Lage der Krankenhäuser so schlecht wie noch nie
Für das Jahr 2024 gehen 71 Prozent der Krankenhäuser von einer weiteren Verschlechterung und nur vier Prozent von einer Verbesserung ihrer wirtschaftlichen Situation aus. Maßgebliche Gründe für die äußerst schwierige wirtschaftliche Lage sind die deutlich gestiegenen Sach- und Personalkosten im Krankenhaus. Nahezu flächendeckend haben sie die Liquidität der Krankenhäuser stark beeinträchtigt. Das sind Ergebnisse des aktuellen Krankenhaus-Barometers des Deutschen Krankenhausinstituts (DKI), einer jährlich durchgeführten Repräsentativbefragung der Allgemeinkrankenhäuser in Deutschland.
„Das sind die schlechtesten Werte seit Einführung des Krankenhaus-Barometers im Jahr 2000. Die Lage der Krankenhäuser in Deutschland ist dramatisch, und die Kliniklandschaft verändert sich in einer nie da gewesenen Geschwindigkeit und Intensität. Der Anteil der Krankenhäuser mit einem negativen Jahresergebnis hat binnen Jahresfrist sehr stark zugenommen. Waren es im Jahr 2022 noch die Hälfte aller Krankenhäuser in Deutschland, die ein negatives Jahresergebnis erzielt haben, wird dieser Anteil 2023 auf über drei Viertel steigen. Das ist eine negative Dynamik, die es so in den letzten Jahrzehnten nicht gegeben hat. Gleichzeitig verzeichnen wir aktuell deutlich mehr Insolvenzen als üblich, und das Jahr 2024 droht ein Rekord-Insolvenzjahr zu werden“, erklärt Dr. Gerald Gaß, Vorstandsvorsitzender der Deutschen Krankenhausgesellschaft (DKG).
„Den Kliniken läuft die Zeit davon"
Fast kein Krankenhaus könne seine Ausgaben mehr aus den laufenden Einnahmen decken. Ursache dafür sei neben der seit Jahrzehnten anhaltenden Unterfinanzierung der Kliniken bei der Investitionsförderung vor allem der weiterhin ausbleibende Inflationsausgleich. „Kliniken dürfen ihre Preise nicht eigenverantwortlich an die Inflation anpassen, haben aber dieselben erhöhten Ausgaben wie alle anderen Wirtschaftszweige. Diese Schieflage führt vermehrt zu Insolvenzen und Schließungen. Die Bundesregierung kann und muss jetzt gegensteuern. Ein dringender Schritt muss die inflationsgerechte Anpassung der Landesbasisfallwerte und Psychiatrieentgelte sein, damit Einnahmen und Ausgaben wieder ins Lot kommen“, so Gaß.
Zwar enthalte die geplante Krankenhausreform auch einige positive Elemente, sie beseitige aber nicht die strukturellen Defizite. So könnte beispielsweise die Vorhaltefinanzierung bei entsprechend wirksamer Ausgestaltung grundsätzlich ein sinnvoller Schritt sein, sie sei aber in der aktuellen Konzeption des Bundesgesundheitsministeriums gerade keine Existenzgarantie für Krankenhäuser im ländlichen Raum. „Es kommt kein zusätzliches Geld ins System, es handelt sich lediglich um eine Umverteilung. Auch von einer Überwindung des Fallpauschalensystems kann keine Rede sein. Und den Kliniken läuft die Zeit davon. Bis Ende dieses Jahres fehlen den Krankenhäusern zehn Milliarden Euro. Das kann und wird für immer mehr Krankenhäuser nicht mehr lange gut gehen. Wir haben die große Sorge, dass wegen der akuten Finanzierungskrise viele Krankenhäuser die geplante Reform Lauterbachs nicht mehr erleben werden. In diesem Jahr haben wir bisher schon fast 40 Insolvenzen registriert. Für das Jahr 2024 laufen wir Gefahr, dass sich diese Zahl wegen der absehbar starken Personalkostenentwicklung noch verdoppelt.“
Digitalisierung und Ambulantisierung
Laut DKI-Umfrage schreiten Digitalisierung und Ambulantisierung im Krankenhaus weiter voran. Zuletzt haben sich über 90 Prozent an der bundesweiten Vergleichsmessung ihres digitalen Reifegrades beteiligt. Aktuell nutzen oder implementieren die Kliniken durchschnittlich fünf digitale Dienste, etwa die elektronische Leistungsdokumentation, ein digitales Medikationsmanagement oder Patientenportale, zum Beispiel für ein digitales Aufnahme- und Entlassmanagement. Der Engpass für eine noch schnellere Digitalisierung sei in den meisten Häusern die nur eingeschränkte Verfügbarkeit der notwendigen externen IT-Dienstleister.
Die Möglichkeiten des ambulanten Operierens im Krankenhaus werden, so die DKG, derzeit deutlich erweitert. In 74 Prozent der Häuser wurden die Behandlungsprozesse zur Umsetzung der weiteren Ambulantisierung bereits umgestellt oder dies zeitnah geplant. Diese Entwicklung sehen die Krankenhäuser uneinheitlich. Auf der einen Seite passen viele Häuser ihre Strukturen, Prozesse und die Personalorganisation aufwendig an diese neue Herausforderung an. Auf der anderen Seite beurteilt die Mehrheit gerade der großen Kliniken (79 Prozent) die aktuellen politischen Bestrebungen zur konkreten Förderung der Ambulantisierung eher skeptisch.
Personalengpässe in der Pflege wachsen weiter an
Die Prüfungen des Medizinischen Dienstes verursachen der DKG zufolge seit vielen Jahren einen enormen Verwaltungsaufwand in den Krankenhäusern und binden nicht selten auch Personal aus dem Behandlungsbereich zur Darlegung der konkreten Behandlungssituation im geprüften Einzelfall. Im konkreten Ergebnis führten diese Prüfungen dann zu Erlösabzügen von durchschnittlich zwei Prozent der stationären Erlöse der Krankenhäuser. Diese Zahlen zeigten, dass die von den Krankenhäusern gestellten Rechnungen auch ohne weitere Prüfung zu nahezu 100 Prozent korrekt waren. „Der im Zusammenhang mit den Prüfungen erforderliche bürokratische Aufwand ist dagegen gigantisch und steht in keinem Verhältnis zu den tatsächlichen Auffälligkeiten. Die bisherigen Versuche der Politik, diesen Prüfaufwand deutlich zu reduzieren und auf die seltenen relevanten Auffälligkeiten zu beschränken, sind gescheitert“, kritisiert die Krankenhausgesellschaft.
In den kommenden Jahren müsse damit gerechnet werden, dass die Personalengpässe in der Pflege weiter anwachsen. Rund 90 Prozent der Krankenhäuser gehen in ihrer Prognose davon aus, dass sie aufgrund sinkender Bewerberzahlen für Ausbildungsplätze ihren Pflegepersonalbedarf nicht mehr decken können.
Quelle: DKG
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