Eierstockkrebs hat unter den gynäkologischen Krebserkrankungen die höchste Todesrate. Dies liegt vor allem daran, dass der Krebs aufgrund mangelnder Symptome in 75 Prozent der Fälle erst in einem fortgeschrittenen Stadium entdeckt wird. Auch nach zunächst erfolgreicher Standardtherapie besteht eine hohe Wahrscheinlichkeit, dass der Tumor schnell zurückkehrt. Innovative zielgerichtete Wirkstoffe, so genannte PARP-Inhibitoren, können die Prognose bei Eierstockkrebs deutlich verbessern. Dies gilt vor allem für Patientinnen, deren Tumoren bestimmte genetische Voraussetzungen aufweisen. Ein Forscherteam unter Leitung von Wissenschaftlern der Hochschulmedizin Dresden und am Nationalen Centrum für Tumorerkrankungen Dresden (NCT/UCC) konnte nun in Laborexperimenten zeigen, dass die Gabe eines neuartigen Chemotherapeutikums in Kombination mit einem PARP-Inhibitor die Wirkung des zielgerichteten Medikaments auch bei niedriger Dosierung deutlich verstärkt.
Vielversprechender Ansatz, um Resistenzen zu reduzieren
Diesen Effekt beobachteten die Wissenschaftler an im Labor kultivierten patienteneigenen Krebszellen unabhängig von vorliegenden Veränderungen in bestimmten Hochrisikogenen. Die Wirkstoffkombination scheint daher ein vielversprechender Ansatz, um künftig den klinischen Einsatzbereich von PARP-Inhibitoren zu erweitern und Resistenzen zu reduzieren. Das frühe Rückfallrisiko beim Eierstockkrebs lässt sich bei Patientinnen, deren Tumoren bestimmte genetische Voraussetzungen aufweisen, durch eine zusätzliche Behandlung mit PARP-Inhibitoren deutlich senken. PARP-Inhibitoren sind Wirkstoffe, die ganz gezielt die Wirkung von Enzymen aus der Familie der Poly-ADP-Ribose-Polymerase (PARP) hemmen, mit deren Hilfe Zellen DNA-Schäden reparieren können. Bei Tumoren mit Mutationen in den so genannten BRCA1/2-Genen besteht bereits ein grundlegender Defekt bestimmter DNA-Reparaturwege. Durch den Einsatz von PARP-Inhibitoren wird die bereits gestörte DNA-Reparatur-Fähigkeit der Tumorzellen gezielt noch weiter reduziert. In der Folge sterben Tumorzellen ab, während gesunde Zellen weitestgehend verschont bleiben. Bei wieder auftretender Erkrankung können PARP-Inhibitoren auch ohne diese für die Behandlung besonders günstige genetische Veränderung zum Einsatz kommen. Allerdings entwickelt der überwiegende Teil der Patientinnen mit der Zeit Resistenzen gegen die innovativen Wirkstoffe.
Heilungschancen von Eierstockkrebs weiter verbessern?
Ein von Wissenschaftlern der Hochschulmedizin Dresden und am Nationalen Centrum für Tumorerkrankungen Dresden (NCT/UCC) geleitetes Forscherteam konnte nun in Laborexperimenten zeigen, dass die Kombination eines neuartigen Chemotherapeutikums aus der Klasse der Triazene und des PARP-Inhibitors Olaparib die Wirkung des zielgerichteten Medikaments deutlich verstärkt. Dieser Effekt ließ sich unabhängig von einer vorliegenden Mutation in den BRCA1/2-Genen nachweisen. „Die Laborergebnisse machen Hoffnung, dass PARP-Inhibitoren künftig bei einer größeren Gruppe von Patientinnen zum Einsatz kommen könnten und dass sich durch eine kombinierte Medikamentengabe die Heilungschancen von Eierstockkrebs weiter verbessern lassen“, sagt Prof. Pauline Wimberger, Direktorin der Klinik für Frauenheilkunde und Geburtshilfe des Universitätsklinikums Carl Gustav Carus Dresden und Mitglied im erweiterten Direktorium des NCT/UCC Dresden.
Zu große Nebenwirkungen bei platinbasierten Chemotherapien
Studien mit einem bereits zugelassenen Chemotherapeutikum aus der Gruppe der Triazene weisen laut Forschungsteam darauf hin, dass sich diese Stoffklasse auch aufgrund ihrer vergleichsweise geringen Toxizität besonders gut für die Kombination mit PARP-Inhibitoren eigne. Kombinationen von platinbasierten Chemotherapien mit PARP-Inhibitoren zeigten hingegen zu große Nebenwirkungen.
Das nun im Laborexperiment erprobte noch nicht zugelassene Chemotherapeutikum CT913 der Wuppertaler Creative-Therapeutics GmbH zeigte in den Labortests in Kombination mit dem PARP-Inhibitor Olaparib auch im Vergleich mit anderen Triazen-Verbindungen eine besonders gute Wirksamkeit. Gen-Expressions-Analysen verdeutlichten, dass CT913 in den Krebszellen zahlreiche Enzyme herunterreguliert, die für die Reparatur von DNA-Schäden verantwortlich sind. „Damit hat der Wirkstoff einen ähnlichen Effekt wie eine Mutation in den BRCA1/2-Genen. Durch die Störung alternativer Reparaturmechanismen sind die Zellen verstärkt auf die Reparatur mittels PARP-Enzymen angewiesen. Werden diese durch PARP-Inhibitoren gehemmt, wird auch diese Möglichkeit der DNA-Reparatur blockiert und viele Tumorzellen sterben ab“, erklärt PD Dr. Jan Kuhlmann, Leiter des Labors für Molekulare Gynäkologische Onkologie des Uniklinikums Dresden.
Niedrige Dosierung der Wirkstoffe
Durch die einander verstärkende Wirkung von CD913 und des PARP-Inhibitors Olaparib starben in den Zellkulturen auch bei niedriger Wirkstoffdosierung zahlreiche Krebszellen ab. „Die niedrige Dosierung der Wirkstoffe in der kombinierten Anwendung könnte künftig dazu beitragen, dass sich Resistenzen gegen PARP-Inhibitoren deutlich verringern lassen“, so Prof. Wimberger. Die Kombination des neuen Chemotherapeutikums mit PARP-Inhibitoren wird künftig in weiteren Laborexperimenten erforscht. Sollten diese Untersuchungen erfolgreich sein, könnten klinische Studien folgen.
Wirkung von PARP-Inhibitoren
Die DNA in unseren Zellen ist ständigen Schädigungen ausgesetzt. Gesunde Zellen können diese Schäden in der Regel reparieren, zum Beispiel mit Hilfe der Proteine BRCA1 und BRCA2. Fällt die Funktion der BRCA-Proteine durch Mutationen in den entsprechenden Genen aus, kommt es vermehrt zu Erbgut-Veränderungen, die Krebs verursachen können. Veränderungen in den BRCA-Genen erhöhen vor allem das Risiko für Brust- und Eierstockkrebs. Tumoren, die einen solchen Defekt aufweisen, können mit Hilfe so genannter PARP-Inhibitoren bekämpft werden. Diese hemmen die Enzyme PARP1 und PARP2, die ebenfalls an der DNA-Reparatur beteiligt sind. Dadurch können die DNA-Schäden in den Krebszellen so groß werden, dass diese absterben. Gesunde Körperzellen mit noch funktionierenden Reparatur-Proteinen überleben hingegen.
Das Nationale Centrum für Tumorerkrankungen Dresden (NCT/UCC) ist eine gemeinsame Einrichtung des Deutschen Krebsforschungszentrums (DKFZ), des Universitätsklinikums Carl Gustav Carus Dresden, der Medizinischen Fakultät Carl Gustav Carus der TU Dresden und des Helmholtz-Zentrums Dresden-Rossendorf (HZDR).
Catharina Wichmann, Daniel Martin Klotz, Hans-Joachim Zeiler, et al.: The effect of the triazene compound CT913 on ovarian cancer cells in vitro and its synergistic interaction with the PARP-inhibitor olaparib. Gynecol Oncol. 2020 Dec; 159 (3): 850-859, DOI: doi.org/10.1016/j.ygyno.2020.09.018.
Quelle: idw/Nationales Centrum für Tumorerkrankungen Dresden (NCT/UCC)
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