Der sogenannte luminale Brustkrebs ist eine Untergruppe des Brustkrebses, die auf molekularen Eigenschaften basiert. Es handelt sich um den häufigsten Subtyp von Brustkrebs (70% aller Erkrankungen). Luminale Tumoren sind positiv für Hormonrezeptoren. Diese Klassifikation wird typischerweise durch Untersuchung von Gewebeproben oder genetische Tests ermittelt. Luminaler Brustkrebs wird weiter in zwei Hauptkategorien unterteilt: Luminal A und Luminal B. Für eine erfolgreiche Therapie könnte allerdings künftig eine erweiterte, feinere Klassifikation ausschlaggebend sein, wie die aktuelle Marburger Studie zeigt.
Erkenntnisse zur molekularen Heterogenität
Ein hessisches Forscherteam des Universitären Centrum für Tumorerkrankungen Frankfurt-Marburg (UCT-FM) und der GBG Forschungs GmbH unter Leitung von Prof. Dr. Carsten Denkert (Marburg) und Prof. Sibylle Loibl (Frankfurt) hat in einer aktuellen Studie Erkenntnisse zur molekularen Heterogenität bei sogenanntem luminal (HR+/HER2-negativem) Brustkrebs gewonnen. Die Untersuchung zeige, dass sich Tumore unter neoadjuvanter Chemotherapie dynamisch verändern. Bestehende Klassifikationssysteme müssten daher erweitert werden, um die Behandlung gezielter auf die Patientinnen abzustimmen. Die Forscherinnen und Forscher analysierten 1.454 Gewebeproben von mehr als 500 Patientinnen aus der international durchgeführten klinischen Phase-3-Studie Penelope-B. Dabei wurden gezielt Proben, die vor Beginn der Chemotherapie gewonnen wurden, mit Proben nach der Therapie verglichen. Dabei konnten sie feststellen, dass aggressive Tumoren des Typs Luminal B häufig unter der Therapie in eine weniger aggressive Luminal A-Form übergehen. In späteren metastasierten Stadien können einige der Tumore jedoch wieder in den aggressiveren Luminal-B-Phänotyp zurückkehren.
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Neue Klassifikation adaptive Cluster (AC-Subtypen)
„Die Einteilung in Luminal A und Luminal B ist für eine initiale Charakterisierung sinnvoll, aber nicht ausreichend“, erklärt Prof. Denkert. „Unsere Forschung zeigt, dass der Tumor sich an die Therapie anpasst und sich dadurch sein Verhalten ändert. Um die Behandlung effektiver zu gestalten, müssen wir nicht nur eine Momentaufnahme des Tumors betrachten, sondern seine Entwicklung über die Zeit hinweg analysieren.“ Auf Basis ihrer Erkenntnisse entwickelten die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler eine neue Klassifikation, die sogenannten adaptive Cluster (AC-Subtypen). Diese basiere auf dem gezielten Vergleich von Tumorproben vor und nach der Chemotherapie. Die Subtypen sollen Aufschluss darüber geben, ob eine Patientin ein hohes oder niedriges Risiko für eine erneute Tumorbildung hat. „Mit den AC-Subtypen können wir besser vorhersagen, welche Patientinnen von einer intensiveren Nachbehandlung profitieren und welche eine weniger aggressive Therapie erhalten sollten“, sagt Prof. Loibl.
Behandlung gezielter an Krankheitsverlauf anpassen
Mit der Studie wollen die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler Impulse für die Weiterentwicklung personalisierter Therapiekonzepte in der Onkologie liefern. Sie zeige, dass es nicht ausreiche, Brustkrebs nur nach herkömmlichen Subtypen zu klassifizieren. Vielmehr sollte das Ansprechen auf die Therapie berücksichtigt werden, um die individuell beste Behandlungsstrategie zu wählen. „Unsere Forschungsergebnisse legen den Grundstein für eine präzisere Klassifikation von Brustkrebs und könnten künftig helfen, die Behandlung gezielter an den Krankheitsverlauf anzupassen“, fasst Denkert zusammen.
Validierung ist nötig
Die Ergebnisse müssten nun in weiteren Studien validiert werden, bevor sie in die klinische Praxis übernommen werden können. Langfristig könnten sie jedoch dazu beitragen, die Therapieeffektivität zu erhöhen und unnötige Nebenwirkungen für Patientinnen zu vermeiden, so die Hoffnung. Die Untersuchungen wurden von der Deutschen Krebshilfe im Förderschwerpunkt Translationale Onkologie (Integrate-TN, #70113450) und vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) im Verbundforschungsprojekt SATURN3 (#01KD2206M) gefördert.
Quelle: idw/Philipps-Uni Marburg
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