Vor allem Frauen scheinen demnach anfälliger für Bluthochdruck und erhöhte Blutwerte zu sein. Als die größte Gefahr – sowohl für den Mann, als auch für die Frau – zeigte sich Übergewicht. Überraschend: Viele Menschen hatten bereits im mittleren Alter einen kardiovaskulären Risikofaktor.
Fehlende Referenzwerte
Eine der wichtigsten Untersuchungen ist dabei die Echokardiografie, auch als Herzecho bekannt. Sie erkennt Veränderungen am Herzen. In der Ultraschalluntersuchung wird zudem die Bewegung des Herzmuskels sichtbar. Das Verkürzungs- und Ausdehnungsprofil, welches über strain (Maß der Längenveränderung) und strain rate (Geschwindigkeit der Längenveränderung) gemessen wird, liefert relevante Informationen über die Pumpleistung. Das Erkennen „abnormaler“ Funktionen erfordert jedoch erstmal eine Definition von „normal“. Bisher gab es allerdings weder Referenzwerte für die diastolische strain rate noch genügend Erkenntnisse über die Auswirkungen von Alter und Geschlecht auf die Verformung des Herzmuskels.
Normwerte für die systolische und diastolische Verformung
Ein Forschungsteam am Deutschen Zentrum für Herzinsuffizienz Würzburg (DZHI) und dem Institut für Klinische Epidemiologie und Biometrie (IKE-B) um die Kardiologin Dr. Caroline Morbach hat jetzt Normwerte für die systolische und diastolische Verformung des Herzens erstellt. Ferner haben sie die Auswirkungen von Alter, Geschlecht und klassischen kardiovaskulären Risikofaktoren auf die Funktion des Herzmuskels untersucht.
Für die Referenzen wurden die Werte von 1.818 Teilnehmern untersucht. Diese Teilnehmer entstammen der STAAB-Studie, bei der insgesamt rund 5.000 Probanden aus Würzburg zwischen 30 und 79 Jahren ohne bekannte Herzinsuffizienz innerhalb von circa drei Jahren zweimal untersucht wurden. Ziel dieser Studie, welche von Prof. Peter Heuschmann (IKE-B) und Stefan Störk (DZHI) geleitet wird, ist es, herauszufinden, wie oft eine noch unentdeckte Herzschwäche in der Bevölkerung auftritt. Im Durchschnitt waren die Teilnehmer 54 Jahre alt, 52 Prozent waren weiblich.
Lediglich 542 Personen augenscheinlich gesund
Bei der Stichprobe für die Erstellung der Normwerte, haben sich die Forscher auf die Probanden konzentriert, die keine bekannten Herzerkrankungen und keine kardiovaskulären Risikofaktoren hatten. „Überraschenderweise waren das sehr wenige“, bemerkt Caroline Morbach. „Von den 1.818 Probanden waren lediglich 542 Personen augenscheinlich gesund, noch nicht einmal jeder dritte. Die anderen 1.276 Personen hatten mindestens einen kardiovaskulären Risikofaktor.“ Zu den Risikofaktoren zählen Übergewicht, Diabetes mellitus, Nikotinkonsum, Bluthochdruck und Fettstoffwechselstörungen.
Frauenherzen reagieren empfindlicher
„Allein diese Erkenntnis ist schon ein Alarmzeichen“, warnt Morbach. „Sehr viele Menschen haben vor allem schon in jüngeren Jahren mindestens einen kardiovaskulären Risikofaktor. Interessanterweise überwiegen in der gesunden Gruppe die Frauen. 58 Prozent der Probanden ohne Risikofaktoren waren Frauen und hatten ein Durchschnittsalter von 49 Jahren.“
In einem weiteren Schritt haben die Forscher den Einfluss kardiovaskulärer Risikofaktoren auf die Herzfunktion untersucht und dabei eine wichtige Entdeckung gemacht, die das weibliche Herz betrifft. Auf den ersten Blick scheinen Frauen zunächst zwar gesünder zu sein, liegt jedoch ein kardiovaskulärer Risikofaktor vor, reagieren ihre Herzen vermutlich empfindlicher als Männerherzen. „Unsere Ergebnisse lassen vermuten, dass der weibliche Herzmuskel anfälliger ist gegenüber hohem Blutdruck und erhöhten Blutfettwerten. Adipositas hatte einen geschlechtsunabhängigen und insgesamt den stärksten negativen Einfluss auf die Funktion des Herzmuskels“, erläutert Caroline Morbach.
Gesunder Lebensstil und Achtsamkeit
„Diese Ergebnisse belegen einmal mehr, wie wichtig ein gesunder Lebensstil und Achtsamkeit im Alltag sind“, kommentiert Prof. Dr. Stefan Störk, Leiter der Klinischen Forschung und Epidemiologie im DZHI. „Versuchen Sie, Ihr Normalgewicht zu erreichen und zu halten, ernähren Sie sich gesund, meiden Sie Nikotin und dauerhaften Stress und lassen Sie regelmäßig Ihre Risikowerte wie Blutdruck, Blutzucker und Blutfette bei Ihrem Hausarzt kontrollieren.“
Caroline Morbach, Bettina N. Walter, Margret Breunig, et al.: Speckle tracking derived reference values of myocardial deformation and impact of cardiovascular risk factors – Results from the population-based STAAB cohort study. Plos One, Published: September 12, 2019, DOI: doi.org/10.1371/journal.pone.0221888.
Quelle: Universitätsklinikum Würzburg
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