Forscherinnen und Forscher des Deutschen Zentrum für Herz-Kreislauf-Forschung e.V. (DZHK) beleuchten vielfältige Mechanismen im Zusammenspiel von Darmmikrobiom und Thrombosen [2]. Neben der Produktion von Trimethylamin-N-oxid (TMAO) tragen verschiedene bakterielle Stoffwechselprodukte und Entzündungsprozesse zur Thrombusbildung bei. Ein Beispiel ist die bakterielle Umwandlung von Cholin und Carnitin aus Nahrungsmitteln, wie rotem Fleisch, in TMAO, das bekanntermaßen die Thrombozytenaktivierung fördert.
Einfluss auf Entzündungen
Darüber hinaus zeigen Studien, dass die Darmmikrobiota die Integrität der Darmbarriere beeinflussen [1]. Wenn diese Barriere gestört wird, können endotoxische Substanzen in den Blutkreislauf gelangen und Entzündungsreaktionen auslösen, die zur Thrombosebildung beitragen. Dies führt zu einem erhöhten systemischen Entzündungsniveau, was auch die Gerinnungsneigung des Blutes verstärkt. Zudem spielen kurzkettige Fettsäuren (SCFAs), die von bestimmten Darmbakterien produziert werden, eine Rolle bei der Regulierung von Entzündungen und der Stabilisierung des Endothels, was wiederum die Gerinnungsprozesse modulieren kann. Ein weiteres Beispiel ist die bakterielle Beeinflussung von Gallensäuren, die den Leberstoffwechsel und die Blutfettwerte verändert. Ungleichgewichte in diesen Mechanismen könnten das Risiko für kardiovaskuläre Komplikationen wie Thrombosen erhöhen.
Möglichkeiten für präventive Therapien
„Unsere Ergebnisse verdeutlichen, dass das Darmmikrobiom weitreichenden Einfluss auf das Blutgefäßsystem und die Thrombose hat. Durch das Verständnis der mikrobiellen Mechanismen, die Thrombosen begünstigen, eröffnen sich vielversprechende Möglichkeiten für präventive Therapien, die auf die mikrobielle Diversität und die Beeinflussung mikrobieller Metabolite abzielen“, erklärt Christoph Reinhardt, Letztautor der Studie vom Centrum für Thrombose und Hämostase (CTH) der Universitätsmedizin Mainz. Diese Forschungsergebnisse sollen neue Perspektiven für therapeutische Maßnahmen eröffnen, darunter gezielte Probiotika, präbiotische Ernährung oder Medikamente, die den Einfluss spezifischer Bakterien und deren Stoffwechselprodukte auf das Gerinnungssystem regulieren könnten. Diese neuen Ansätze könnten demnach helfen, die Prävention und Behandlung von Thrombosen und damit verbundenen Herz-Kreislauf-Erkrankungen grundlegend zu verbessern.
Darmmikrobiom und Tumorkachexie
Wie vielfältig das Darmmikrobiom ist, zeigt ein weiterer Ansatz des EU-Projekts „MiCCrobioTAckle“. Es erforscht das Darmmikrobiom bei Krebs. Es soll die Rolle des Darmmikrobioms bei der Tumorkachexie untersuchen und neue Behandlungsansätze entwickelt werden. Die Tumorkachexie ist ein schwerwiegendes Syndrom vieler Krebspatientinnen und -patienten, welche nicht nur signifikant an Muskelmasse und Körpergewicht, sondern auch erheblich an Lebensqualität und Lebenserwartung verlieren. Die genauen Mechanismen der Kachexie sind bisher noch weitgehend unbekannt. Doch das Darmmikrobiom scheint dabei eine zentrale Rolle zu spielen, da es Entzündungen auslösen kann, die die Nährstoffaufnahme und den Energiestoffwechsel beeinträchtigen und so den Muskelabbau fördern. Mit „MiCCrobioTAckle“ (Advancing Research at the Intersection Between Gut Microbiota and Cancer Cachexia to Train Europe’s Future Leaders in Microbiota Medicine) sollen diese komplexen Wechselwirkungen von Darmmikrobiom und dem menschlichen Körper untersucht werden, um Möglichkeiten zu finden, den Muskelabbau zu verlangsamen. Zudem besteht die Hoffnung, die Erkenntnisse aus der tumorassoziierten Kachexie künftig auch auf andere metabolische Erkrankungen wie Diabetes oder Adipositas übertragen zu können.
Quelle: idw/DZHK/Leibniz-HKI
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