Innovatives Bildgebungsverfahren trackt winzige Wirkstofflieferanten

Intrazelluläre Freisetzung von Nukleinsäuren durch Lipid-Nanopartikel verfolgen
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HM-Doktorand Thomas Kellerer zeigt humane Lungenzellen
HM-Doktorand Thomas Kellerer zeigt humane Lungenzellen, deren Zellkerne blau und deren Zytoskelett rot eingefärbt sind, um der Auflösung der Endosomen in der Zellumgebung verfolgen zu können Foto: Julia Bergmeister
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An der Hochschule München (HM) wird ein innovatives Bildgebungsverfahren entwickelt, das winzige Wirkstofflieferanten beispielsweise von mRNA-Impfstoffen in der Zelle in Echtzeit tracken kann – und gleichzeitig Informationen über deren Umwelt liefern soll.

Mit der Coronapandemie haben sie ihren breiten Einsatz erlebt: Impfstoffe, die auf der mRNA-Technologie basieren. Sie haben, trotz aller Unkenrufe einiger, wesentlich zur Bekämpfung der Pandemie beigetragen. Sie setzen voraus, dass das Botenmolekül mRNA in das Innere von Zellen geschleust wird. Da die „nackte“ mRNA sehr empfindlich ist, wird sie dabei von winzigen Fettkügelchen umhüllt, sogenannten Lipid-Nanopartikeln (LNPs). Die Freisetzung der mRNA in der Zelle besser zu verstehen, ist eine wichtige Voraussetzung, um die Effizienz der Impfstoffe zu steigern. Hier setzt Biophotonik-Professor Dr. Thomas Hellerer von der Fakultät für angewandte Naturwissenschaften und Mechatronik mit seinem Projekt SEMPA-Track (Entwicklung einer zeitaufgelösten Tracking-Mikroskopie zur Verfolgung der intrazellulären Freisetzung von Nukleinsäuren durch Lipid-Nanopartikel) an. Der HM-Professor für Biophotonik entwickelt mit seinem Doktoranden Thomas Kellerer ein neues Bildgebungsverfahren, mit dem das Verhalten der Partikel umfassend analysiert werden soll.

„endosomal escape“ näher beleuchten

Treffen LNPs auf die Zelloberfläche, entstehen durch Einstülpen und Abschnüren der Zellmembran kleine Vesikel – sogenannte Endosomen – in deren Innerem die LNPs in die Zelle gelangen. Die Endosomen diffundieren im Zellinneren, bis sie sich auflösen, sodass die LNPs und in der Folge auch die mRNA freigesetzt werden. Dieser als „endosomal escape“ bezeichnete Vorgang ist allerdings nicht besonders effektiv, denn nur ein Teil der mRNA gelangt tatsächlich ins Zellinnere. Die Forscher wollen nun im Detail beobachten, welche Parameter dabei eine Rolle spielen.

Bildgebungsverfahren beruht auf Fluoreszenzlebensdauer-Mikroskopie

Dabei stehen sie vor großen technischen Herausforderungen: Zum einen flitzen die Endosomen mit den nur 40-100 Nanometer großen LNPs blitzschnell im Zickzackkurs durch die Zelle. Zum anderen wird vermutet, dass die Umgebung, insbesondere der pH-Wert, die Auflösung der Endosomen maßgeblich beeinflusst. Daher müssen die Forscher gleichzeitig auch die Mikroumgebung der Teilchen im Blick behalten. Um diese Anforderungen zu erfüllen, verwenden die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler ein spezielles Bildgebungsverfahren, das auf der sogenannten Fluoreszenzlebensdauer-Mikroskopie (FLIM) beruht. Dabei werden die Proben mit unterschiedlichen Farbstoffen markiert und es wird erfasst, welche Verzögerung die Fluoreszenz nach Anregung durch eine Lichtquelle im Mittel hat. „In einer umfassenden Analyse konnten wir zeigen, dass diese Fluoreszenzlebensdauer charakteristisch für einen Farbstoff ist, sofern die äußeren Bedingungen stabil bleiben“, sagt HM-Doktorand Thomas Kellerer, der im Rahmen einer kooperativen Promotion mit der LMU München an diesem Projekt arbeitet. Da der pH-Wert die Fluoreszenzlebensdauer bestimmter Farbstoffe beeinflusst, kann über winzige Verschiebungen der Fluoreszenzlebensdauer – es geht um Größenordnungen von nur 0,5 Nanosekunden – auch der pH-Wert in der Nähe des Partikels gemessen werden.

Schnelle Nachführung des Bildausschnittes nötig

Gleichzeitig entwickeln die Biophotoniker ein innovatives Verfahren, damit das Mikroskop den in der Zelle herumflitzenden Endosomen schnell genug folgen kann: „Da die Vesikel die Bildebene des Mikroskops sehr schnell verlassen, ist eine aktive Nachführung des Bildausschnittes unabdingbar. Da geht es um wenige Zehntelsekunden“, erläutert Hellerer. Dafür erzeugen die Wissenschaftler durch geschickte Anregung mit zwei Farben ein besonderes überlappendes Farbsignal und erfassen durch den Vergleich der Detektionskanäle die Richtung, in die sich das Teilchen bewegt. „Ein erheblicher Anteil unserer Technologie-Entwicklung besteht darin, dieses System schnell genug zu machen“, betont der Professor.

Weniger Farbstoff muss eingesetzt werden

Gegenüber den bisherigen Ansätzen habe die neue Technologie zudem den Vorteil, dass das Fluoreszenz-Signal gleich mehrere Informationen liefere, sodass weniger Farbstoff eingesetzt werden könne. „Das ist für unsere medizinischen Fragestellungen sehr wichtig, weil die kleinen LNPs nur wenig Farbstoff als Marker aufnehmen können“, sagt Hellerer. Diese Entwicklungsarbeit soll im Sommer abgeschlossen werden. In einem zweiten Schritt wollen die Forscher dann biologische Proben untersuchen.

Zusammenfassung:

  • Innovatives Bildgebungsverfahren auf Basis Fluoreszenzlebensdauer-Mikroskopie wird entwickelt.
  • Die Verfolgung der intrazellulären Freisetzung von Nukleinsäuren durch Lipid-Nanopartikel soll ermöglicht werden.
  • Damit soll der „endosomal escape“ näher betrachtet werden.
  • Es muss weniger Farbstoff eingesetzt werden.

Literatur:
Kellerer T, Janusch J, Freymüller C, Rühm A, Sroka R, Hellerer T: Comprehensive Investigation of Parameters Influencing Fluorescence Lifetime Imaging Microscopy in Frequency and Time-Domain Illustrated by Phasor Plot Analysis, in International Journal of Molecular Sciences, 2022, 23(24), 15885; DOI: doi.org/10.3390/ijms232415885.

Quelle: HM

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