Vorhofflimmern ist die häufigste Herzrhythmusstörung bei älteren Menschen mit rund zwei Millionen Betroffenen in Deutschland. Vorhofflimmern geht mit einem unregelmäßigen und oftmals schnellen Herzschlag einher, und die Betroffenen haben ein erhöhtes Risiko für Schlaganfälle, weil während der Rhythmusstörung Blutgerinnsel insbesondere im linken Herzvorhof entstehen und mit dem Blutstrom ins Gehirn gelangen können. Patientinnen und Patienten mit dieser Herzrhythmusstörung sterben häufig vorzeitig oder erleiden schwere Folgekrankheiten – sogar dann, wenn sie nach den aktuellen Leitlinien behandelt werden.
Übliche Behandlung unzureichend?
Vorhofflimmern wird heute üblicherweise mit Medikamenten behandelt, welche die Herzfrequenz regulieren und so den Herzmuskel vor Überlastung schützen. Außerdem erhalten Betroffene Blutgerinnungshemmer (orale Antikoagulation), um das Schlaganfallrisiko zu senken. Zusätzlich zu dieser bisher üblichen Behandlung gibt es Rhythmusmedikamente (Antiarrhythmika) und nichtmedikamentöse Maßnahmen (Katheterablation), um den normalen Herzrhythmus (Sinusrhythmus) wiederherzustellen und zu erhalten. Diese rhythmuserhaltenden Maßnahmen, die potentiell auch Risiken und Nebenwirkungen mit sich bringen können, kamen bisher vor allem bei den Patientinnen und Patienten zum Einsatz, die unter besonders schweren Symptomen leiden. Ob eine rhythmuserhaltende Behandlung nur die Beschwerden lindert oder darüber hinaus auch Komplikationen und Krankenhausaufenthalte verhindert und das Leben der Betroffenen verlängert, war bisher unklar. Dafür fehlten die wissenschaftlichen Beweise.
Rhythmuserhaltende Therapie wirksamer
Die EAST – AFNET 4 (Early Treatment of Atrial Fibrillation for Stroke Prevention) Studie hat in ihrem 2020 publizierten Hauptergebnis gezeigt: Eine frühzeitige, innerhalb eines Jahres nach der Diagnose Vorhofflimmern begonnene rhythmuserhaltende Therapie mit Medikamenten oder einer Katheterablation verhindert Todesfälle, Schlaganfälle und Krankenhauseinweisungen wegen Herzschwäche oder einem sogenannten akuten Koronarsyndrom, also einer potentiellen Durchblutungsstörung des Herzmuskels, wirksamer als die bisher übliche Behandlung [1]. Ob dieses Ergebnis auf alle Menschen mit Vorhofflimmern zutrifft oder ob für Patientinnen und Patienten mit bestimmten Besonderheiten möglicherweise Einschränkungen gelten, wurde in Subanalysen überprüft. In diesen wurden bestimmte Untergruppen der Studienteilnehmerinnen und Teilnehmer genauer unter die Lupe genommen, insbesondere solche, die bisher für eine rhythmuserhaltende Therapie eher weniger geeignet schienen.
Rolle der Begleiterkrankungen
In der neuesten Subanalyse wurde die Rolle von Begleiterkrankungen untersucht. Der wissenschaftliche Leiter der EAST – AFNET 4 Studie, Professor Paulus Kirchhof vom Universitären Herz- und Gefäßzentrum UKE, Hamburg, erklärt: „Üblicherweise neigen wir dazu, eine rhythmuserhaltende Therapie relativ jungen und gesunden Patientinnen und Patienten mit Vorhofflimmern anzubieten. Nun haben wir innerhalb der EAST – AFNET 4 Studienpopulation die Gruppe der älteren Menschen mit Vorhofflimmern und mehreren zusätzlichen Erkrankungen, insbesondere solchen, welche das Schlaganfall- sowie das Herzinfarktrisiko erhöhen, genauer analysiert und herausgefunden: Auch bei diesen Menschen verhindert eine frühe rhythmuserhaltende Therapie Komplikationen besser als die übliche Behandlung. Gerade diese sehr kranken Patientinnen und Patienten sollten also vorrangig mit rhythmuserhaltenden Maßnahmen behandelt werden, um vor Folgeschäden geschützt zu sein.“ Die Ergebnisse werden demnächst im renommierten Fachjournal Circulation erscheinen [2].
Quelle: Kompetenznetz Vorhofflimmern e.V. (AFNET)
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