Frei zugängliche KI-Chatbots wie ChatGPT liefern nicht nur Antworten auf komplexe Fragen, sondern generieren auch individuelle Ernährungspläne. Die Chatbots werden daher auch von Personen als Tool für Ernährungsfragen verwendet. „Wenn die Chatbots individuelle Tagespläne erstellen können, sollten sie aber sowohl Laien als auch Ernährungsfachleuten korrekte Informationen liefern“, sagt Dr. Maren Podszun vom Fachgebiet Biofunktionalität der Lebensmittel der Universität Hohenheim.
Inwiefern sich KI-basierte Chatbots für Ernährungsempfehlungen eignen, untersuchte die Ernährungswissenschaftlerin gemeinsam mit Prof. Dr. Simon Hammann, Leiter des Fachgebiets Lebensmittelchemie und Analytische Chemie der Universität Hohenheim, und Dr. Bettina Hieronimus vom Max Rubner-Institut: „Wir wollten herausfinden, ob ChatGPT und Gemini Tagespläne für unterschiedliche Ernährungsweisen erstellen können, die alle notwendigen Nährstoffe für eine gesunde Ernährung abdecken“, so Dr. Podszun.
KI-generierte Tagespläne
Die Forschenden ließen von ChatGPT und Gemini 108 Tagespläne für eine fiktive, weibliche Person mit unterschiedlichen Ernährungsweisen erstellen: Mal ernährte sich die Frau mit Fleisch, mal vegetarisch oder vegan. „Auch bei der Komplexität der Chatanfragen, sogenannter Prompts, haben wir variiert, erklärt Podszun. „So konnten wir testen, ob ein simpler Laien-Prompt zu schlechteren Ergebnissen führt als ein komplexer Prompt, den Fachleute formulieren könnten.“ Den Nährstoffgehalt der KI-generierten Tagespläne verglichen die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler anschließend mit den Referenzwerten der „National Academies of Sciences, Engineering and Medicine“.
Die Tagespläne umfassten Lebensmittel und Rezepte mit genauen Grammangaben für das Frühstück, Mittagessen und Abendessen sowie für verschiedene Zwischenmahlzeiten. „Die Chatbots lieferten unterschiedliche Mahlzeitenvorschläge, kamen insgesamt aber zu ähnlichen Ergebnissen bei den Nährstoffgehalten“, erläutert Podszun. Auch die Variation der Prompts habe keine gravierenden Unterschiede bei den Ergebnissen gezeigt.
Ein Großteil der Pläne erfüllte die meisten Referenzwerte. „Die KI-Tagespläne umfassten im Durchschnitt allerdings zu wenig Energie, Kohlenhydrate und Vitamin D. Aus ernährungswissenschaftlicher Sicht ist das für gesunde Menschen bei gelegentlichem Konsum und ausreichend Vitamin-D-Eigensynthese nicht dramatisch“, führt Dr. Podszun aus. „Die eher kleinen Portionsgrößen und der niedrige Kaloriengehalt können allerdings mit der Zeit zu einem unbeabsichtigten Gewichtsverlust führen“.
Der Proteingehalt habe vor allem bei den Ernährungsplänen mit Fleisch deutlich über den Empfehlungen gelegen: „Die KI-Chatbots scheinen den aktuellen Trend zur High-Protein-Ernährung aufzugreifen“, folgert Podszun.
Vorsicht bei restriktiven Ernährungsweisen
Die veganen Ernährungspläne seien eher mangelhaft: Bei beiden Chatbots habe es bei den veganen Ernährungsplänen an Vitamin B12 gemangelt, das für ein gesundes Nervensystem, die Blutbildung und neurologische Prozesse wichtig ist. Außerdem habe Gemini auch tierische Produkte in die vegane Diät integriert.
„Veganerinnen und Veganer können Vitamin B12 nicht ausreichend durch Lebensmittel aufnehmen, da es in tierischen Produkten enthalten ist. Deshalb müssen sie den Nährstoff zwingend in Form von Nahrungsergänzungsmitteln oder angereicherten Lebensmitteln zu sich nehmen“, führt Podszun aus. Gemini habe die Supplementierung des Vitamins nie empfohlen, ChatGPT nur manchmal.
Kein Ersatz für eine professionelle Ernährungsberatung
„Die Vorschläge der KIs waren meist gesünder als das, was Menschen in Deutschland im Durchschnitt täglich zu sich nehmen“, fasst Dr. Podszun zusammen. „Für eine tägliche Mahlzeiteninspiration sind die Pläne also durchaus geeignet. Qualifizierte Fachleute könnten die Vorschläge der KI-Chatbots als Inspiration für die Berufspraxis nutzen.“
Eine professionelle Ernährungsberatung könnten die KI-Chatbots bislang jedoch nicht ersetzen, ergänzt Dr. Podszun. „Wer sich restriktiv, also zum Beispiel vegan ernährt oder an Unverträglichkeiten leidet, sollte sich nicht auf die Chatbots verlassen.“ Die Ernährungswissenschaftlerin rät, sich auch weiterhin Unterstützung von zertifizierten Ernährungsberaterinnen und -beratern einzuholen: „Ansonsten können Nährstoffmängel und andere gesundheitliche Folgen drohen.“
Quelle: Universität Hohenheim
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