordinierungsstelle Netzwerk Charité Universitätsmedizin und Christof von Kalle vom Berlin Institute of Health betonten in ihren Stellungnahmen, wie wichtig es für die Forschung sei, bundesweit Versorgungsdaten digital erheben und nutzen zu können. Dies sei derzeit nur in Pilotprojekten möglich, so von Kalle. Für die Post-COVID-Forschung sei eine gute Dateninfrastruktur wichtig. Daher müsse diese langfristig finanziert werden, sagte Heyder. 

Differenziertere Forschungsprojekte zu ME/CFS 

Als eine der schwersten Formen von Long-COVID gilt laut Claudia Ebel ME/CFS. Die Ärztin leidet selbst seit einigen Jahren an der neurologischen Krankheit, die mit extremen Erschöpfungserscheinungen sowie körperlichen Beeinträchtigungen einhergeht. Bis zur Pandemie habe ME/CFS ein „Schattendasein“ geführt. Lange Zeit galt die Krankheit als „selten und nicht relevant“, wurde als psychosomatisch abgetan, sagte Ebel; womöglich auch, weil mehr Frauen betroffen seien. ME/CFS trete nicht nur nach einer Erkrankung mit dem Corona-Virus auf. Ebel forderte daher differenziertere Forschungsprojekte, die auch Menschen in den Blick nehmen sollten, die bereits seit vielen Jahren erkrankt seien. 

500.000 ME/CFS-Betroffene deutschlandweit

Rund 500.000 Menschen litten in Deutschland 2021 an ME/CFS, ergänzte Carmen Scheibenbogen vom Institut für Medizinische Immunologie Charité Campus Virchow Klinikum. Es sei an der Zeit, Medikamente gegen ME/CFS zu entwickeln und zur Zulassung zu bringen. Rund zehn Millionen Euro pro Jahr bräuchte es schätzungsweise, um deutschlandweite Studien durchzuführen: „Forschung ist teuer, aber Nichtstun ist noch teurer“, sagte Scheibenbogen. 

Verschiedene Therapieansätze nötig

Dass es lange dauern könne, bis die Forschungsergebnisse an den Kliniken ankommen werden, mahnte Tobias Welte von der Medizinischen Hochschule Hannover. Long-COVID sei ein sehr heterogenes Krankheitsbild und die Vorstellung, dass „wir eine Ursache finden und genau eine Therapie entwickeln ist sehr naiv“, sagte er. Es werde vielmehr verschiedene Therapieansätze brauchen. Welte ist verantwortlich für die Long-COVID-Programme in Niedersachsen. 

Post-Vac-Syndrom von Long COVID abgrenzen

Der Molekularbiologe Klaus Steger von der Universität Gießen thematisierte das Post-Vac-Syndrom. Leider sei dies in der Öffentlichkeit weniger diskutiert worden, sagte Steger. Er sieht „dringenden Bedarf an Grundlagenforschung“ zu RNA-Technologien und forderte, Long-COVID und Post-Vac besser voneinander abzugrenzen - auch wenn dies nicht einfach sei. Für einen offenen Diskurs bei wissenschaftlichen Fragen sprach sich Hendrik Streeck vom Institut für Virologie der Universität Bonn aus. Weder sollten nur einzelne Wissenschaftler die Politik „monothematisch beraten“, noch dürfe Wissenschaft politisiert werden. Streeck forderte, bei wissenschaftlichen Fragen und Entscheidungen die einzelnen Disziplinen zusammenzubringen. 

Zusammenfassung
- Forschung zu Long COVID, ME/CFS und dem Post-Vac-Syndrom steckt noch in den Kinderschuhen.
- Datenschutz als Forschungsbremse, doch 90 Prozent der Patientinnen und Patienten bereit sind, ihre Daten für die Gesundheitsforschung weiterzugeben.
- Eine punktgenaue Long-COVID-Therapie ist aufgrund der Heterogenität des Krankheitsbildes unwahrscheinlich.

Quelle: Deutscher Bundestag

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