DGNI: Kritik am Krankenhaustrans-
formationsfonds

Dichte Infrastruktur von Kliniken gefährdet
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Patientin auf Stroke Unit mit zwei Ärzten
© Peakstock/stock.adobe.com
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Die DGNI hat in einer Stellungnahme an das Bundesgesundheitsministerium (BfG) den Referentenentwurf zur Krankenhaustransformationsfonds-Verordnung – KHTFV scharf kritisiert.

Der Krankenhaustransformationsfonds soll Kliniken eigentlich darin unterstützen, die Veränderungen, die sich infolge der am 1. Januar 2025 in Kraft getretenen Krankenhausreform ergeben, zu bewältigen. Dafür sollen bis zu 50 Mrd. Euro zur Verfügung gestellt werden. Schließungen von Kliniken seien zu erwarten, davon spreche auch der noch amtierende Bundesgesundheitsminister. Der Transformationsfonds fördere unter anderem personaltechnische und auch bauliche Rückbaumaßnahmen von Kliniken, die Abteilungen oder sogar ganze Standorte schließen wollen. Stattdessen sollen Strukturen gefördert werden, die die Vernetzung und Kooperationen zwischen Kliniken, insbesondere Fern-Medizin (Telemedizin) aufbauen.

Auf dichte Infrastruktur von Kliniken angewiesen

Die Deutsche Gesellschaft für Neurointensiv- und Notfallmedizin (DGNI) sieht dies sehr kritisch und betont, dass in praktisch allen Gebieten in Deutschland bereits sehr gut funktionierende Netzwerke bestehen zur telemedizinischen Mitbetreuung von neurologischen und neurochirurgischen Notfällen – insbesondere des Schlaganfalls als zeitkritischstem Notfall. Die technischen Voraussetzungen für eine integrierte Versorgung dieser Erkrankungen seien auf dem Gebiet der neurologischen und neurochirurgischen Notfallversorgung bereits vorhanden. Eine exzellente flächendeckende Versorgung sei aber neben der Vernetzung auch unbedingt auf eine dichte Infrastruktur von Kliniken angewiesen. Diese schließe auch viele kleinere Kliniken ein, in denen diese Patienten aufgenommen, diagnostiziert und schnell primärbehandelt werden können. Sie leisteten damit einen enorm wichtigen Beitrag für die schnelle und kompetente Versorgung von Notfallpatienten. Diese sei durch die vom Transformationsfonds vorgesehene Förderung des Rückbaus von Abteilungen insbesondere in kleineren Kliniken gefährdet, die die geforderten Strukturvoraussetzungen zum Beispiel für Schlaganfalleinheiten nicht mehr erfüllen könnten oder deren Rentabilität nach Umsetzung der Krankenhausreform geringer werde.

Anreiz zur Schließung ganzer Intensivstationen?

Wie die DGNI betont, tragen kleinere Kliniken auch bei der aufwendigen intensivmedizinischen Versorgung wesentlich zu einer guten Flächenversorgung bei. Angesichts der begrenzten Zahl der Intensivbetten und der temporären Schließungen von Intensivbetten sei der Anreiz sehr hoch, intensivmedizinische Betten oder auch ganze Intensivstationen zu schließen, insbesondere wenn die Schließung mit einer Bundesförderung verbunden sei: „Hier besteht unseres Erachtens sogar Potenzial für Klinikbetreiber, aus dem Krankenhaustransformationsfonds Kapital zu schlagen, verbunden mit einer kritischen Kapazitätsverknappung“, so Prof. Dr. Thomas Westermaier, während des ANIM 2025-Kongresses Ende Januar in Berlin amtierender Präsident der DGNI.

„... der rote Faden fehlt“

Im Gegensatz zum Referentenentwurf zum Transformationsfonds sei der Ausbau von Netzwerken und die Implementierung von telemedizinischen Strukturen im kürzlich ebenfalls herausgegebenen Entwurf des Bundesgesundheitsministeriums zur Reform des Notfallwesens praktisch kein Thema: „Im Gegenteil sollten dort die Voraussetzungen an die Qualifikation des Personals für das Betreiben einer Notaufnahme verschärft werden. Hier ist keine Konsequenz der Politik zu erkennen, der rote Faden fehlt.“ Völlig unverständlich sei es, dass auch gänzlich unreife Systeme und Strukturen gefördert werden sollen. Im Kontext der telemedizinischen Strukturen sei auch der Auf- und Ausbau von Telechirurgie über robotische Systeme förderungswürdig. Diese Technik, ursprünglich mit dem Gedanken einer chirurgischen oder neurochirurgischen Spezialversorgung in Kampfgebieten erdacht, sei aber gerade in diesen medizinischen Spezialgebieten nicht brauchbar. Derzeit kursierten die ersten Einzelberichte über eine technische Umsetzbarkeit über längere Distanzen, allerdings unter Anwesenheit eines kompletten chirurgischen Teams vor Ort. Sie könne auf absehbare Zeit eine vor-Ort-Medizin nicht ersetzen. Deshalb dürfe auch kein Anreiz für eine Implementierung derartiger Systeme durch staatliche Förderungen gesetzt werden, zum Beispiel um diese Verfahren PR-wirksam zu verkaufen, so die DGNI. Mit Nachdruck weist die Gesellschaft auf die Gefahr hin, dass das Setzen falscher Schwerpunkte zu einer Verschlechterung der Versorgung und Gefährdung von Patienten führen könne – etwa, wenn Klinikbetreiber eine im Wesentlichen unbrauchbare Ausstattung anschaffen. Dies wäre ein Abstieg in die Lazarettchirurgie, moniert die DGNI.

Kurze Anhörungsfrist in der Kritik

Neben dem Inhalt der Verordnung wird auch das Vorgehen des BfG mit einer extrem kurzen Anhörungsfrist für die „Verordnung zur Verwaltung des Transformationsfonds im Krankenhausbereich“ von nur wenigen Tagen kritisiert, die den Verdacht aufkommen lasse, dass Kommentare von medizinischen Fachgesellschaften im Grunde gar nicht erwünscht seien und diese Verordnung aus politischen Gründen unbedingt noch in der verkürzten Legislaturperiode finalisiert werden sollte. Durch die kurze Anhörungsfrist dieses aus ihrer Sicht inhaltlich mangelhaften Entwurfes sieht die DGNI den Versuch, dieses Folgeprodukt des Krankenhausversorgungsverbesserungsgesetzes in der verkürzten Legislaturperiode noch „durchzuquetschen“, wie Prof. Dr. Thomas Westermaier betont: „Während die Versorgung von Neuro-Notfallpatienten zeitkritisch ist, ist es diese Verordnung definitiv nicht.“

Viele weitere Gesellschaften haben teils ähnlich kritische Stellungnahmen abgegeben. Einen Überblick finden Sie hier.

Quelle: idw/DGNI

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