Anerkennung österreichischer Radiologietechnologin

Die Klägerin hatte im September 2014 die Anerkennung ihrer in Österreich erworbenen Ausbildung zur Radiologietechnologin und die Erlaubnis zur Führung der Berufsbezeichnung Medizinisch-technische Radiologieassistentin nach dem Gesetz über technische Assistenten in der Medizin (MTAG) bei der zuständigen Behörde, der Regierung von Oberbayern, beantragt.

Die Regierung von Oberbayern hatte bei der Anerkennung zu prüfen, ob die außerhalb des Geltungsbereichs des MTAG erworbene abgeschlossene Ausbildung zur Radiologietechnologin gleichwertig einer deutschen MTA-Ausbildung nach dem MTAG i. V. m. der MTA – APrV ist, um die beantragte Erlaubnis erteilen zu können (§ 2 Abs. 2, 3 Satz 1 MTAG). Für die Gleichwertigkeitsprüfung war insbesondere maßgebend, dass die Ausbildung die Voraussetzungen des § 2 Abs. 3 MTAG erfüllt und insbesondere keine wesentlichen Unterschiede gegenüber der im MTAG und in der MTA-Ausbildungs- und Prüfungsverordnung geregelten Ausbildung aufweist.

Die Klägerin wandte sich gegen das Ergebnis der Regierung von Oberbayern ( Tabelle ) mit der Klage, bei der die Rechtsabteilung des DVTA durch Elske Müller-Rawlins, der örtlichen Kanzlei Daubner & Frobenius den rechtlichen Input sowie, dank Prof. Gerold Unterhumer aus Österreich (Studiengang Radiologietechnologie), den fachlichen Input zugearbeitet hat.

Das Bayerische Verwaltungsgericht München hat aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 10. Mai 2016 im Juli 2016 entschieden, dass die Regierung von Oberbayern verpflichtet ist, auf den Antrag der Klägerin auf Erlaubnis zum Führen der Berufsbezeichnung Medizinisch-technische Radiologieassistentin unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu entscheiden. Dies hat die Behörde zwischenzeitlich getan und die Erlaubnis zur Führung der Berufsbezeichnung Medizinisch-technische Radiologieassistentin an die Klägerin erteilt.

Das Bayerische Verwaltungsgericht machte in seiner Entscheidung deutlich, dass zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung die Regelung des MTAG in der Fassung anzuwenden ist, die es durch das am 23. April 2016 in Kraft getretene Gesetz zur Umsetzung der Richtlinie 2013/55/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. November 2013 zur Änderung der Richtlinie 2005/36/EG über die Anerkennung von Berufsqualifikationen und der Verordnung (EU Nr. 1024/ 2012) über die Verwaltungszusammenarbeit mit Hilfe des Binnenmarkt-Informationssystems („IMI-Verordnung“) für bundesrechtlich geregelte Heilberufe und andere Berufe (Bundesgesetzblatt I. Seite 886) angenommen hat, welches unter anderem eine Änderung hinsichtlich der gesetzlich definierten Unterschiede enthält.

So wurde unter anderem die bisherige Regelung in Art. 14 Abs. 1 Buchstabe A Richtlinie 2005/36/EG aufgehoben. In dieser war auf den Unterschied hinsichtlich der Ausbildungsdauer abgestellt worden. Weiterhin wurde die Definition der „Fächer, die sich wesentlich unterscheiden“, geändert (vergleiche Art. 14 Abs. 4 Richtlinie 2005/36/EG).

Nunmehr sind dabei nur noch wesentliche Abweichungen hinsichtlich des Inhalts maßgeblich. Die Ausbildungsdauer ist nicht mehr als Kriterium vorgesehen.

Zu prüfen war daher, ob das Bachelorstudium Radiologietechnologie hinsichtlich der beruflichen Tätigkeit Fächer oder Bereiche der praktischen Ausbildung umfasst, die sich wesentlich von denen unterscheiden, die nach dem MTAG und der MTA-APrV vorgeschrieben sind (§ 2 Abs. 3 Satz 5 Halbsatz 1 Nr. 1 MTAG). Dies ist dann der Fall, wenn die nachgewiesene Ausbildung wesentliche inhaltliche Abweichungen hinsichtlich der Kenntnisse und Fähigkeiten aufweist, die eine wesentliche Voraussetzung für die Ausübung des Berufes des Medizinisch-technischen Radiologieassistenten in Deutschland sind (§ 2 Abs. 3 Satz 6 MTAG).

Das Bayerische Verwaltungsgericht führt dazu in seinem Urteil vom 10. Mai 2016 aus:

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„Nach § 3 Nr. 2 MTAG soll die Ausbildung zum Medizinisch-technischen Radiologieassistenten insbesondere dazu befähigen, unter Anwendung geeigneter Verfahren in der radiologischen Diagnostik und anderen medizinischen Verfahren die erforderlichen Untersuchungsgänge durchzuführen sowie bei der Erkennung und Behandlung von Krankheiten in der Strahlentherapie und Nuklearmedizin mitzuwirken. Die dreijährige Ausbildung umfasst gemäß § 1 Abs. 1 Nr. 2 MTA-Ausbildungs- und Prüfungsverordnung den dort in der Anlage 2 aufgeführten theoretischen und praktischen Unterricht (2.800 Stunden) sowie die dort aufgeführte praktische Ausbildung (1.600 Stunden). Für den theoretischen und praktischen Unterricht sind die hier strittigen Fachbereiche Strahlentherapie und Nuklearmedizin mit jeweils 340 Stunden vorgesehen (vergleiche Anlage 2 zu § 1 Abs. 1 Nr. 2 MTA Ausbildungs- und Prüfungsverordnung Buchstabe A 18ff.), welche ungefähr einem Viertel des Gesamtstundenumfanges hier entsprechen. Für die praktische Ausbildung im Bereich Strahlentherapie und Nuklearmedizin sind jeweils 300 Stunden vorgesehen (vergleiche Anlage 2 zu § 1 Abs. 1 Nr. 2 MTA Ausbildung- und Prüfungsverordnung Buchstabe B Nr. 2 und 3), welche insgesamt zu mehr als einem Drittel an dem Gesamtstundenumfang hierfür entsprechen. Auch der Fachhochschul-Bachelorstudiengang der Radiologietechnologie in Österreich gliedert sich nach § 2 Absatz 1 FH-MTD-AV einerseits in eine theoretische Ausbildung einschließlich praktischer Übung sowie andererseits in eine praktische Ausbildung und Praktikumstellen.

Gemäß § 3 Abs. 1 FH-MTD-AV ist die Ausbildung so zu gestalten, dass die Vermittlung theoretischer Ausbildungsinhalte mit der Vermittlung praktischer Fertigkeiten und Fähigkeiten koordiniert, verschränkt und ineinandergreifend erfolgt. Im Rahmen der theoretischen Ausbildung sind fachliche wissenschaftliche Grundlagen, berufsspezifische Zusammenhänge und Arbeitsabläufe zu vermitteln sowie praktische Kenntnisse und Fertigkeiten in Form von praktischen Übungen in kleinen Gruppen zu vermitteln oder zu üben und zu reflektieren (vergleiche § 3 Abs. 2 FH-MTD-AV). Bei der Durchführung der praktischen Ausbildung sind die Grundsätze einzuhalten, dass sie patientenorientiert erfolgt, die praktische Umsetzung von theoretischen Inhalten kontinuierlich und aufbauend an den Praktikumsstellen gefestigt und vertieft wird und sie mindestens 25 Prozent der Arbeitsleistung von drei Ausbildungsjahren (Arbeitsaufwand) umfasst (vergleiche § 3 Abs. 3 FH-MTD-AV). Gemäß Anlage 3 MTD-AV haben die Absolventen die fachlich-methodischen Kompetenzen zur eigenverantwortlichen Durchführung der radiologisch-technischen Untersuchungs- und Behandlungsmethoden gemäß § 2 Abs. 3 MTD-Gesetz erworben. Sie haben gelernt, berufsspezifische Kenntnisse und Fertigkeiten, medizinische Kenntnisse sowie Kenntnisse der Informations- und Kommunikationstechnologien in der Medizin zum eigenverantwortlichen Handeln in den Fachbereichen Nuklearmedizin, radiologische Diagnostik und Intervention, Schnittbildverfahren und Strahlentherapie zu verknüpfen sowie Aufgaben im Bereich der Qualitätssicherung, des Patientenschutzes und des Strahlenschutzes eigenverantwortlich wahrzunehmen. Im Folgenden werden im Einzelnen weitere Kompetenzen aufgezählt, die der Absolvent erworben haben muss:

Als Mindestvoraussetzungen an die praktische Ausbildung werden gemäß Anlage 12 FH-MTD-AV bestimmte Untersuchungen und Behandlungen vorgegeben, die unter Berücksichtigung strahlenhygienischer Maßnahmen vorzubereiten, durchzuführen, auszuwerten und deren Ergebnisse zu analysieren und hinsichtlich qualitativer Richtlinien zu bewerten sind. Im Fachbereich Strahlentherapie sind dies mindestens 15 Planungen einschließlich Simulation sowie mindestens 35 Bestrahlungen in den Bereichen Tele- und Brachytherapie. Im Fachbereich Nuklearmedizin sind mindestens 50 Untersuchungen aus mindestens fünf der nachfolgend genannten Organbereiche vorgegeben.

Das dreijährige Fachhochschulstudium umfasst sechs Semester, die insgesamt mit 180 ECTS-Credits bewertet sind. Die ECTS-Credits beruhen auf dem Arbeitsaufwand der Studierenden, der erforderlich ist, um die Lernergebnisse zu erreichen. Die Lernergebnisse beschreiben, was die Lernenden nach dem Abschluss eines Lernprozesses verstehen und können sollen. Der Arbeitsaufwand gibt die Zeit an, die Lernende typischerweise für sämtliche Lernaktivitäten (beispielsweise Vorlesungen, Seminare, Projekte, praktische Arbeit, Selbststudium und Prüfungen) aufwenden müssen, um die erwarteten Lernergebnisse zu erzielen. 60 ECTS-Credits werden für den Arbeitsaufwand eines Jahres formalen Vollzeitlernens (akademisches Jahr) der zugehörigen Lernergebnisse vergeben. Meistens beträgt der Arbeitsaufwand der Studierenden in einem akademischen Jahr 1.500 bis 1.800 Stunden, so dass einem Credit 25 bis 30 Stunden entsprechen (vgl. Europäische Kommission, ECTS – Leitfaden vom 6. Februar 2009 Seite 11). Damit kann die Ausbildungsleistung im Rahmen eines Fachhochschulstudiums nicht auf eine Reinerfassung von Unterrichts- beziehungsweise Praktikumsstunden reduziert werden.

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Die Fachbereiche der Strahlentherapie und Nuklearmedizin werden nach dem Stundenterminplan schwerpunktmäßig im vierten Fachsemester behandelt, das im Umfang mit 30 ECTS-Credits ausgewiesen ist.

Darin enthalten ist ein entsprechendes Praktikum Strahlentherapie und Nuklearmedizin, das mit 9,5 ECTS-Credits bewertet ist und das die Klägerin auch mit einer bestandenen Prüfung abgeschlossen hat. Zudem finden sich in dem Stundenplan darüber hinaus Lehrveranstaltungen mit augenscheinlichem Bezug zu den Fachbereichen Strahlentherapie und Nuklearmedizin (so im dritten Semester „Strahlenphysik und Gerätetechnik im Bereich der Nuklearmedizin“ – drei ECTS-Credits – sowie „Gerätetechnik in der Strahlentherapie“ – 1,5 ECTS-Credits).

Hinzu kommt, dass die Klägerin für eine der beiden zu fertigenden Bachelorarbeiten (Bachelorarbeit zwei mit Begleitseminar, bewertet mit 8,5 ECTS-Credits), ein Thema aus dem Bereich Strahlentherapie („Evaluierung von IMRT-Bestrahlungsplänen bei Bronchialkarzinom-Patienten/-innen in verschiedenen Atemphasen“) bearbeitet hat. Über die durchgeführte Bachelorarbeit sowie deren Querverbindungen zu relevanten Fächern des Studienplans ist zudem gemäß § 16 Abs. 1 österreichischem Bundesgesetz über Fachhochschulen (Fachhochschul-Studiengesetz, FHStG), die abschließende kommissionelle Prüfung in Form eines Prüfgespräches abzulegen.

Insgesamt umfassen die Fachbereiche Strahlentherapie und Nuklearmedizin im Falle der Klägerin damit bereits 43 ECTS-Credits, was einem Anteil von einem Viertel im Vergleich zum Gesamtstudienaufwand von 180 ECTS-Credits entspricht. Auch insofern lässt sich nicht feststellen, dass diesen Bereichen im Vergleich zum Gesamtstudienaufwand eine nur untergeordnete Bedeutung zukommen würde, vielmehr ist ein ähnlicher Anteil wie im Rahmen der deutschen MTRA-Ausbildung gegeben.

In Anbetracht des von der Klägerin auch tatsächlich erbrachten Studienaufwands und des Erwerbs von vergleichbaren Kompetenzen im Hinblick auf das zugrunde liegende Berufsbild sind daher wesentliche Abweichungen im Sinne von § 2 Abs. 3 Satz 6 MTAG nicht erkennbar.

Zwar ergeben sich im Vergleich des Bachelorstudiengangs Radiologietechnologie mit der deutschen MTRA-Ausbildung Abweichungen bei der Anzahl der Unterrichtsstunden sowie im Hinblick auf die praktische Ausbildung von einem Gesamtausbildungsumfang, diese sind jedoch den Unterschieden in der Art der Ausbildung beziehungsweise des Qualifikationsniveaus geschuldet. Ungeachtet dessen hat der österreichische Gesetzgeber den Berufszugang, der gemäß § 3 Abs. 1 Nr. 3 MTD-Gesetz grundsätzlich die erfolgreiche Absolvierung einer Ausbildung an einer Medizinisch-technischen Akademie für den gehobenen medizinisch-technischen Dienst voraussetzt, gleichermaßen auch für Absolventen des einschlägigen Fachhochschul-Bachelorstudienganges eröffnet und somit im Hinblick auf die Gleichwertigkeit keine Unterschiede gesehen.

Die Regierung von Oberbayern hat aufgrund des Urteils des Bayerischen Verwaltungsgerichts, entsprechend der vorstehenden Urteilsbegründung, die Gleichwertigkeit des in Österreich abgeschlossenen Bachelorstudiums der Klägerin mit der deutschen MTA-Ausbildung anerkannt und die Erlaubnis der Führung der Berufsbezeichnung „Medizinisch-technische Radiologieassistentin“ erteilt.

Aus meiner Sicht handelt es sich hier um eine zu begrüßende und richtungsweisende Entscheidung, die auch gerade in Zeiten des Fachkräftemangels im MTRA-Bereich ein wenig Linderung verschaffen kann.

Es ist aber zu beachten, dass es sich bei einer Entscheidung wie der vorliegenden stets um eine Einzelfallentscheidung handelt.

Elske Müller-Rawlins, Rechtsanwältin Kanzlei HMR

Entnommen aus MTA Dialog 9/2016

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