Erstes 3D-gedrucktes „Gehirn-Phantom“

Erforschung von neurodegenerativen Erkrankungen vorantreiben
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Gehirnphantom
Phantom: (a) Sandwich- und b) Wafer-Phantom) © aus [1], Open Access, CC BY 4.0 Deed Attribution 4.0 International, https://creativecommons.org/licenses/by/4.0/
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Wissenschaftler haben das weltweit erste 3D-gedruckte „Gehirn-Phantom“ entwickelt, das dem Aufbau von Gehirnfasern nachempfunden ist und mit einer speziellen Variante von Magnetresonanztomografie (dMRT) bildlich dargestellt werden kann.

In einer speziellen Variante der MRT, der diffusionsgewichteten MRT (dMRT), kann die Richtung der Nervenfasern im Gehirn bestimmt werden. Allerdings ist die korrekte Bestimmung der Nervenfaserrichtung an den Kreuzungspunkten von Nervenfaserbündeln sehr schwierig, da dort Überlagerungen von Nervenfasern mit unterschiedlichen Richtungen auftreten. Um das Verfahren weiter zu verbessern sowie Analyse- und Auswertungsmethoden zu testen, entwickelte das Team ein sogenanntes „Brain Phantom“ (Gehirn-Phantom) das mit einem hochauflösenden 3D-Druckverfahren hergestellt wurde. Ein wissenschaftliches Team unter Leitung der MedUni Wien und der TU Wien konnte nun im Rahmen einer Studie zeigen, dass mithilfe dieser Gehirnmodelle die Erforschung von neurodegenerativen Erkrankungen wie Alzheimer, Parkinson und Multiple Sklerose vorangetrieben werden könnte.

Zwei-Photonen-Polymerisations-Drucker

Dabei arbeiteten Forscherinnen und Forscher der Medizinischen Universität Wien als MRT-Experten und der TU Wien als 3D-Druck-Experten eng mit Kollegen der Universität Zürich und dem Universitätsklinikums Hamburg-Eppendorf zusammen. Bereits im Jahr 2017 wurde an der TU Wien ein Zwei-Photonen-Polymerisations-Drucker entwickelt, der einen hochskalierten Druck ermöglicht. Im Zuge dessen wurde gemeinsam mit der Medizinischen Universität Wien und der Universität Zürich auch an Gehirn-Phantomen als Anwendungsfall gearbeitet. Das daraus entstandene Patent bildet die Basis für das nun entwickelte Gehirn-Phantom und wird vom Forschungs- und Transfersupport der TU Wien betreut.

Phantom in Form eines Würfels

Optisch hat dieses Phantom nicht viel mit einem echten Gehirn zu tun. Es ist viel kleiner und hat die Form eines Würfels. In seinem Inneren befinden sich feinste, mit Wasser befüllte Mikrokanäle in der Größenordnung einzelner Hirnnerven. Die Durchmesser dieser Kanäle sind fünfmal dünner als ein menschliches Haar. Das Forschungsteam um die Erstautoren Michael Woletz (Zentrum für Medizinische Physik und Biomedizinische Technik, MedUni Wien) und Franziska Chalupa-Gantner (Forschungsgruppe 3D Printing and Biofabrication, TU Wien) hat mit der Zwei-Photonen-Polymerisation auf eine dafür eher unübliche 3D-Druckmethode zurückgegriffen, um das feine Netzwerk der Nervenzellen im Gehirn nachzuahmen. Diese hochauflösende Methode wird eigentlich vor allem zum Druck von Mikrostrukturen im Nano- und Mikrometerbereich verwendet – nicht für den Druck dreidimensionaler Strukturen im Bereich von Kubikmillimetern.

Analysesoftware viel genauer justieren

Um Phantome in geeigneter Größe für die dMRT zu erstellen, beschäftigten sich die Forschenden an der TU Wien damit, das 3D-Druckverfahren hochzuskalieren und den Druck von größeren Objekten mit hochaufgelösten Details zu ermöglichen. Das Ziel dabei: Durch den hochskalierten 3D-Druck Modelle zu bekommen, die – unter der dMRT betrachtet – verschiedene Nervenstrukturen zuordenbar machen. Woletz vergleicht diesen Ansatz, die Diagnosefähigkeiten von dMRT zu verbessern, mit der Funktionsweise einer Handykamera: „Den größten Fortschritt bei der Fotografie mit Handykameras sehen wir nicht unbedingt bei neuen, besseren Linsen, sondern bei der Software, die die aufgenommenen Bilder verbessert. Ähnlich ist es bei der dMRT: Mittels des neu entwickelten Gehirn-Phantoms können wir die Analysesoftware viel genauer justieren, damit die Qualität der gemessenen Daten verbessern und die Nervenarchitektur des Gehirns genauer rekonstruieren.“

Verbesserung der dMRT möglich

Die authentische Nachbildung von charakteristischen Nervenstrukturen im Gehirn sei daher wichtig, um die Analysesoftware der dMRT „zu trainieren“. Die Verwendung von 3D-Druck erlaube es, vielfältige und komplexe Designs zu erstellen, die verändert und angepasst werden können. Die Gehirn-Phantome können damit Bereiche im Gehirn abbilden, die besonders komplexe Signale erzeugen und daher schwierig zu analysieren sind, wie zum Beispiel sich kreuzende Nervenbahnen. Um die Analysesoftware zu kalibrieren, untersuchen die Forscherinnen und Forscher das Gehirn-Phantom mit dMRT und analysieren die gemessenen Daten wie bei einem echten Gehirn. Durch den 3D-Druck ist das Design der Phantome genau bekannt und die Ergebnisse der Analyse können entsprechend überprüft werden. Dass dies funktioniert, konnten die MedUni Wien und TU Wien im Rahmen der gemeinsamen Forschungsarbeit bereits zeigen. Mithilfe der entwickelten Phantome könne die dMRT verbessert werden, wovon die Planung von Operationen und die Erforschung von neurodegenerativen Erkrankungen wie Alzheimer, Parkinson und Multiple Sklerose profitieren können.

Skalierung der Methode als Herausforderung

Trotz des erfolgten Machbarkeitsbeweises sieht das Forschungsteam noch erhebliche Herausforderungen. Die größte Herausforderung stelle derzeit die Skalierung der Methode dar: „Die hohe Auslösung der Zwei-Photon-Polymerisation ermöglicht den Druck von Details im Mikro- und Nanometerbereich und eignet sich daher sehr gut um Hirnnerven abzubilden. Gleichzeitig dauert es mit dieser Technik aber entsprechend lange, einen mehrere Kubikzentimeter großen Würfel zu drucken“, erklärt Chalupa-Gantner. „Daher zielen wir nicht nur darauf ab, noch komplexere Designs zu entwickeln, sondern auch den Druckprozess selbst weiter zu optimieren.“

Literatur:
1. Woletz M, Chalupa-Gantner F, Hager B, et al.: Toward Printing the Brain: A Microstructural Ground Truth Phantom for MRI. Advanced Materials Technologies, Volume9, Issue3, February 5, 2024, DOI: doi.org/10.1002/admt.202300176.

Quelle: MedUni Wien

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