Herz-OPs: Keine Gleichbehandlung der Geschlechter
Die Ergebnisse der aktuellen Studie zeigen, dass Frauen bei speziellen Erkrankungen der Herzklappen seltener als Männer nach den in Europa geltenden Empfehlungen behandelt werden und dass die Gründe für das Unterbleiben einer Behandlung bei Männern und Frauen unterschiedlich sind. Die Erstautorin der Studie, Prof. Julia Mascherbauer, ist Medizinerin an der Karl Landsteiner Privatuniversität für Gesundheitswissenschaften (KL Krems) in Österreich.
Deutliche Verbesserung der Behandlungsmöglichkeiten
Schwerwiegende Erkrankungen der Herzklappen nehmen aufgrund der steigenden Lebenserwartung in Europa in ihrer Häufigkeit rasant zu. Parallel dazu haben sich die Behandlungsmöglichkeiten von Herzklappenerkrankungen in den letzten Jahrzehnten deutlich verbessert. Dazu hat vor allem die Einführung neuer, minimalinvasiver Eingriffsoptionen beigetragen. Geschlechtsspezifische Unterschiede in Hinblick auf Diagnose und Therapie von Herzklappenerkrankungen sind bisher jedoch sehr wenig untersucht.
Eine aktuelle Studie hat nun genau das getan: Basierend auf einer großen Datenerhebung durch die Europäische Kardiologische Gesellschaft wurden darin geschlechtsspezifische Unterschiede in Hinblick auf Art der Klappenerkrankungen, die erfolgte Therapie, sowie Gründe für das Unterbleiben der Behandlung von Patientinnen und Patienten aus ganz Europa ausgewertet. Die Ergebnisse wurden nun aufgrund ihrer Bedeutung in der Fast Track-Section des European Heart Journal publiziert.
Klare Unterschiede bei Männern und Frauen
„Wir konnten klare Unterschiede bei Männern und Frauen feststellen,“ erklärt Prof. Julia Mascherbauer, Leiterin der Klinische Abteilung für Innere Medizin 3 am Universitätsklinikum St. Pölten (einem Lehr- & Forschungsstandort der KL Krems) und Erstautorin der Studie: „So waren Frauen bei der Diagnose ihrer Herzklappenerkrankung im Schnitt 2,5 Jahre älter als Männer und wiesen dann auch mehr Symptome auf.“
In der Studie, die mehr als 5.200 Patientinnen und Patienten umfasste und an 208 Zentren in Europa (und Nordafrika) durchgeführt wurde, konnte festgestellt werden, dass bei beiden Geschlechtern am häufigsten eine Aortenstenose (Verengung der Aortenklappe) zu behandeln war, am zweithäufigsten eine Mitralinsuffizienz (Eingeschränkte Funktion der Herzklappe zwischen linkem Vorhof und linker Herzkammer).
Weniger Mitralklappeneingriffe bei Frauen
Die Auswertungen der Daten brachten weitere bisher nicht bekannte Unterschiede zutage, wie Prof. Mascherbauer ausführt: „Als wir uns die konkreten Eingriffe anschauten, die zu Behandlungszwecken durchgeführt wurden, fanden sich relevante Unterschiede zwischen den Geschlechtern. Insgesamt wurde bei Frauen signifikant seltener eine nach geltenden Richtlinien empfohlene Intervention durchgeführt. Dieser Unterschied beruhte vor allem auf weniger Mitralklappeneingriffen bei Frauen.“
Als ein möglicher Grund dafür konnte das Alter der Patientinnen identifiziert werden, die zum Zeitpunkt der Diagnose mit 71,5 Jahren durchschnittlich 2,5 Jahre älter als Männer waren. Aber auch die Ablehnung der Patientinnen, Eingriffe durchführen zu lassen sowie eine Verbesserung der Symptome nach medikamentösen Behandlungen waren Gründe dafür, empfohlene Eingriffe weniger häufig als bei Männern durchzuführen. Die 6-Monats-Überlebensraten unterschieden sich bei den Geschlechtern allerdings nicht.
Internationale Studie
Die umfangreiche, internationale Studie wurde von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern aus Österreich, Frankreich, Italien, Niederlande und Spanien durchgeführt. Sie basiert auf Daten des „ESC-EORP Valvular Heart Disease II“-Registers der Europäischen Kardiologischen Gesellschaft aus dem Jahr 2017. Ziel der Datenerhebung war es, das Einhalten der Behandlungsempfehlungen bei schweren Erkrankungen der Herzklappen zu ermitteln. Das Team um Prof. Mascherbauer wertete dabei die Daten in Hinblick auf Geschlechterunterschiede aus. „Es ist wichtig, Geschlechterunterschiede bei Diagnose und Therapie, die oft nicht bewusst sind, aufzuzeigen, um eine optimale Behandlung unabhängig vom Geschlecht sicherzustellen,“ zieht Prof. Mascherbauer ein Resümee aus ihrer Arbeit.
Quelle: Karl Landsteiner Privatuniversität für Gesundheitswissenschaften
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