Über die Bedeutung des Fiebers bei Kindern gehen die Ansichten von Ärztinnen, Ärzten und Eltern manchmal stark auseinander. Während Medizinerinnen und Mediziner in den letzten Jahrzehnten die heilsame Wirkung des Fiebers in der Bekämpfung von Bakterien und Viren schätzen gelernt haben, sind viele Eltern nach wie vor davon überzeugt, gestiegene Temperaturen bei ihrem Kind sofort und energisch bekämpfen zu müssen.
Doch ein vorschneller Einsatz von fiebersenkenden Medikamenten kann dem Kind mehr schaden als nutzen, betont die Stiftung Kindergesundheit in ihrer aktuellen Stellungnahme: Fieber ist lediglich ein Symptom der beginnenden Erkrankung, ein Warnzeichen, das jedoch für sich allein genommen nicht gefährlich ist. Eine bewährte Faustregel von erfahrenen Pädiaterinnen und Pädiatern lautet deshalb: „Die Krankheit behandeln, nicht das Thermometer“.
Deutlich erhöhte Temperaturen sind der häufigste Grund für die Vorstellung von Kindern in der Kinder- oder Hausarztpraxis. Doch wann spricht man tatsächlich von Fieber? Je nach Tageszeit kann die Körpertemperatur schwanken, so ist diese zum Beispiel abends meist etwas höher als morgens.
Fieber steigert die Immunkräfte des Körpers
Fühlt sich das Kind heiß an und erscheint es krank, sollte die Körpertemperatur gemessen werden. Dies wird am besten im Po/After (rektal) mit einem digitalen Thermometer durchgeführt. Dabei sollten Eltern auf einen vorsichtigen Umgang mit dem Thermometer achten, damit die Messung schmerzfrei erfolgt. Eine Messung mit einem Infrarotthermometer im Ohr ist ebenfalls möglich, dies erfordert eine gewissenhafte Handhabung, um Fehlermeldungen oder Verfälschungen durch zum Beispiel Ohrenschmalz zu verhindern. Auf eine Messung mit Stirnthermometern sollte verzichtet werden, da diese nicht sehr genau und zuverlässig sind.
Fieber ist ein wichtiges Mittel des Organismus, sich selbst zu heilen, betont die Stiftung Kindergesundheit. Es treibt die Immunkräfte zu Hochleistungen an, um Krankheitserreger zu bekämpfen. Vor allem gegen Virusinfektionen ist Fieber besonders wirksam. Die Ausbreitung zahlreicher Viren wird bei Temperaturen über 38,5 Grad deutlich gebremst. Da Kinder noch für viele Viren anfällig sind, gegen die Erwachsene längst eine Immunität entwickelt haben, setzt ihr Körper das Abwehrmittel Fieber häufig ein.
Eine Chance für die Selbstheilung
„Bei harmlosen Beschwerden wie leicht erhöhten Temperaturen sollten Eltern nicht sofort zu Fieberzäpfchen, Säften oder Tropfen greifen, sondern der Selbstheilung des kindlichen Organismus eine Chance geben und auch bewährte Hausmittel wie Wadenwickel oder ein Abkühlbad erwägen“, empfiehlt Kinder- und Jugendarzt Prof. Dr. Dr. Berthold Koletzko, Vorsitzender der in München ansässigen Stiftung Kindergesundheit.
Bei Kindern, die trotz erhöhter Temperatur munter sind und normal essen und trinken, müssen noch keine Maßnahmen ergriffen werden, betont der Stoffwechselexperte der Haunerschen Kinderklinik der Universität München. Steigt die Temperatur aber über 38,5 Grad an, kann der Allgemeinzustand eines Kindes beeinträchtigt werden: Es fühlt sich schlecht, hat Muskel- und Gliederschmerzen, ist appetitlos und quengelig. „Wenn ein Kind so offensichtlich leidet, ist es sinnvoll, das Fieber zu senken“, so Koletzko.
Kleine Kinder ertragen hohe Temperaturen überdies in aller Regel viel besser als Jugendliche oder Erwachsene. Selbst hohes Fieber über 40 Grad macht ihnen oft nichts aus. Nur dann, wenn das Kind durch das Fieber leidet, unruhig und quengelig ist, Trinken und Essen verweigert, nicht schlafen kann, verwirrt ist oder wenn es schon einmal einen Fieberkrampf hatte, sind Gegenmaßnahmen nötig. Für Neugeborene und Säuglinge gilt dies selbstverständlich nicht. Sie sollten immer von einer Kinderärztin oder einem Kinderarzt untersucht werden.
Ärztlichen Rat einholen
Obwohl Medikamente zur Fiebersenkung zu den am häufigsten angewandten Arzneimitteln der Welt gehören und auch in Deutschland schon lange ohne Rezept erhältlich sind, sollten Eltern sich wegen ihrer möglichen Nebenwirkungen zu ihrem Einsatz bei Kindern ärztlich beraten lassen, betont die Stiftung Kindergesundheit. Sie nennt die Gründe für eine vorsichtige und gezielte Verwendung:
Am häufigsten wurde bisher die Substanz Paracetamol eingesetzt, vorzugsweise in Form von Zäpfchen. Wird sie zu lange oder zu häufig mit insgesamt zu hoher Dosis angewendet, besteht die Gefahr von schweren Leberschäden. Aktuelle Studien weisen zudem auf die Möglichkeit nachteiliger Wirkungen auf Funktionen und Strukturen des Gehirns und die Entwicklung einer Autismus-Spektrum-Störung hin.
In der Wirksamkeit gegen Fieber ist die Substanz Ibuprofen dem Paracetamol gleichwertig und zur gleichzeitigen Linderung von Schmerzen sogar besser geeignet. Sie hat sich so auch bei der Behandlung von Mittelohrentzündungen bewährt. Mögliche Nebenwirkungen sind jedoch Bauchschmerzen, Durchfall, Verstopfung sowie Blutungen in Magen und Darm. Auch Störungen der Nierenfunktionen sind möglich.
Acetylsalizylsäure („Aspirin“), sollte wegen des sehr seltenen, aber gefährlichen Risikos eines Reye-Syndroms (mit der Gefahr einer schweren Leber- und Gehirnschädigung) bei Kindern unter zwölf Jahren nicht verwendet werden.
Welche Hausmittel helfen am besten?
Kinder mit Fieber brauchen viel Flüssigkeit, um das durch Schwitzen verlorene Wasser zu ersetzen. Solange das Kind zu Beginn des Fieberanstiegs fröstelt, sollten die Eltern - am besten mit einer Wolldecke oder einer Wärmflasche - für Erwärmung sorgen.
Die meisten Kinder baden gern, deshalb empfinden sie ein fiebersenkendes Abkühlungsbad als angenehm. Die ebenfalls bewährten Wadenwickel müssen nicht kalt sein: Es reicht völlig, wenn der Temperaturunterschied zehn Grad beträgt. Verwendet man zimmerwarmes (22 Grad) oder sogar bis zu 30 Grad warmes Wasser, vermeidet man überdies das Erschrecken des Kindes.
Auch das Abwaschen des nackten Körpers mit lauwarmem oder kühlem Wasser wird von vielen Kindern als angenehm empfunden. Eine „Erkältung“ ist dabei nicht zu befürchten: Die Ursachen des Fiebers sind nicht die Temperaturen, sondern die Krankheitserreger.
Wann soll ärztlicher Rat eingeholt werden?
Quelle: idw
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