Bringt die Blutwäsche bei Long COVID einen Nutzen?

Untersuchung von Cochrane
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Blutwäsche bei Long COVID?
© Ralf/stock.adobe.com
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Gerade in Deutschland wird über die Sinnhaftigkeit des Einsatzes der Blutwäsche bei Long-COVID-Patienten diskutiert. Um Fakten zu liefern, hat Cochrane die Studienlage dazu kritisch unter die Lupe genommen.

Long COVID, also nach der akuten Infektion lange anhaltende Gesundheitsprobleme, ist medizinisch noch rätselhaft und eine effektive Therapie bisher nicht in Sicht. Fatigue, Gedächtnis- und Konzentrationsprobleme (Brain Fog), Schlafstörungen, Husten, Muskelschwäche, Sprachstörungen bis hin zu ME/CFS – Long COVID hat viele Gesichter, ein eindeutiges Krankheitsbild lässt sich kaum abgrenzen. Auch über die Mechanismen der Entstehung der unter den Begriffen Long COVID bzw. Post-COVID-Syndrom zusammengefassten Langzeitfolgen einer akuten COVID-19-Infektion ist wissenschaftlich noch zu wenig bekannt. Das gilt auch für die Frage, warum manche Menschen Long COVID entwickeln, während die große Mehrheit der akut Erkrankten die Infektion problemlos übersteht.

Blutwäsche wird häufig diskutiert

Long COVID kann für Betroffene extrem belastend sein, bis hin zu Pflegebedürftigkeit und Frühberentung. Entsprechend groß ist die Nachfrage nach Therapieangeboten, die über die Behandlung einzelner Symptome hinausgehen. Eine zentrale Rolle nimmt in der Diskussion die Blutwäsche ein, die fachsprachlich überschneidend als Plasmapherese bzw. Apherese bezeichnet wird. Dafür wird Blut der Betroffenen in größeren Mengen entnommen und zunächst in seinen aus Zellen bestehenden und seinen flüssigen Teil - das Plasma – aufgetrennt. Das Plasma wird dann entweder von bestimmten Bestandteilen gereinigt und zusammen mit den Zellen wieder in den Kreislauf zurückgeführt. Oder es wird komplett mit den darin gelösten Stoffen entsorgt und der zelluläre Anteil zusammen mit einer Ersatzflüssigkeit (z. B. physiologische Kochsalzlösung) in den Körper zurückgegeben. Die Technologie ist aufwändig, aber im Zusammenhang mit einer Reihe anderer Krankheit seit Jahrzehnten etabliert.

Suche nach randomisierten kontrollierten Studien

Beim Einsatz solcher Verfahren gegen Long COVID steht oft die Entfernung sogenannter Mikro-Gerinnsel (engl. „microclots“) im Vordergrund. Diese sollen einer Hypothese zufolge ursächlich an der Entstehung von Long COVID beteiligt sein, indem sie den Blutfluss in den feinsten Gefäßen und damit die Versorgung des Körpers mit Sauerstoff behindern. Ein aktueller Cochrane Review hat sich nun auf die Suche nach randomisierten kontrollierten Studien zur Wirksamkeit solcher Ansätze einer Blutwäsche zur Entfernung sogenannter Mikro-Gerinnsel gemacht – und nicht eine einzige gefunden. Ernüchternd ist auch, dass sich selbst aktuell laufende Studien, die diese Evidenzlücke bald schließen könnten, nicht identifizieren ließen.

Evidenz zu Mikro-Gerinnsel und Long COVID?

Parallel suchten die Autorinnen und Autoren auch nach Evidenz aus Laborstudien für den postulierten Zusammenhang zwischen den Partikeln im Blut und COVID-19. In fünf identifizierten Studien habe sich gezeigt, dass der Begriff „Mikro-Gerinnsel“ medizinisch nicht passend sei. Die Autorinnen und Autoren sprechen deshalb korrekter von „Amyloid-Fibrin(ogen)-Partikeln“. Des Weiteren hätten die ausgewerteten Studien ergeben, dass solche Partikel sowohl bei Patientinnen und Patienten mit Long COVID als auch bei Gesunden zu finden seien, sie seien also kein spezifisches Merkmal von Long COVID, so die Schlussfolgerungen von Cochrane. Weil die meisten Studien ihre Ergebnisse nur sehr unvollständig berichtet hätten, ließen sich daraus kaum Rückschlüsse auf die Frage ziehen, ob das Blut von Patientinnen und Patienten mit Long COVID eventuell mehr oder größere Partikel enthalte.

Fazit fällt eindeutig negativ aus

Das Fazit der Cochrane-Autoren: „Es gibt keinen Grund für eine Plasmapherese zur Entfernung von Amyloid-Fibrin(ogen)partikeln beim Post‐COVID‐19‐Syndrom und es fehlen Daten über die Sicherheit dieser Behandlung. Patienten sollten keine Plasmapherese außerhalb einer ordnungsgemäß durchgeführten placebokontrollierten randomisierten klinischen Studie erhalten.“ In Deutschland werde im Zusammenhang mit Long COVID nach einer prominenten Berichterstattung im Fernsehen vor allem das ursprünglich zur Behandlung von Fettstoffwechselstörungen entwickelte Verfahren der H.E.L.P.-Apherese diskutiert – die Abkürzung steht für Heparin induzierte extrakorporale Lipoprotein/Fibrinogen-Präzipitation.

Es gebe jedoch noch keinen spezifischen Cochrane Review zur H.E.L.P.-Apherese. Allerdings sei auch hier einem der vermuteten Wirkmechanismen zufolge die Entfernung des Gerinnungseiweißes Fibrinogen aus dem Blut ein wichtiges Ziel, um die vermeintlich gestörte Durchblutung des Körpers bei Long COVID zu verbessern. Die Suche nach Studien wurde am 21. Oktober 2022 (randomisierte kontrollierte Studien) und am 27. Oktober 2022 (Laborstudien) durchgeführt.

Zusammenfassung:

  • Long COVID kann für Betroffene extrem belastend sein, bis hin zu Pflegebedürftigkeit und Frühberentung.
  • Entsprechend groß ist der Bedarf an Therapien.
  • Eine zentrale Rolle nimmt in der Diskussion die Blutwäsche ein, die fachsprachlich überschneidend als Plasmapherese bzw. Apherese bezeichnet wird.
  • Cochrane-Fazit: Es gebe keinen Grund für eine Plasmapherese zur Entfernung von Amyloid-Fibrin(ogen)partikeln beim Post‐COVID‐19‐Syndrom und es fehlten Daten über die Sicherheit dieser Behandlung. Die fraglichen Amyloid-Fibrin(ogen)-Partikeln seien sowohl bei Patientinnen und Patienten mit Long COVID als auch bei Gesunden zu finden, sie seien demnach also kein spezifisches Merkmal von Long COVID.

 

Literatur:
Fox T, Hunt BJ, Ariens RAS, Towers GJ, Lever R, Garner P, Kuehn R: Plasmapheresis to remove amyloid fibrin(ogen) particles for treating the post‐COVID‐19 condition. Cochrane Database of Systematic Reviews 2023, Issue 7. Art. No.: CD015775. DOI: 10.1002/14651858.CD015775.

Quelle: Cochrane

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